FRAUENFELD. Der Preisüberwacher sagt, dass Spitäler eine Auslastung von 85 Prozent brauchen, um wirtschaftlich zu sein. Marc Kohler, CEO der Spital Thurgau AG, ist mit dieser Zahl nicht einverstanden.
Die Schweizer Spitäler sind zu schlecht ausgelastet. Zumindest, wenn es nach dem Preisüberwacher geht. Er geht davon aus, dass ein Akutspital mit Notfallstation eine Auslastung von 85 Prozent braucht, um wirtschaftlich zu sein. Bei den Zentrumsspitälern lag der Wert aber im Jahr 2012 durchschnittlich bei 82 Prozent. Die Spital Thurgau AG konnte damals zwar noch mit einer Auslastung von 92,7 Prozent auftrumpfen. Doch die Auslastung sinkt. 2014 lag sie noch bei 88,9 Prozent. Und mit dem Neubau des Spitals in Frauenfeld, bei dem auch die Bettenkapazität erweitert werden soll, dürfte dieser Wert noch mehr sinken.
Doch so einfach geht die Logik nicht, wie Marc Kohler, CEO der Spital Thurgau AG, sagt. Er ist nämlich froh, dass die Auslastung endlich unter 90 Prozent gesunken ist. «Eine eine derart hohe Auslastung ist heikel», sagt Kohler. Das Spital stosse an seine Grenzen. Das Problem liege nämlich darin, dass diese Zahl jeweils eine Zusammenfassung des ganzen Jahres sei. «Wir haben Schwankungen. Im Winter zur Grippezeit ist die Auslastung höher als über die Sommermonate.» Zeitweise liege der Wert deshalb auch über 90 Prozent. Kohler erklärt weiter, dass es eine Auslastung von 100 Prozent nur theoretisch gibt. «Sie ist praktisch nicht möglich.» Neben den saisonalen Schwankungen käme noch hinzu, dass Patienten manchmal isoliert werden müssen, beispielsweise wegen Ansteckungsgefahr. In Einzelzimmern werden zudem auch Sterbende behandelt. «So fallen hin und wieder Betten weg, die wir nicht belegen können.» Sei die Auslastung bei über 90 Prozent, bestehe die Gefahr einer Qualitätseinbusse. «Das darf nicht passieren.»
Der Auslastungszahl, die der Preisüberwacher für ein effizientes Wirtschaften von Spitälern nennt, gibt Kohler deshalb nicht viel Gewicht. «Sie ist veraltet und in Zeiten des Fallpauschalensystems wenig relevant.»
Der Ausbau der Bettenkapazität, die mit dem Neubau des Kantonsspital Frauenfeld einher geht, sei im normalen Bereich. Weil es immer mehr Patienten gebe, brauche die Spital Thurgau AG rein rechnerisch nämlich jedes Jahr ungefähr 25 bis 30 Betten mehr. In den letzten Jahren wurde kein Platz für zusätzliche Betten geschaffen. Erst mit der Realisierung des Geriatriekonzepts werden in Münsterlingen etwa 15 Betten mehr zur Verfügung stehen. «Dass wir immer mehr Patienten haben, hat zum einen mit dem Bevölkerungswachstum und der Überalterung zu tun.» Zum anderen würden ausserkantonale Patienten mittlerweile 1 Prozent des jährlichen Wachstums ausmachen. Das bedeute, dass das Spital etwas richtig mache, sagt Kohler.
Dennoch sei es für ein Zentrumsspital schwierig, den Betrieb zu optimieren. «Wir haben eine Aufnahmepflicht, können uns die Patienten nicht aussuchen.» Das Kantonsspital muss also Patienten behandeln, die finanziell unattraktiv sind, weil ihre Behandlung mit der Fallpauschale ungünstig abgegolten wird. Gewirtschaftet hat das Spital 2014 trotzdem gut: Es konnte einen Ertrag von 3,6 Millionen Franken ausweisen.