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Krankenhaus-Konzept zwischen allen Stühlen

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Üben den Schulterschluss (von links): Ludwig Stöver (Verdi) und die Mitarbeitervertreter der Alexianer Regina Dahnken (Tochtergesellschaft Levare), Harald Schardelmann, Helga Steding-Lid (beide Bassum und Sulingen), Monika Willenborg (Twistringen) und Klaus-Peter Lehnert (Diepholz).
Üben den Schulterschluss (von links): Ludwig Stöver (Verdi) und die Mitarbeitervertreter der Alexianer Regina Dahnken (Tochtergesellschaft Levare), Harald Schardelmann, Helga Steding-Lid (beide Bassum und Sulingen), Monika Willenborg (Twistringen) und Klaus-Peter Lehnert (Diepholz). © -

Syke -  Die Debatte um das neue Krankenhaus-Konzept des Landkreises Diepholz wird zunehmend unübersichtlicher. Am Freitag haben der Bundestagsabgeordnete Axel Knoerig und der Landtagsabgeordnete Karl-Heinz Klare (beide CDU) in einem offenen Brief mitgeteilt, dass das Konzept nicht geeignet sei, „auch nur eine mittelfristige Sicherung der Standorte Diepholz und Sulingen zu erreichen“.

Gleichzeitig fordern die Mitarbeiter-Vertretungen der 1.350 Alexianer-Angestellten, dass Landkreis und Alexianer die Sicherung der Arbeitsplätze, sprich den Ausschluss von betrieblichen Kündigungen, garantieren. Auch wollen die Vertretungen, dass sie an Entscheidungen, die ihre Mitglieder betreffen, beteiligt werden. Sollte das nicht geschehen, drohen sie mit Widerstand.

Damit nicht genug, der Verband der Ersatzkassen (VDEK) erklärt: „Wir sind in großer Sorge, dass mit dem Konzept des Landkreises die dauerhafte Zukunftsfähigkeit der Krankenhäuser nicht erreicht wird.“ Zwei Standorte könnten sich durch zusätzliche Behandlungen wirtschaftlich besser aufstellen und den Bürgern jeweils eine umfängliche Versorgung inklusive 24-stündiger Notfallversorgung bieten. Zum VDEK gehören unter anderem die Techniker Krankenkasse, Barmer und DAK. Insgesamt vertritt der Verband laut eigenen Angaben 26 Millionen Mitglieder.

Zudem rumort es in den betroffenen Städten. In Diepholz hat der Stadtrat eine Resolution verfasst, derzufolge alle medizinischen Abteilungen und die 24-Stunden-Notfallchirurgie bleiben sollen. Landrat Cord Bockhop will sich zwar nicht an öffentlichen Veranstaltungen in den drei betroffenen Städten beteiligen, aber er informierte am Donnerstagabend unter Ausschluss der Öffentlichkeit Bürgermeister oder deren Vertreter sowie Kreistagspolitiker über das vor einer Woche vorgestellte Krankenhaus-Konzept.

Während des Gesprächs habe es viele Fragen gegeben, sagte Bockhop am Freitag auf Nachfrage. Die betroffenen Bürgermeister seien teilweise vehement für ihre Standorte eingetreten. „Sie waren nicht begeistert, konnten unsere Argumente aber nachvollziehen“, meinte der Landrat. Es habe auch Emotionen gegeben, dennoch sei es ein sachlicher Austausch gewesen.

„Ich höre lieber auf Fachleute“, konterte er die Kritik von Klare und Knoerig. Diese hatten betont, „wenn nun mit einer Neuausrichtung ihre (Diepholz und Sulingen, Anm. d. R.) Bettenzahl reduziert und ihre Spezialisierung entfallen würden, könnten sie kaum ein Betriebsergebnis erreichen, das eine langfristige Bestandsgarantie gewährleistet“.

Die Kritik des VDEK ist in Bockhops Augen von „extremer Sparsamkeit“ motiviert. „Wenn der Landkreis eine derartige Umstrukturierung, die in ihrem Umfang beispielhaft für das Land ist, umsetzt, erwarte ich, dass die Sozialkassen das unterstützen.“

Die Forderung der Mitarbeitervertretungen nach einer Arbeitsplatzgarantie ordnete er unter Individual-Interessen ein. „In erster Linie gilt es, die Krankenhausversorgung zu sichern.“ Danach versuche man, die anderen Interessen zu berücksichtigen. Schon während der Vorstellung des Konzepts vor einer Woche hatte er gesagt, dass wahrscheinlich alle Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Die meisten Parteien halten sich auf Kreis-Ebene noch zurück, was eine – öffentliche – Bewertung des Konzepts angeht. „Grundsätzlich vernünftiges Papier“, meint Volker Meyer (CDU), die SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Astrid Schlegl, verweist darauf, dass noch keine Zahlen vorliegen. Rolf Husmann (FDP) will noch Beratungen innerhalb der Fraktion abwarten. „Es ist schwierig, abschließend Bewertungen vorzunehmen“, sagt der Grünen-Fraktions-Chef Ulf Schmidt.

Heinz Riedemann von den freien Wählern sieht in der Umverteilung eine Schwächung von Diepholz. Auch dürfe der gute Ruf der Sulinger Klinik nicht aufs Spiel gesetzt werden.

Sulingens Bürgermeister Dirk Rauschkolb legt Wert darauf, den Standort zu erhalten. Er trage die Lösung des Landkreises mit, aber der Standort dürfe nicht darüber hinaus geschwächt werden. Für Bassums Bürgermeister Christian Porsch ist es in erster Linie wichtig, dass alle drei Standorte erhalten bleiben und sich diese nicht gegeneinander ausspielen lassen. bor

Offener Brief im Wortlaut

„Offenen Brief zur Situation der Krankenhäuser im Landkreis Diepholz“

Das Krankenhaus-Konzept

Das vom Landkreis vorgelegte – noch nicht fertig erarbeitete – Konzept für die Neuordnung der Krankenhäuser sieht vor, dass die Standorte Sulingen und Diepholz ihre 24-Stunden-Unfallchirurgie verlieren. Dieser Service soll nur noch in Bassum angeboten werden. Zudem verliert Diepholz mit der Urologie auch die letzte chirurgische Abteilung. Dafür wandert ein Teil der Psychiatrie aus dem Nordkreis in die Kreisstadt. Die Kardiologie soll bleiben. In Sulingen sollen auch weiterhin Chirurgen tätig sein, allerdings nur für planbare Eingriffe. Zusätzlich soll es dort einen Schwerpunkt auf Geriatrie (Altersmedizin) geben. Wie viele Mitarbeiter und Betten an welchen Standorte bleiben und wo konkret welche Summe eingespart wird, ist noch unklar.

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