Das Defizit des städtischen Klinikums steigt, die Baukosten ebenfalls. Deswegen standen die Neubauten beim Katharinenhospital auf dem Prüfstand. Doch es gibt keine Alternative.

Stuttgart - Rund 100 Beschäftigte der Zentralsterilisation und der Reinigung im Klinikum Stuttgart haben am Freitag im Rathaus vor dem Krankenhausausschuss gegen die drohenden Sparmaßnahmen protestiert. „Heute wird im Krankenhausausschuss über einen weiteren Neubau diskutiert, bei dem man sich wieder der Illusion hingibt, damit zu sparen. Dafür sollen wir bluten“, sagte Volker Mörbe, Krankenpfleger und Vertrauensleutesprecher der Gewerkschaft Verdi im Klinikum Stuttgart. Der Neubau soll elf Millionen Euro sogenannte Effizienzrendite pro Jahr bringen.

Sparmaßnahmen drohen dennoch, weil das Defizit des Klinikums von 17 Millionen Euro im Vorjahr auf geschätzte 24 Millionen Euro in diesem Jahr steigen soll. Die Beschäftigten befürchten, dass auf ihrem Rücken gespart werden soll.

Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) versuchte die Wogen zu glätten: „Ich möchte ganz klar sagen, dass wir das medizinische Angebot des Klinikums nicht verschlechtern wollen.“ Es sei aber auch vertraglich geregelt, dass Stadt und Klinikum ernsthafte Gespräche führen müssten, sobald sich die finanzielle Lage so verschlechtert, wie es momentan der Fall ist.

Ernsthafte Gespräche hatten die Mitglieder des Krankenhausausschusses deshalb in den letzten Wochen auch über die geplanten Baumaßnahmen geführt. Die 818 Millionen Euro, die vor rund zehn Jahren bei der Verabschiedung des gesamten Bauprojekts vorhergesagt worden waren, sind längst überschritten. Mehrkosten von über 300 Millionen Euro könnten bis zum Ende der Bauzeit im Jahr 2025 entstehen. Mit dem Bauprojekt soll das zuvor auf vier Standorte verteilte Klinikum auf zwei – Katharinenhospital und Krankenhaus Bad Cannstatt – konzentriert werden.

Unter dem Stichwort „Vollbremsung“ wurde geprüft, ob die letzten beiden Neubauten am Standort Katharinenhospital überhaupt realisiert werden sollen oder ob nicht doch die Sanierung der Altbauten günstiger wäre. Ergebnis: Es gibt keine kostengünstigere Alternative zum Neubau. „Von einem Baustopp kann keine mehr Rede sein“, verkündete Wölfle.

Bei der Sanierung der teilweise 50 Jahre alten Gebäude würden 80 bis 85 Prozent der Kosten entstehen, die auch für den Neubau vorgesehen sind, erläuterte Fabian Schuster von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young. „Die Gebäude entsprechen nicht mehr den Brandschutzvorgaben“, so Schuster weiter. Außerdem würden durch die Sanierung lediglich bautechnische Mängel behoben, jedoch keine strukturellen Verbesserungen erreicht.

Die Mitglieder des Krankenhausausschusses stimmten durch alle Fraktionen hinweg dem Neubau des sogenannten Hauses F an der Kriegsbergstraße zu, dessen Baubeginn für Oktober vorgesehen ist. Nach dem voraussichtlichen Bauende im Jahr 2019 sollen dort unter anderem Radiologie, Neuroradiologie, Strahlentherapie, Intensivmedizin, Onkologie und Innere Medizin untergebracht werden. Außerdem wird der Haupteingang des Krankenhauses in das Gebäude F verlegt. Der Bau soll rund 127 Millionen Euro kosten – etwa 22 Millionen Euro mehr als ursprünglich veranschlagt. Im schlimmsten Fall läge der Eigenanteil (Rest vom Land) des Klinikums bei 63,5 Millionen Euro. Er würde ausschließlich über Kredite geleistet.

Als letzter Teil der großen Neustrukturierung ist abschließend dort, wo heute der Eingang des Katharinenhospitals ist, für 220 Millionen Euro Haus E mit Pflegebetten, Neurozentrum, Augenambulanz und OP-Sälen vorgesehen. Die Wirtschaftsprüfer erkennen Einsparpotenzial. „Wer F sagt, muss nicht E sagen“, brachte es Stadtrat Thomas Adler (Linke) auf den Punkt. Beim letzten großen Neubau ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Der Baubeschluss für das Haus F soll am 29. Juli im Gemeinderat fallen.