Krankenhaus-Pläne in Kirchheim:"Es wird kein neues Kreisklinikum geben"

Krankenhaus-Pläne in Kirchheim: Auf das leer stehende Bürogebäude an der Sonnenallee in Heimstetten haben zwei Ärzte ein Auge geworfen. Sie wollen dort eine Klinik einrichten.

Auf das leer stehende Bürogebäude an der Sonnenallee in Heimstetten haben zwei Ärzte ein Auge geworfen. Sie wollen dort eine Klinik einrichten.

(Foto: Robert Haas)

Die CSU hat mit ihrem Antrag zu einem möglichen Krankenhaus in Kirchheim bei den anderen Kreistagsfraktionen Verwirrung ausgelöst. Nun stellt sie klar, dass es lediglich um die wohlwollende Prüfung eines privaten Projekts geht

Von Martin Mühlfenzl, Kirchheim

Am Dienstagmorgen hat Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl die Kreisräte über den Antrag seiner Fraktion, die Errichtung eines Klinikums in seiner Gemeinde prüfen zu lassen, informiert und den Fraktionsvorsitzenden dabei Gesprächsangebote unterbreitet. Und zwar mit ihm und den beiden Ärzten, die im zum Teil leer stehenden Bürogebäude an der Sonnenallee am S-Bahnhof Heimstetten ein neues Krankenhaus aufbauen wollen.

"Manchem Kreisrat ist da sicher die Kinnlade runtergefallen, als er die Böltl-Mail gelesen hat", sagte am Dienstag ein Kreisrat, der nicht der CSU angehört. Denn tags zuvor hatte CSU-Fraktionssprecher Stefan Schelle den Antrag zwar offiziell in der Sitzung des Kreisausschusses eingebracht, den Inhalt aber offen gelassen. Es war nur von einer "Erweiterung eines Prüfantrags" zur Krankenhausversorgung die Rede. Böltl indes hatte die Anfrage am Montagabend der Süddeutschen Zeitung zukommen lassen.

Worum es darin konkret geht, beziehungsweise eben nicht geht, stellte Fraktionssprecher Schelle noch einmal klar: "Es wird kein neues Kreisklinikum geben. Für so etwas hätte der Landkreis auch das Geld gar nicht." Der Antrag seiner Partei ist auch nicht dahin gehend formuliert. Auslöser der Anfrage ist das Ansinnen zweier Ärzte, die auf Kirchheims Bürgermeister Maximilian Böltl zugekommen sind. "Sie wollen in einem Bürogebäude in der Sonnenallee eine Klinik aufbauen", sagt Böltl. "Und sie haben hierfür schon ein Konzept ausgearbeitet." Diesen Wunsch habe seine Partei nun in einen Antrag gegossen, der die derzeit laufende Überprüfung der Krankenhausversorgung im Landkreis durch die Unternehmensberatung Boston Consulting ergänzen soll. "Wenn jemand so einen Wunsch äußert, lohnt es sich, zuzuhören", sagt Stefan Schelle.

Das wollen auch die Fraktionssprecher der SPD und Grünen, Ingrid Lenz-Aktas und Christoph Nadler, die ebenfalls durch Böltls Mail vom Inhalt des Antrags erfahren haben. Kirchheims Bürgermeister hat beide auch zu einem Gespräch mit den beiden Ärzten eingeladen, deren Namen er noch nicht nennen will. Beide befänden sich noch in Festanstellungen, sagt Böltl. Lenz-Aktas schließt ein Treffen mit den beiden Medizinern und Böltl nicht aus, will sich aber zunächst noch mit der eigenen Fraktion beraten; Nadler sucht, wie er sagt, zunächst das Gespräch nur mit Kirchheims Rathauschef. Beiden Fraktionschefs ist allerdings eine gewisse Reserviertheit hinsichtlich des Vorstoßes der CSU anzumerken. "Aber ich will auch nicht sofort sagen, dass ich dafür oder dagegen bin", sagt Lenz-Aktas. "Es muss zunächst die komplette Interessenlage geklärt werden - und welche Rolle der Landkreis überhaupt spielen kann." Diese Frage stellt auch Grünen-Chef Nadler: "Ich bin mir nicht ganz im Klaren darüber, was der Kreis hier überhaupt für Zuständigkeiten haben soll. Wir haben einen Versorgungsauftrag, der ist offensichtlich momentan erfüllt." Gegen eine gut laufende Klinik im Landkreis habe er freilich nichts, sagt Nadler: "Wenn sich herausstellt, dass es tatsächlich einen Bedarf gibt, kann man sicher über so eine Klinik reden."

Die beiden Mediziner planen in Kirchheim aber kein Krankenhaus im klassischen Sinne, sondern eine - wie Böltl bestätigt - auf ihre eigenen Fachrichtungen ausgerichtete Klinik: etwa mit den Bereichen Tumorchirurgie, allgemeiner Onkologie oder Wirbelsäulenchirurgie sowie einer Palliativstation und Notaufnahme in sechs Stationen mit 180 Betten. "Das soll aber bewusst keine reine Privatklinik werden, sondern eine für alle Bürger im Landkreis", sagt Böltl. Allerdings auch eine, die die Grund- und Regelversorgung "nicht tangiert", wie Landrat Christoph Göbel sagt: "Das kann aber trotzdem eine sehr sinnvolle Ergänzung zur bisherigen Versorgung sein."

Lenz-Aktas und Nadler indes verweisen auf die Überversorgung an Krankenhausbetten in Stadt und Landkreis - auch in den beiden Kliniken des Kreises in Pasing und Perlach, deren Betrieb der Kreis im Jahr 2005 an die privaten Rhön-Kliniken verkauft hat. Die Mehrheitsfraktion der CSU unter ihrem damaligen Landrat Heiner Janik hatte den Verkauf der defizitär arbeitenden Kreiskrankenhäuser auf Stadtgebiet vorangetrieben. Heute werden sie von der Helios-Kliniken-Gruppe betrieben - der Landkreis ist aber nach wie vor Mitglied im Klinikbeirat. "Es entbehrt schon deswegen nicht einer gewissen Ironie, dass die CSU prüfen lassen will, ob im Landkreis eine neue Klinik entstehen soll", sagt SPD-Fraktionschefin Lenz-Aktas.

Den Einwand, es gebe in der Region zu viele Betten, kontert indes CSU-Sprecher Stefan Schelle mit den Worten: "Das heißt es immer. Aber es wurde auch festgestellt, dass es zu wenig Betten in den Notaufnahmen gibt."

Die FDP hat die Anfrage aufgenommen und in einen eigenen Antrag gegossen. Sie fordert die Verwaltung des Landratsamtes auf, zu prüfen, ob in dem Bürogebäude in der Kirchheimer Sonnenallee ein Klinikum für "die gesamte Bevölkerung" betrieben werden könne - und ob dieses Vorhaben in den Krankenhausplan des Freistaates integriert werden könne. Denn letztlich obliegt es dem Freistaat, Krankenhäuser im Zuge einer angemessenen Versorgung zuzulassen oder abzulehnen.

Dem Ansatz der CSU, der Kreis dürfe sich nicht finanziell am Aufbau eines neuen Krankenhauses beteiligen, stimmen die Liberalen wie SPD und Grüne zu. Zugleich fordert die FDP, der Kreis solle sich - wie von der CSU ins Spiel gebracht - als ideeller Partner an einer möglichen Krankenhausstiftung beteiligen. Die Debatte um ein Kirchheimer Klinikum hat binnen kürzester Zeit Fahrt aufgenommen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: