Gesundheit
Regierung lanciert Diskussion um einen Verkauf der Kantonsspitäler

Der Aargauer Regierungsrat hat seinen Bericht zur "Gesundheitspolitischen Gesamtplanung 2025" präsentiert. Die Auslegeordnung reagiert auf die Entwicklungen im Gesundheitswesen. Die Angebote sollen "bedarfsgerecht und günstig" sein, heisst es.

Urs Moser
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Regierungsrätin Susanne Hochuli (Grüne) präsentierte am Donnerstag vor den Medien in Aarau den Bericht zur "Gesundheitspolitischen Gesamtplanung 2025"

Regierungsrätin Susanne Hochuli (Grüne) präsentierte am Donnerstag vor den Medien in Aarau den Bericht zur "Gesundheitspolitischen Gesamtplanung 2025"

Screenshot/ag.ch

Der Regierungsrat schickt die gesundheitspolitische Gesamtplanung für die Jahre bis 2025 in die Anhörung. Das Ziel heisst: «Mit den politisch zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln die bestmögliche Gesundheit der Bevölkerung erreichen.» Die Eigenverantwortung der Bevölkerung, die Befähigung, eine eigene Gesundheits- und Gesundheitsförderungskompetenz auszubilden, gehört also ebenso zur Strategie wie der Versorgungs- und Finanzierungsaspekt. Die Gesundheitsversorgung soll sich durch eine «bedarfsgerechte Versorgungslandschaft» und «kostengünstige Angebote in der notwendigen Qualität» auszeichnen. Der Kanton soll zur langfristigen Finanzierbarkeit des Gesundheitswesens «alle Steuerungsmöglichkeiten zur Kostendämpfung» ausschöpfen.

«Die aktuell angespannte Finanzlage ist eine Rahmenbedingung, der selbstverständlich Rechnung zu tragen ist», so Gesundheitsdirektorin Susanne Hochuli. Der Planungsbericht ist kein Sparkonzept, aber das Spannungsfeld zwischen den knapper werdenden Mitteln und dem durch demografische Entwicklungen und medizinischen Fortschritt steigenden Gesundheitskosten zieht sich als roter Faden durch den 70-seitigen Planungsbericht.

Regionalspitäler unter Druck

Mit gutem Grund. So ist dem Papier etwa zu entnehmen, dass das im Bericht «Finanzierbare Aargauer Gesundheitspolitik» aus dem Jahr 2012 skizzierte Szenario betreffend den Spitalkosten zu optimistisch war. Die Baserate der Spitäler (der Basistarif, der mit dem Kostengewicht eines Falls multipliziert wird) konnte weniger stark gesenkt werden als erwartet. Das heisst: Die im aktuellen Finanzplan 2015/18 eingesetzten Zahlen für die Akutsomatik zwischen 430 und 480 Millionen werden nach oben korrigiert werden müssen. Mit Verweis auf verschiedene Urteile des Bundesverwaltungsgerichts macht der Regierungsrat darauf aufmerksam, dass die Einflussmöglichkeiten des Kantons bei den Tarifgenehmigungen weitaus geringer seien als angenommen.

Der Kanton muss sich also auf andere Steuerungsmöglichkeiten fokussieren. Ohne konkret zu werden, deutet der Planungsbericht eine forschere Gangart bei der Spitalplanung bzw. bei künftigen Spitallisten-Entscheiden an. Auf die in der letzten gesundheitspolitischen Gesamtplanung noch enthaltene regionalpolitische Orientierung der Spitallandschaft wird verzichtet. Die Rede ist von einer «Fokussierung der Regionalspitäler auf die Grundversorgung und der Zentrumsspitäler auf die spezialisierte Versorgung». Besonderes Augenmerk werde man auf Fachgebiete legen, bei denen die Gefahr besteht, dass ein entsprechendes Angebot zu einer Mengenausweitung führt. Genannt werden «gewisse operative Eingriffe in der Urologie und der Wirbelsäulenchirurgie».

Kantonsspitäler verkaufen?

In der Spitalpolitik hat der Kanton als Gesetzgeber, Genehmigungsinstanz für Tarifverträge, Vergeber von Leistungsaufträgen und gleichzeitig selber Spitaleigentümer eine Mehrfachrolle, die zwangsläufig zu Interessenskonflikten führt. Einerseits ist der Kanton an tiefen Tarifen interessiert, um seine Gesundheitskosten zu senken. Anderseits ist es nicht in seinem Interesse, die Ertragslage der eigenen Spitäler zu schwächen, indem er zu sehr auf die Tarife drückt. Mittel- bis langfristig werde dieser Rollenkonflikt «unter Abwägung der unterschiedlichen Interessen» aufzulösen sein, heisst es im Planungsbericht. Der Regierungsrat wirft damit die brisante Frage auf, ob die Kantonsspitäler verkauft werden sollen. Er wird schon bald konkreter dazu Stellung beziehen müssen. Es ist ein Vorstoss der FDP-Fraktion hängig, der dieses Thema ebenfalls aufgreift: Der Regierungsrat soll darlegen, ob er einen Verkauf der Spitalaktiengesellschaften an private Betreiber als zielführende Massnahme erachtet, um mehr Druck auf sinkende Tarife zu erzeugen.

Flächendeckendes Notarztsystem

Zu reden geben dürfte auch ein anderer strategischer Schwerpunkt. Nicht dass der Kanton heute nicht über ein funktionierendes Rettungswesen verfügen würde, aber es ist nur wenig rechtsverbindlich geregelt. Das soll sich ändern. Und zwar wird die Vorlage einer gesetzlichen Regelung angekündigt, die alle Spitäler mit Leistungsauftrag verpflichtet, einen Rettungsdienst zu betreiben. Und dies nach den Kriterien des Interverbands für Rettungswesen. Im Aargau soll ein flächendeckendes Notarztsystem aufgebaut werden. Zwar muss nicht jedes Spital selber einen Rettungsdienst mit Notarzt betreiben, es sollen Pool-Lösungen angestrebt werden. Daran müsste sich dann aber zum Beispiel auch eine private Hirslanden Klinik beteiligen, wenn sie auf der Spitalliste bleiben will.