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Senioren in Bremen Franzosen kaufen Seniorenheime

Rolf Specht will aus Altersgründen kürzer treten. Deswegen verkauft der 63-jährige Bremer Unternehmer zwei seiner Unternehmen. Dabei geht es um die Wohnpark Weser GmbH und die Senioren Wohnpark Stade GmbH.
25.07.2015, 00:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Franzosen kaufen Seniorenheime
Von Kira Pieper

Im Alter muss man sehen, dass man kürzer treten muss“, sagt Rolf Specht, mittlerweile 63 Jahre alt. Daher findet es der Bremer gar nicht abwegig, zwei seiner Unternehmen zu verkaufen. Auch, weil sein Geschäftspartner „auf die 70 zugeht.“

Konkret geht es um die Senioren Wohnpark Weser GmbH und die Senioren Wohnpark Stade GmbH, die bislang zu Spechts Residenz-Gruppe gehört haben. Die Betreiberfirmen von 34 Einrichtungen mit 2496 stationären Pflegeplätzen für Senioren in Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen gehen an die Orpea-Gruppe. „Sie vertritt die gleiche Philosophie wie wir“, sagt Specht, der vorerst in der Geschäftsführung bleibt. Das sei ihm wichtig. Orpea ist einer der führenden Betreiber von Seniorenpflegeeinrichtungen in Europa – und ein in Frankreich gelistetes börsennotiertes Unternehmen. 2014 hatte der Konzern einen Gewinn vor Steuern von 210 Millionen Euro. Im Vergleich zum Geschäftsjahr 2013 ist das ein Zuwachs von 18 Prozent.

Neben Seniorenheimen in Deutschland hat die Orpea-Gruppe bereits Heim-Gruppen in der Schweiz und in Österreich aufgekauft, europaweit ist sie für fast 64.000 Pflegeplätze verantwortlich.

„Wir sind durch die Übernahme anderer Unternehmen gewachsen“, sagt Marc Hildebrand, Geschäftsführer von Orpea Deutschland. „Die haben wir aber in ihrer Form belassen.“ Auch nach der aktuellen Übernahme solle sich nichts ändern, außer, dass Orpea den Bremer Standort zur Norddeutschlandzentrale ausbauen will. Dort sollen die Verwaltungsaufgaben der anderer Standorte wie etwa Buchhaltung und Personal gebündelt werden. Dadurch könnten etwa 15 zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden, sagt Hildebrand. Die Stellen dürften an anderen Orten aber wegfallen oder umverlagert werden.

Es ist nicht das erste Mal, dass Rolf Specht überlegt hatte, die Betreibergesellschaften der Residenz-Gruppe zu verkaufen. Bereits 2013 wollte er sich aus Altersgründen zurückziehen und an die Silver-Care-Gruppe in München verkaufen. Das scheiterte jedoch. „Damals war die Zeit noch nicht reif“, sagt Specht heute. Aus dieser Zeit kennen sich der Bremer Unternehmer und Hildebrand. Letzterer war damals Geschäftsführer von Silver Care, bis die Firma im Juli 2014 selbst übernommen wurde – von der Orpea-Gruppe.

Dass durch den Zusammenschluss von Orpea und den Senioren Wohnpark Weser GmbH und der Senioren Wohnpark Stade GmbH die fünftgrößte Betreibergesellschaft für Pflegeeinrichtungen in Deutschland entsteht, die auch an der Börse notiert ist, gefällt nicht jedem. „Die Größe der Orpea-Gruppe ist beeindruckend“, sagt Reinhard Leopold. Er leitet die Initiative Heim-Mitwirkung. Diese ist eine Art Selbsthilfegruppe für Angehörige von Pflegebedürftigen. Leopold meint, dass es grundsätzlich schlecht ist, wenn ein Heim von der Rendite abhängt. „Das geht in der Regel zu Lasten der Qualität.“ Da der größte Kostenfaktor das Personal sei, werde dort meistens zuerst gespart. „Und ich kenne Betroffene, die jetzt schon unzufrieden mit der Pflege bei der Residenz-Gruppe sind“, sagt er.

Hildebrand sieht in der Börsennotierung von Orpea kein Problem für die Pflege – im Gegenteil: „Irgendwoher muss das Geld für neue Immobilien und die Mitarbeiter ja kommen“, sagt er. Zudem zeige Orpea bereits seit 25 Jahren, dass sich Rendite und Pflege durchaus vertragen würden. Specht ergänzt: „Und auch die Residenz-Gruppe war kein ehrenamtlicher Verein.“ Alexander Künzel, Vorstandsvorsitzender der Bremer Heimstiftung, hat dennoch Bedenken. „Ich sehe mit großer Sorge, dass große Konzernketten immer mehr deutsche Pflegeheime aufkaufen.“ Es bleibe zu hoffen, dass sich durch die Übernahme von Orpea die Situation von Personal und Bewohner nicht verschlechtere. Gerade im Bereich Pflege müssten die Menschen im Vordergrund stehen – und nicht die Rendite.

Die 2000 Mitarbeiter der betroffenen Pflegeheime müssen aber zunächst keine Veränderungen fürchten. Das verspricht nicht nur Rolf Specht. „Der neue Gesellschafter wird das Personal mit seinen Verträgen erst einmal übernehmen“, sagt auch Uwe Schmid, zuständiger Leiter des Fachbereichs Soziale Dienste bei der Gewerkschaft Verdi.

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