Comparis nimmt Spitäler ins Visier

Das gläserne Spital rückt einen Schritt näher: Mit Comparis erstellt ein grosser Online-Player neu Ranglisten für medizinische Behandlungen. Dem Spitalverband passt das nicht in den Kram.

Simon Hehli
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Nur wenige Patienten informieren sich vor einem Eingriff über die Qualitätsdaten der einzelnen Institutionen. (Bild: Adrian Baer / NZZ)

Nur wenige Patienten informieren sich vor einem Eingriff über die Qualitätsdaten der einzelnen Institutionen. (Bild: Adrian Baer / NZZ)

Ein forcierter Kampf um die Kunden soll die Spitäler fit und schlank machen, so wünscht es sich das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Bloss spielen die Patienten bis anhin kaum mit: Nur wenige informieren sich vor einem Eingriff über die Qualitätsdaten der einzelnen Institutionen. Ein Grund dafür ist, dass bisher für Laien kaum verständliche Informationen zugänglich waren . Hier setzt nun ein grosser Player an, der sich mit Vergleichen von Versicherungs- oder Finanzdienstleistungen einen Namen gemacht hat: Comparis.ch lanciert diese Woche einen Spitalvergleich.

Dieser beschränkt sich vorerst auf Geburten. Das sei ein positiv besetztes Thema, so begründet der Comparis-Sprecher Felix Schneuwly die Auswahl. «Zudem setzen sich die werdenden Mütter bei der Wahl der Geburtsklinik stärker mit der Qualität der Behandlung auseinander, als dies bei anderen medizinischen Eingriffen der Fall ist.» Noch stützt sich Comparis lediglich auf objektive Daten, nämlich die Anzahl Geburten pro Spital. Das Kernstück des Rankings werden später jedoch die subjektiven Einschätzungen der Kundinnen bilden, wie das bei Comparis üblich ist.

Nach der Geburt können die Frauen in einem Online-Fragebogen angeben, ob sie den Eintritt, die Hotellerie und den Austritt als organisiert oder chaotisch wahrgenommen haben, ob die Betreuung durch die Ärzte und Hebammen unzureichend oder gut war und ob sie mit der Qualität der Behandlung zufrieden sind und das Spital weiterempfehlen würden. Für jeden Teilbereich gibt es Noten von 1 bis 6, der Durchschnitt aus allen Noten ergibt die Gesamtbewertung für das Spital und dessen Position im Ranking. Die Noten veröffentlicht Comparis erst, wenn zehn Personen den Fragebogen für ein Spital ausgefüllt haben. Es gibt eine Unterscheidung zwischen verifizierten und nichtverifizierten Usern. Für die Verifizierung braucht es einen Code, den die Spitäler den Patienten abgeben können.

Spitalverband stellt sich quer

Schneuwly hat die Schweizer Spitäler um Unterstützung anfragt. Erste Feedbacks seien positiv, sagt er. «Viele Spitäler erkennen die Kundenbewertung als Chance, eigene Schwächen zu korrigieren – aber auch als Marketinginstrument im Werben um Patienten.» Der Spitalverband H+ jedoch verweigert Comparis die Unterstützung. «Ranglisten aufgrund von subjektiven Einschätzungen lehnen wir grundsätzlich ab, weil sie aus unserer Optik nicht sinnvoll sind», sagt das H+-Direktions-Mitglied Conrad Engler. Nicht jedes Spital habe die gleich schweren Fälle: Wo es mehr Risikogeburten gebe, sei die Gefahr von Komplikationen grösser – und damit auch die Wahrscheinlichkeit, eine schlechte Bewertung zu erhalten.

Zudem findet Engler, Comparis biete keinen Mehrwert gegenüber dem eigenen Spitalsuchportal von H+, Spitalinformation.ch . Tatsächlich gibt es dort umfassende Informationen zu den einzelnen Krankenhäusern, so auch zur Kundenzufriedenheit. Nur ist die Navigation so umständlich, dass kaum ein Patient bis zu den für ihn relevanten Bewertungen vorstösst. Einfacher zugänglich ist der Spitalvergleich des Vereins Qualitätsmedizin Schweiz , der von H+ unterstützt wird. Wie Comparis bietet die Website vorerst nur Informationen über Geburtskliniken. Aufgeführt sind der Anteil Kaiserschnitte und die Komplikationsraten, auf User-Bewertungen verzichtet der Betreiber Simon Hölzer: Ein «Spital- oder Ärzte-Bashing» durch die Patienten hält er für wenig zielführend.

Weder Hölzer noch Schneuwly machen sich Illusionen: «Nur ein kleiner Teil der Patienten wird sich tatsächlich durch das Ranking beeinflussen lassen und sich bewusst gegen ein bestimmtes Spital entscheiden», sagt Hölzer. Ein Ranking habe jedoch auch eine disziplinierende Wirkung auf die Spitäler, die schlechte Noten vermeiden wollten. Felix Schneuwly wünscht sich zudem, dass künftig bei den Tarifverhandlungen zwischen Spitälern und Krankenversicherern die Qualität eine grössere Rolle spielt als heute und jene Krankenhäuser, die gute Werte aufweisen, finanziell belohnt werden.

Ausbau der Ratings

Sowohl Comparis als auch der Verein Qualitätsmedizin wollen ihre Bewertungen in den nächsten Monaten auf weitere Spitalbehandlungen ausdehnen, im Vordergrund stehen bei beiden orthopädische Eingriffe wie das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks. Eines Tages wolle Comparis auch den ambulanten Bereich abdecken, sagt Schneuwly, also auch ein Ranking für Hausärzte und frei praktizierende Spezialisten anbieten. «Das wäre dann wirklich eine solide Basis für die freie Arzt- und Spitalwahl, wie sie bis jetzt noch fehlt.»

Doch vorerst muss das profitorientierte Unternehmen Comparis eine Möglichkeit finden, mit den Vergleichen medizinischer Leistungen Geld zu verdienen. «Wir haben noch keinen Businessplan», räumt Schneuwly ein. Ob die Spitäler irgendwann bereit sind, für das Vermitteln von Kunden zu bezahlen, wie das die Krankenkassen bereits tun, ist zumindest fraglich.

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