Oldenburg - Mit der Meldung, dass landesweit die Kliniken tiefrote Zahlen schreiben und zwei Drittel der Häuser in einer existenzbedrohlichen Situation feststecken, kam die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft zu einem – wenn auch nicht neuen – aber erneut alarmierenden Befund (NWZ berichtete). Von den drei Stadtkliniken zählt keine (mehr) zu jenen, die akut gefährdet sind. Das Evangelische Krankenhaus (EV) hat sich mit großer Kraftanstrengung aus der lebensbedrohlichen Krise befreit. „Wir haben die Sanierungszeit beendet und gehen jetzt in die Restrukturierungsphase“, sagte der Kaufmännische Vorstand Armin Sülberg.
Gut aufgestellt
Die drei Häuser gelten in Hannover als ausgesprochen vorbildlich. Gesundheitsministerin Cornelia Rundt wird nicht müde, das „Oldenburger Modell“ der interdisziplinären Abstimmung und Spezialisierung als beispielhaft zu loben. Bei Grundsteinlegungen und OP-Eröffnungen in der Stadt thematisierte die Ministerin 2015, dass man andernorts in Niedersachsen weniger gut aufgestellt sei. Die drei Kliniken haben sich spezialisiert: Dazu werden im Evangelischen etwa die Stroke-Unit für Schlaganfallpatienten gezählt, die Neuro-Frühreha für beatmete Patienten sowie die Palliativstation; im Pius-Hospital die Augenheilkunde und die Pneumologie sowie im Klinikum die Kardiologie, Telemedizin, Herzchirurgie sowie die Geriatrie.
Darüber hinaus nutzen alle drei Häuser auch Synergieeffekte, um zu sparen: So leisten sie sich gemeinsam das Institut für Krankenhaushygiene unter Führung von Dr. Jörg Hermann, um nicht alle alles doppelt und dreifach kaufen und vorhalten zu müssen. Und die Kliniken schicken ihre Patienten in ein gemeinsames, ambulantes Reha-Zentrum.
Im Spektrum der Krebserkrankungen etwa haben sich die Kliniken ebenfalls spezialisiert. Die Onkologen – Prof. Dr. Frank Griesinger, Direktor der Abteilung für internistische Onkologie am Pius – und Prof. Dr. Claus-Henning Köhne, Direktor der Klinik für Onkologie und Hämatologie am Klinikum, nehmen regelmäßig an den großen amerikanischen Krebskongressen teil und berichten in öffentlichen Symposien darüber.
Nicht zuletzt die Entwicklung der European Medical School (EMS) mit den an den Oldenburger Krankenhäusern angedockten Universitätskliniken hat dafür gesorgt, dass die drei Häuser ihre Alleinstellungsmerkmale noch einmal in den Blick nahmen.
Das Land, das für die Finanzierung der Krankenhäuser verantwortlich ist, bewilligte den Oldenburgern mithin in den vergangenen Jahren Millionen für die Modernisierung der Operationssäle (NWZ berichtete) und erweiterte den Bettenplan: Im Klinikum stehen 832 Betten zur Verfügung, im EV 420 und im Pius-Hospital 396 Betten.
Dennoch leben die Oldenburger Kliniken, wie es Pius-Geschäftsführerin Elisabeth Sandbrink nannte, „eine kooperative Konkurrenz“. Derzeit etwa muss das Klinikum verdauen, dass das Evangelische einen Laborauftrag gekündigt hat. Zum ersten Mal in der Geschichte des Hauses werden Mitarbeiter entlassen (NWZ berichtete).
Investitionsstau
Obwohl die Stadtkliniken akut nicht bedroht sind, beteiligen sie sich an allen Protesten – ob nun in Oldenburg, Hannover oder Berlin. Immer wieder geht es um die Unterfinanzierung: Beklagt wird etwa, dass der sogenannte Landes-Basis-Fallwert in Niedersachsen bundesweit einer der geringsten ist. Dahinter verbirgt sich jene normierte Summe, die die Krankenhäuser für eine Behandlung mit den Krankenkassen abrechnen dürfen. Gleichzeitig verbuchen nahezu alle Häuser einen Investitionsstau, weil das Geld, das sie vom Land bekommen, für Investitionen nicht reicht. „Große Sprünge sind nicht möglich, und vor allem Investitionen in Innovationen werden immer schwieriger“, bilanzierte Klinikum-Geschäftsführer Dr. Dirk Tenzer die Situation einmal.