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"Team Wallraff" im Krankenhaus "Ich fick dich, du Tauber!" Was eine Praktikantin in der Klinik erlebte

Katastrophale Hygiene, Personalmangel und überforderte Mitarbeiter: Eine RTL-Reporterin aus dem "Team Wallraff" hat sich undercover in drei Krankenhäuser eingeschleust. Ihr Bericht "Profit statt Gesundheit" zeigt, wie schlimm die Zustände in deutschen Krankenhäusern sind.

Schon beim Vorstellungsgespräch bekommt "Team Wallraff"-Reporterin Pia Osterhaus eine Ahnung davon, was sie bei ihrem Praktikum in der Notaufnahme erwartet. Mitten während des Gesprächs bricht plötzlich großer Alarm aus: Zwei Schwerletzte sind gleichzeitig auf dem Weg in die Wiesbadener Dr. Horst Schmidt Kliniken. Das ist ein Problem. Denn die Notaufnahme hat zwar zwei sogenannte Schockräume, um die Notfälle zu behandeln. Das Personal reicht aber nicht, um beide gleichzeitig optimal zu betreuen. Schon mit zwei Schwerverletzten ist die Notaufnahme überfordert.

Dass solche Zustände eher die Regel als die Ausnahme sind, erlebt die Reporterin während ihres Praktikums hautnah. Bereits am ersten Tag muss die unbezahlte Praktikantin voll mitarbeiten. Die Kollegin, die sie einarbeitet, klagt über Personalmangel und Burnout-Gefahr. Nicht mal Zeit, um auf Toilette zu gehen, bleibt. "Die sparen sich zu Tode", sagt die Kollegin.

"Die" sind in diesem Fall die Helios-Kliniken, die im Mai 2014 die Hälfte des Wiesbadener Krankenhauses übernommen haben. Seitdem wurden 300 Stellen abgebaut. "In unserer Klinik laufen wir gerade auf einen Kollaps zu. Wir sind am Ende", sagt eine Mitarbeiterin.

Auch die Arbeitszeiten der externen Reinigungsfirma hat Helios laut RTL reduziert. Mit Folgen: Die Undercover-Reporterin stößt auf verdreckte Gänge, versiffte Bettlaken und blutige Arbeitsmaterialien, die achtlos auf dem Boden herumliegen.

Pöbeln statt pflegen

Auch bei ihrer zweiten Undercoverstation in München stößt die Reporterin auf unmögliche Zustände. Im städtischen Klinikum Harlaching arbeitet sie als stationäre Pflegepraktikantin auf einer chirurgischen Station. Bereits nach kurzer Einarbeitung muss sich die ungelernte Kraft alleine um Patienten kümmern, denn das vorhandene Personal ist schlicht überfordert. Jede Schwester hat theoretisch nur vier Minuten Zeit pro Patient, dabei wird der Dienstplan schon mit Überstunden geplant. Menschlichkeit bleibt da auf der Strecke. Als ein demenzkranker Mann bei der Morgenpflege nicht mitmacht, beschimpft ihn die Krankenschwester mit den Worten "Ich fick dich, du Tauber".

Zu einem Patienten mit multiresistentem Krankenhauskeim kommen die Pfleger überhaupt nur selten rein, weil es zu lange dauert, die Schutzkleidung anzuziehen. Und auch die Ärzte haben nicht mehr Zeit für ihn. "Der Doktor kommt und sagt buchstäblich im Vorbeihuschen: Sie wissen, dass wir Ihre Zehen abschneiden müssen", klagt der völlig verunsicherte Patient.

Schwere hygienische Mängel

Zu wenig hygienische Sorgfalt erlebt die Reporterin bei ihrem dritten Praktikanteneinsatz auf einer Krebsstation im Helios Klinikum Berlin-Buch. Ihr Eindruck: Die Servicekräfte reinigen die Betten in den gleichen Klamotten, in denen sie später das Essen austeilen. Schutzkleidung kommt nicht zum Einsatz. Und dann läuft auch noch ein Patient mit multiresistentem Krankenhauskeim ohne Mundschutz ungehindert durch die Station und setzt sich im Wartebereich neben einen Chemotherapie-Patienten.

Auf die Bitte um Stellungnahme der besuchten Kliniken erhielt RTL "nur sehr allgemein gefasste kurze Antworten". Gesundheitsminister Hermann Gröhe stand für ein Gespräch nicht zur Verfügung.

Die komplette Sendung "Profit statt Gesundheit: Wenn Krankenhäuser für Patienten gefährlich werden" ist bei RTL Now abrufbar.

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