Arthrose:Im Dickicht der Kuren

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Viele der vermeintlich sanften Alternativen, die Arthrosepatienten angeboten werden, sind zweifelhaft. Erst vor Kurzem strichen die Kassen eine verbreitete Methode aus ihrem Katalog.

Von Berit Uhlmann

Die Methode hört sich zunächst gut an: Der Arzt schneidet lediglich einen kleinen Spalt in die Haut und kann durch diesen Einschnitt das schmerzende Knie behandeln. Er kann das Gelenk spülen, entzündete Schleimhaut entfernen oder Knorpel glätten. Arthroskopie oder Kniespiegelung wird das Verfahren genannt, das Arthrose-Patienten von ihren Schmerzen befreien soll und bislang zu den sehr häufigen Eingriffen in Deutschland gehörte. Damit soll nun Schluss sein.

Kurz vor Weihnachten kam die Nachricht, dass die Krankenkassen die therapeutische Spiegelung bei der Kniearthrose nur noch in Ausnahmefällen bezahlen werden. Die Zweifel an der Wirksamkeit der Methode sind zu groß. Wissenschaftliche Studien hatten gezeigt, dass es den Patienten nach der Arthroskopie nicht besser ging als Versuchspersonen, die lediglich eine Scheinbehandlung erhalten hatten. Der vermeintliche Erfolg der Behandlung ging also auf den berühmten Placebo-Effekt zurück.

Die therapeutische Kniespiegelung ist nicht die einzige verbreitete Methode, deren Nutzen fraglich oder aber nicht ausreichend untersucht ist. Für Patienten, die am Gelenkverschleiß von Knie oder Hüfte leiden, ist es schwierig, den Überblick zu behalten. Mehr als 50 000 Treffer erhält, wer den Begriff "Arthrosebehandlung" in eine Internet-Suchmaschine eingibt. Vom Heilkraut bis zur individuell angefertigten Prothese drängen sich eine Menge Anwendungen und Produkte auf dem Markt. Und es kommen ständig neue hinzu.

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So werben seit einigen Jahren Kliniken mit der minimal-invasiven Hüftoperation. Ein Segen für die Patienten? "Minimal-invasiv heißt nicht automatisch schonend", warnt Rüdiger von Eisenhart-Rothe, Direktor der Klinik für Orthopädie und Sportorthopädie am Klinikum rechts der Isar. "Es gibt nicht einmal eine klare Definition, was genau als minimal-invasiv gilt", gibt der Mediziner zu bedenken. Entscheidend für den Erfolg einer Hüftprothesenoperation seien weniger die neueste OP-Technik oder das neueste Modell, sondern die Position des Implantats und ein gewebeschonendes Vorgehen, also letztlich Erfahrung und Geschick des Chirurgen. Kliniken, die besonders große Erfahrungen mit dem Einsetzen von Gelenkprothesen haben, finden Patienten unter www.endocert.de.

Umstritten ist, wie sinnvoll Spritzen ins Kniegelenk sind. "Die Injektionen mit Kortikoiden oder Hyaluronsäure haben nur einen vorübergehenden Effekt", sagt Volkmar Jansson, Direktor der Klinik für Orthopädie, Physikalische Medizin und Rehabilitation an der LMU. Sie bergen jedoch die Gefahr von Infektionen. Eine große Analyse der bisherigen Forschungsarbeiten ergab, dass Patienten nach den Spritzen weniger über Beschwerden klagten als nach der Einnahme von Schmerztabletten. Doch die Studienautoren vermuten, dass es sich auch hier um einen Placebo-Effekt handelt. Eine Spritze erscheint vielen Kranken mächtiger als eine simple Pille.

Die Eigenbluttherapien, bei denen Arthrose-Patienten ihr aufbereitetes Blut erneut gespritzt wird, bleiben bislang einen Wirknachweis schuldig. "Es gibt nur eine unabhängige Studie, und die konnte keine positive Wirkung feststellen", sagt Peter Müller, Orthopäde an der LMU. Auf ein Problem derartiger Produkte weist die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie hin: Es gibt für sie keine Qualitätskontrolle durch eine unabhängige Überwachungsbehörde.

Skepsis ist auch bei Nahrungsergänzungsmitteln wie Kollagenpräparaten angebracht. Möglicherweise haben sie einen leichten anti-entzündlichen Effekt, doch für die Werbebotschaft, sie könnten einen abgenutzten Knorpel wieder wachsen lassen, fehlt jeglicher Nachweis.

© SZ vom 14.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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