Gastkommentar

Für ein wettbewerbliches System

Der Modellansatz bei der Tarifstrukturentwicklung Swiss DRG versucht, zukünftige Kosten unabhängig vom Ort der Erbringung und unabhängig von der Art des Spitals bestmöglich zu schätzen.

Simon Hölzer
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Der Preis für die jeweilige Leistung im Spital kann variieren; er darf kein Kriterium für die Wahl des Spitals sein. (Bild: Simon Tanner / Keystone)

Der Preis für die jeweilige Leistung im Spital kann variieren; er darf kein Kriterium für die Wahl des Spitals sein. (Bild: Simon Tanner / Keystone)

Die Spitäler sehen sich seit 2012 mit der neuen Gesetzgebung des KVG konfrontiert, die höhere Transparenz als Grundlage für das Vergütungs- und Finanzierungssystem fordert. Dabei bildet das Fallpauschalensystem Swiss DRG die Grundlage eines aufwandorientierten Leistungskatalogs, in dem alle Spitalleistungen gegeneinander bewertet werden. Der Endpreis dieser Leistungen wird durch die Multiplikation mit dem sogenannten Basisfallpreis eines Spitals erreicht. Die Bestimmung und Festlegung dieses Preises wird derzeit kontrovers diskutiert. Er ist im national einheitlichen System über kantonale Grenzen hinweg vergleichbar. So entsteht der Eindruck, dass Spitäler selbst für gleiche oder ähnliche Leistungen unterschiedliche Preise erheben.

Dabei sind die Preisunterschiede wohlbegründet: Unterschiedliche regionale und strukturelle Spitalmerkmale können in Tarifverhandlungen zwischen dem Spital und den Kostenträgern mitberücksichtigt werden. In dieser Finanzierungslogik werden sinnvollerweise die drei Ebenen der Tarifstruktur, d. h. die Bewertung definierter Leistungen, die Preisbildung in Tarifverhandlungen und die weiteren Rahmenbedingungen der Finanzierung, von unterschiedlichen Akteuren bestimmt. Zu den Rahmenbedingungen gehören auch kantonale Zuschüsse für gemeinwirtschaftliche Leistungen (GWL) oder Zahlungen von Dritten.

Sobald man nun, wie in einer Studie im Auftrag der Universitätsspitäler gefordert, die Trennung der drei Ebenen auflöst, verliert das System seine angestrebte Wirkung, u. a. die eines möglichst objektiven Preisvergleichs (Benchmark). Es wäre deshalb falsch, über die Beschreibungen von Leistungen in der Tarifstruktur eine eigene Kategorie für besondere Einrichtungen, wie z. B. Universitätsspitäler, statistisch herzuleiten. Selbstverständlich sind deren Leistungen zwingend notwendig, und alle Aufgaben sind ausreichend zu finanzieren. Unispitäler spielen eine Mehrfachrolle, nicht zuletzt auch als städtische Grundversorger, Referenzkliniken und Ausbildungsstätten. Das hat seinen erklärbaren Preis.

Hierzu drei Beispiele: Der Modellansatz bei der Tarifstrukturentwicklung Swiss DRG versucht, zukünftige Kosten unabhängig vom Ort der Erbringung und unabhängig von der Art des Spitals bestmöglich zu schätzen. Wenn sich die Preise primär an den vorhandenen Infrastrukturen orientieren würden, würde die heutige Spitallandschaft und damit auch bestehende Ineffizienzen verfestigt. Dem stetigen Wandel der Medizin, z. B. dem häufigeren Einsatz ambulanter und schonender Verfahren, würde nicht Rechnung getragen. Die Tarifstruktur kommt unter definierten Regeln zur Anwendung. Das Regelwerk setzt Anreize zum sinnvollen Einsatz der Ressourcen und zum Patienten-Management. Kritiker mahnen, dass verlegte Patienten oftmals teurer sind.

Wenn man diese Kosten nun entgegen den vereinbarten Regeln zusätzlich besser vergüten würde, wäre ein starker Anreiz gegeben, den Patienten unnötigerweise zwischen Spitälern zu verschieben. Ein nicht nur in der Theorie zu beobachtender Effekt. Zudem sollen Leistungen für Notfallpatienten höher bewertet werden. Die dazu nötigen Infrastrukturen für Notfall- oder Quarantänestationen, fürsorgliche und forensische Unterbringung, Spezialbetten für Patienten mit Verbrennungen, Isolierstationen für hochinfektiöse Krankheiten usw. werden jedoch mit den GWL von Kantonen finanziert und mit der Spitalplanung zugewiesen. Ohne die Trennung dieser Finanzierungen beschneidet man den kantonalen Handlungsspielraum, z. B. gewisse Leistungen über Steuern statt Prämien zu finanzieren. Im Endeffekt wären die gewünschte Steuerung und ein möglichst objektiver Benchmark der tatsächlichen Betriebskosten verwässert.

Faire Bedingungen für die privaten und öffentlichen Spitäler inklusive der Universitätsspitäler erhält man, wenn man auf der Tarifverhandlungsebene die Idee des Leistungseinkaufs mit dem nötigen Benchmark strikt umsetzt und danach den freien Zugang für den Patienten zu den verhandelten Konditionen gewährleistet. Nur so kann sich das Gesamtsystem in eine ökonomisch sinnvolle und politisch gewollte Richtung bewegen. Dabei kann nicht auf vordergründig teurere Institutionen verzichtet werden, sonst würde die regionale Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleistet sein, noch hätte wir einen ausreichenden Zugang zu komplexen Leistungen, zu Spitzenmedizin, zu besonderer sozialer Betreuung und vielem mehr. Diese Leistungen müssen zum Eintritt des Krankheitsfalls vorhanden sein.

Fazit für den Patienten: Der Preis für die jeweilige Leistung im Spital kann variieren; er darf kein Kriterium für die Wahl des Spitals sein. Teurer heisst nicht besser. Die Spitalwahl sollte sich vielmehr an den vorhandenen Informationen zur Behandlungsqualität, zu den Empfehlungen des Hausarztes bzw. behandelnden Spezialisten und den persönlichen Präferenzen orientieren.

Simon Hölzer ist Geschäftsführer von Swiss DRG AG.