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Gesundheit Trostpflaster für Krankenhäuser

Den 48 Krankenhäusern in Sachsen-Anhalt fehlen mehrere Hundert Millionen Euro für Investitionen.

Von Steffen Honig 13.07.2016, 01:01

Magdeburg l Die Kritik der Techniker Krankenkasse (TK) ist heftig: Da pochten die Länder auf ihren Anspruch, die Krankenhauskapazitäten autonom zu planen, lassen es aber an monetärer Unterstützung zur Erhaltung der Kliniksubstanz fehlen. Sachsen-Anhalts TK-Landeschef Jens Hennicke: „Es muss auch in diesem Bereich gelten: Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen!“

Hennicke findet es daher „außerordentlich begrüßenswert“, dass die neue Landesregierung eine Aufstockung der Landesmittel für die Krankenhäuser in den Koalitionsvertrag aufgenommen hat.

Beate Bröcker, Staatssekretärin im Sozialministerium, erläutert die Pläne, von denen die 48 Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt – für die Universitätsklinika in Halle und Magdeburg gelten spezielle Finanzierungs- regelungen – demnächst profitieren könnten. Demnach sollen für die Jahre 2017 und 2018 zunächst insgesamt 20 Millionen Euro pro Jahr in die Krankenhausfinanzierung fließen.

Bisher sei die Finanzierung durch das Krankenhausinvestitionsprogramm für Ostdeutschland und durch lange zurückliegende Kreditfinanzierungen durch das Land erfolgt. Beides laufe nunmehr aus. „Gleichwohl haben viele Krankenhausträger auch einige Investitionen selbst finanziert“, sagt Bröcker.

Die geplanten Gelder, so sie in den Haushalt eingestellt werden, nehmen sich gegenüber dem Bedarf allerdings bescheiden aus. Den hatte ein Gutachten im Auftrag der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt 2015 mit jährlich fast 164 Millionen Euro beziffert.

Von den vorgesehenen 20 Millionen Euro Neuinvestitionen sind 15 Millionen Fördermittel vom Bund – gedacht für sogenannte „Strukturstraffungen“. Bedeutet dies, dass auch Krankenhäuser geschlossen werden könnten? Bröcker: „Wenn wir einen Rückgang bei der Kindermedizin gibt, weil wir weniger Kinder haben, führt das auch zu Anpassungsprozessen in den Häusern.“ Es gebe in Sachsen-Anhalt keinen Anlass, ein Krankenhaus zu schließen, erklärt die Staatssekretärin.

Das Sozialministerium betrachte die in den 1990er Jahren geschaffene Krankenhauslandschaft als zukunftsfest. Ein wichtiger Punkt bei der Investitionsplanung ist die immer stärkere Verzahnung von stationärer und ambulanter medizinischer Versorgung. Wenn also Abteilungen in Krankenhäusern geschlossen werden, sollten dort ambulante Angebote gemacht werden.

Bröcker erläutert: „Wir brauchen ohnehin eine stärkere Zusammenarbeit zwischen stationär und ambulant um gerade im ländlichen Raum die Versorgung zu sichern.“ Sie verweist dazu auf die 63 Medizinischen Versorgungszentren in Sachsen-Anhalt. Ein gutes Beispiel sei das Krankenhaus Havelberg mit seinen stationären wie ambulanten Angeboten.

Nachholbedarf bestehe besonders bei der Geräte- und Medizintechnik. Um auf dem neuesten Stand zu bleiben, seien immer wieder Ersatzinvestitionen nötig.

Gösta Heelemann, Geschäftsführer der Kranken- hausgesellschaft Sachsen-Anhalt, begrüßt zwar die Aussicht auf die Mittel aus dem Landeshaushalt, kann aber auch nur feststellen: „20 Millionen Euro sind deutlich weniger, als wir eigentlich brauchen.“ Dabei habe Sachsen-Anhalt einen Strukturwandel hinter sich, der für westdeutsche Länder undenkbar wäre: Von einst 72 Krankenhäusern seien noch 48 geblieben.

Heelemann moniert, dass sich der Finanzierungsstau trotz der 20 Millionen Euro weiter erhöhen werde: „Der jährliche Zuwachs beim Investionsbedarf liegt darüber.“

Auch Bröcker ist sich darüber im Klaren, dass die geplanten Gelder nur ein Bruchteil von dem sind, was nötig wäre: „Aber es ist der Einstieg in die aktive Investitionsfinanzierung.“