Offenburger Klinik-Notaufnahmen werden gebündelt
Seit Anfang des Monats ist die Notaufnahme des Ortenau-Klinikums Offenburg am Standort St. Josefsklinik mit Ausnahme von Augenpatienten nur noch bis 20 Uhr besetzt. Danach müssen Notfallpatienten zum Ebertplatz fahren. Für Bernhard Gorißen, Leiter der Notaufnahme am Ortenau-Klinikum Offenburg-Gengenbach, ist das der erste Schritt hin zu einer zentralen Notaufnahme. An anderen Standorten des Ortenau-Klinikums seien bislang keine Veränderungen geplant.
Mit den Einschnitten bei der Notaufnahme in der St. Josefsklinik soll die Qualität der Patientenversorgung verbessert werden, teilte das Ortenau-Klinikum mit. Spielen nicht wirtschaftliche Zwänge eine Rolle?
Bernhard Gorißen: Wir werden die Notaufnahme am Ebertplatz bündeln, um den Patienten alle diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten anbieten zu können. Die volle Bandbreite der Behandlungsmöglichkeiten soll allen zugänglich sein. Dies ist der erste Beweggrund für die Zusammenführung der Notaufnahmen. Primär geht es nicht um die Finanzen. Eine effektivere und schnellere Behandlung nutzt vor allem den Patienten, kann aber auch wirtschaftlicher sein.
Sind Einschnitte auch an anderen Standorten im Ortenaukreis geplant?
Gorissen: Nein, dazu gibt es keine Planungen. Der jetzt anstehende Schritt erfordert unser volles Engagement und unsere volle Aufmerksamkeit.
Wie viele Menschen haben die Notaufnahme am »Josefs« nachts genutzt?
Gorissen: Von 1. Januar bis 30. Juni waren es 420 Patienten, das heißt drei bis vier pro Nacht. Es ist daher nicht mehr darstellbar, in Offenburg zwei Notaufnahmen rund um die Uhr zu betreiben, die nur zwei Kilometer voneinander entfernt liegen. Die nächtliche Schließung ist aber nur ein erster Schritt. Denn wir planen, die gesamte Notaufnahme auch tagsüber an den Ebertplatz zu verlegen. In der Josefsklinik werden aber wie bisher auch in Zukunft Notfälle bei Tumor-, Herz / Lungen-, und Augenpatienten direkt behandelt.
Die Patienten werden die nächtliche Schließung in der Weingartenstraße als deutliche Verschlechterung empfinden.
Gorissen: Wenn man das auf die zwei Kilometer Entfernung bezieht, dann ist das eine Verschlechterung. Man muss andererseits wissen, dass die Hemmschwelle, sich bei der Notaufnahme vorzustellen, geringer geworden ist. Es kommen beispielsweise Menschen mit einem juckenden Insektenstich. Auch wegen anderer Bagatellen wird die Notaufnahme am Ebertplatz häufig besucht. Doch für die sind ja die hausärztlichen Notfallpraxen da. Niedergelassene Ärzte sind in der raschen Einschätzung ambulanter Patienten erfahrener und stellen im Gegensatz zu Klinik-Ärzten Rezepte und Krankmeldungen aus. Doch wenn deren Praxen nachts geschlossen sind, stehen Menschen mit harmlosen Beschwerden in der Notaufnahme. Dann aber ist diese nicht mehr nur dafür da, wofür sie eigentlich gedacht ist: für wirkliche Notfälle. Aber das ist kein spezielles Ortenau-Problem, sondern ein bundesweites.
Sollten die hausärztlichen Notfallpraxen mehr Patienten von den Notfallaufnahmen übernehmen?
Gorissen: Nein, zumal sie ja räumlich gut in die Notfallaufnahmen an den Ortenau-Kliniken integriert sind. Die niedergelassenen Ärzte sind dankbar für Patienten, die sie während ihrer Dienste im Krankenhaus behandeln können. Denn die Ärzte haben auch den Vorteil, dass sie für Akutpatienten die Infrastruktur des Ortenau-Klinikums nutzen können und abgesichert sind, weil ihnen bei Bedarf die Notaufnahme der Klinik zur Seite steht.
Und was sagen Sie zu der gesunkenen Hemmschwelle von Patienten?
Gorissen: Sie müssen sich klarmachen, dass nicht für jeden Fall Maximal-Ressourcen vorgehalten werden können. Diese sind in erster Linie für wirklich schwerverletzte Menschen vorzuhalten. Dennoch gibt es Patienten, die mitten in der Nacht mit leichten Beschwerden in die Notaufnahme kommen und erwarten, dass in einer halben Stunde alles erledigt ist.
Wie lange dauert denn ein Notaufnahmefall?
Gorissen: Ein Patient, der in die Notaufnahme des Krankenhauses kommt, hat, bis er die Klinik wieder verlässt, eine Behandlungszeit von durchschnittlich 3,8 Stunden. Dazu gehören Labor, oft mit Kontrolle, eventuell Röntgen oder CT, Behandlung wie Wundversorgung, Infusionstherapie, Gips und Verband, Beteiligung weitere Spezialisten und erstellen eines maschinengeschriebenen Arztbriefes. 3,8 Stunden hört sich lange an, ist aber gemessen an dem, was geschieht, gar nicht mehr so lang.
Die Notaufnahmen der Kliniken sind einerseits zunehmend von Patienten besucht, die sie eigentlich nicht bräuchten, und außerdem unterfinanziert. Was wird geschehen?
Gorissen: Mit diesem Thema befasst sich bereits der gemeinsame Bundesausschuss, um bis 31. Dezember Vorschläge für verschiedene Versorgungsstufen zu definieren, die wiederum zu einer abgestufen Bezahlung führen sollen.
Wie wird denn sichergestellt, dass Patienten die Hilfe bekommen, die sie wirklich brauchen?
Gorissen: Hier haben sich bereits Erkennungssysteme etabliert. Wir sind dabei, diese in unserer zentralen Notaufnahme am Ebertplatz einzuführen. Mit einer solchen Triage erkennt man aus vielen Akutpatienten die schwerwiegenden und sofort behandelbaren Notfälle.