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Wichtige Rolle für Genesungsbegleiter Psychiatriereform soll vorangetrieben werden

Fachverbände und Patientengruppen sehen die Psychiatrie im Land Bremen überwiegend auf einem guten Weg. Diese Botschaft vermittelte die Debatte zur Psychiatriereform am Donnerstag.
19.08.2016, 00:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Psychiatriereform soll vorangetrieben werden
Von Jürgen Theiner

Fachverbände, Experten und Patientengruppen sehen die Psychiatrie im Land Bremen überwiegend auf einem guten Weg, wenn auch noch wichtige Etappenziele ausstehen.

Diese Botschaft vermittelte die Debatte zur Psychiatriereform, die am Donnerstag den Schwerpunkt einer Sitzung der Gesundheitsdeputation bildete. Grundlage der Aussprache war ein turnusmäßiger Sachstandsbericht zur Weiterentwicklung der psychiatrischen Behandlungsangebote in Bremen und Bremerhaven. Darin wird das Ziel einer stärkeren ambulanten und regionalen Ausrichtung formuliert. „Wir haben wichtige Modellprojekte begonnen“, sagte Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt. Dafür stünden im aktuellen Haushalt knapp 1,2 Millionen Euro bereit.

Ein Leitgedanke, der den Wandel der Bremer Psychiatrie prägen soll, ist die stärkere Einbeziehung von Patienten und deren Angehörigen in die Planung, Entwicklung und Bewertung psychiatrischer Versorgungsstrukturen. Außerdem sollen Menschen mit eigener Psychiatrie-Erfahrung, die eine spezielle Ausbildung zu sogenannten Genesungsbegleitern durchlaufen haben, in der Begleitung von Patienten zum Einsatz kommen.

Die Idee leuchtet ein: Genesungsbegleiter können aus ihrem persönlichen Erfahrungswissen heraus anderen Menschen in seelischen Krisen Unterstützung bieten. „Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung einer Psychiatrie, die die Anliegen und Bedürfnisse der Betroffenen in den Mittelpunkt stellt“, beschrieb die Senatorin die Rolle, die den Genesungsbegleitern zugedacht ist.

Weiterentwicklung der Bremer Psychiatrielandschaft

In der Aussprache zum Stand der Psychia­triereform gab es für diesen Ansatz viel Lob. Karl Beine, Lehrstuhlinhaber für Psychia­trie und Psychotherapie an der Universität Witten/Herdecke, sagte: „In Bremen ist eine Entwicklung begonnen worden, die sich an den Lebenswelten psychisch kranker Menschen orientiert – diese Entwicklung gilt es auszubauen.“ Deutlich wurde zugleich, dass sich manche Praktiker weitere Fortschritte für die Patienten wünschen.

So regte Helmut Thiede, Geschäftsführer der Gesellschaft für Ambulante Psychiatrische Dienste (GAPSY), den Aufbau regionaler „Home-Treatment“-Teams an, die Patienten in deren gewohnter, häuslicher Umgebung aufsuchen und behandeln. Ein weiterer Punkt auf Thiedes Wunschzettel war die Einrichtung regionaler „Rückzugshäuser“ für psychisch erkrankte Menschen. Außerdem mahnte er für die Anbieter psychiatrischer Leistungen einheitlichere Vertragsstrukturen mit den verschiedenen Kostenträgern an.

2017 soll es keinen weiteren Zwischenbericht der Gesundheitsbehörde zur Umsetzung der Psychiatriereform geben. Die Deputierten beschlossen auf Anregung des CDU-Gesundheitspolitikers Rainer Bensch stattdessen, „zur Prüfung der Umsetzungsschritte eine Anhörung mit allen Beteiligten durchführen“. Dabei soll auch externer Sachverstand herangezogen werden. Die Deputierten erhoffen sich von dieser Form der Evaluation mehr „Nachdruck und Verbindlichkeit“ bei der Weiterentwicklung der Bremer Psychiatrielandschaft.

Bundesländer investieren zu wenig

Zweiter Schwerpunkt der Gesundheitsdeputation war die Aufteilung der Gelder aus dem Krankenhausinvestitionsprogramm für das laufende Jahr. Danach bekommen die Krankenhäuser in Bremen und Bremerhaven rund 37 Millionen Euro zur Finanzierung dringend benötigter Investitionen ausgezahlt.

Hintergrund: Während die Kosten für den laufenden Betrieb von Kliniken aus den Leistungsvergütungen der Krankenkassen bezahlt werden, sind für Investitionen die Bundesländer zuständig. Praktiker kritisieren schon seit Jahren, dass die meisten der 16 Länder dieser Verpflichtung nur unzureichend nachkommen. Faktisch müssen viele deutsche Krankenhäuser auch einen Teil ihrer Investitionen aus Eigenmitteln bestreiten.

Das Haushaltsnotlageland Bremen macht da keine Ausnahme. Trotzdem meinte Senatorin Eva Quante-Brandt: „Mit diesen Millionen können notwendige Investitionen begonnen werden. Die medizinische Versorgung der Bremerinnen und Bremer wird dadurch weiter gestärkt.“ Sie sieht sich durch die Zahlen im aktuellen Doppelhaushalt 2016/17 bestätigt, den die Bürgerschaft im Frühsommer beschlossen hatte.

Umbau am Klinikum Bremen-Ost

Darin sind für die Krankenhäuser rund 35 Prozent mehr eingeplant, als im Jahr 2013. Bremen nimmt damit im Vergleich der Bundesländer nach Darstellung des Gesundheitsressorts einen der vorderen Ränge ein. Das Bundesland Bremen sei seit dem Jahr 2014 den politischen Forderungen nach einer Erhöhung der Investitionsförderung durch die Länder nachgekommen.

Krankenhäuser im Land Bremen erhalten laut Investitionsprogramm je nach Größe zwischen 423.000 Euro und rund acht Millionen Euro ausgezahlt. Unter den geförderten Einzelmaßnahmen befinden sich der Umbau der Intensivstation im Klinikum Bremen-Ost, die Erweiterung des psychiatrischen Behandlungszentrums Vegesack am Klinikum Bremen-Nord und die Weiterentwicklung der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum Bremerhaven-Reinkenheide. In die Bremerhavener Krankenhäuser fließen insgesamt rund 7,6 Millionen Euro.

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