Klinikum bevorzugt Promis

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Auf Station 11, wo ein eine Schwester gerade ein Bett neu bezieht, werden Privatpatienten behandelt, oder solche, die eine Zusatzversicherung abgeschlossen haben. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Einige Patienten erfahren am Klinikum Bayreuth besondere Behandlung. So ein Bayreuther Arzt, der Stadtrat und Aufsichtsrat des Klinikums ist. Vetternwirtschaft, Vorzugsbehandlung oder ein Versehen?

 
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Die Station 11 ist eine edle Station. Einzelzimmer, nobel eingerichtet, selbst in Hochzeiten steht kein Bett auf dem Flur. Wer dort liegen will, muss sich vorher anmelden. Und nachher zahlen: 127,50 Euro. Es ist ähnlich wie in einem Hotel. Rein darf im Normalfall nur, wer den Anmeldezettel vorher beim Stationspersonal ausgefüllt und unterschrieben hat. Normalerweise sind das die Privatpatienten oder solche, die eine Zusatzversicherung abgeschlossen haben.

Normaler Patient?

Bei Ingo Rausch (47) war das anders – und vor allem günstiger. Nach Recherchen des Kuriers wurde der BG-Stadtrat, der auch im Aufsichtsrat des Klinikums sitzt, und am Samstagmorgen, 30. Juli, als normaler Patient in der Notaufnahme aufgenommen. Jeder, der Samstag ins Krankenhaus muss, muss über diese Station. Bereits vor diesem Samstag war er auf ein Zwei-Bett-Zimmer gebucht, auf der Station 12a, auf der die Kassenpatienten liegen. Doch dort kam er nicht an. Stattdessen landete er schon vor der Operation auf der Luxus-Station, wo die Pfleger ihn für den Eingriff vorbereiteten. Ohne Unterschrift. Das belegen Unterlagen, die dem Kurier vorliegen. Und das bestätigt auch das Klinikum.

Rausch dagegen sagt etwas ganz anderes. Er sei als „Notfall“ ins Klinikum gekommen und erst „nach der Operation“ auf der Luxus-Station aufgewacht. Da habe man ihn „gefragt, ob das ok sei.“ Er habe die Wahl gehabt zwischen einem Bett auf dem Gang in der Normalo-Station 12a oder einem Luxus-Zimmer.

Normalo-Station war nicht belegt

Dass die Normalo-Station belegt war, stimmt nicht. Ein Mitarbeiter der Klinik sagt hingegen, es seien „mehrere Betten frei“ gewesen an dem Wochenende, außerdem das Bett in Zimmer 27, auf das Rausch gebucht war. Außerdem belegen Unterlagen, dass Rausch von der Notaufnahme sofort auf die Luxus-Station gekommen und dort für die OP vorbereitet wurde. Rausch sagt, er habe nicht aktiv das Luxus-Zimmer gebucht. Er habe nichts zu seinem Vorteil ausnutzen wollen. Er sei schließlich als Selbstzahler gekommen, einen Vorteil habe er also nicht gehabt. Außerdem habe er von den Verwaltungsvorgängen "keine Ahnung". Dass er hätte irgendwo unterschreiben müssen, habe er gar nicht gewusst.

Rausch sagt weiter, er werde natürlich sofort die 127,50 Euro bezahlen, „aber ich habe noch keine Rechnung erhalten“. Die dauere bei Privatpatienten bis zu einem halben Jahr. Im Klinikum heißt es dagegen, die Rechnungen kämen innerhalb zwei Wochen.

Vermerk in der Krankenakte

Wer es möglich gemacht hat, dass Rausch auf der Luxus-Station landete, ohne zu unterschreiben, ist nicht ganz klar. Aber von der Machtposition her gekonnt hätte es der Ärztliche Direkter und Chefarzt Klaus Henneking – der aber war im Urlaub. Möglich gewesen wäre es auch dem vom Dienstgrad höchsten Arzt an jenem Samstag: Oberarzt Oliver Ponsel.  „OA Ponsel kümmert sich“, soll in einem Vermerk in den Krankenakten stehen. Ob sich dieser Hinweis auf die Luxus-Station bezieht, ist nicht klar.

Ponsel selbst sagt: "Es kommt immer wieder vor", dass Patienten nach der Notaufnahme in einer anderen Station kommen als geplant.

Erst spät die Rechnung

Nach Informationen des Kuriers war bis Dienstag dieser Woche, also vier Wochen nach dem Eingriff tatsächlich noch keine Rechnung gestellt. Wie auch, denn der Patient lag den Akten nach ja gar nicht auf der Luxus-Station.

Chefarzt Henneking bestätigt den Vorgang am Telefon. Er habe es während seines Urlaubs erfahren. „Ich kann das nicht verstehen“, sagte er dem Kurier. „Wer auf die Privat-Station geht, muss das auch bezahlen.“ Auch er selbst sei schon auf diese Station gegangen „und ich habe selbstverständlich bezahlt“. Über eventuelle Konsequenzen müsse die Geschäftsführung entscheiden.

Eine weitere Auffälligkeit ist, dass Rausch an einem Samstag operiert worden ist. Ein Beteiligter: „Das war kein Notfall.“ Darauf deutet auch hin, dass die Vordiagnostik nach Kurier-Informationen bereits am Mittwoch vorher gelaufen ist. Außerdem sei dem Stationspersonal der Normalo-Station die Ankunft des Stadtrates schon am Tag vor der OP bekannt gewesen. „Das Ausnutzen von Vorteilen, die man durch ein politisches Amt hat, das geht nicht“, heißt es am Klinikum. Ponsel kontert: „Die Notfall-Indikation stellt immer der Arzt, der den Patienten aufnimmt.“

Stolz auf Compliance System

Am Klinikum ist man besonders stolz auf die Compliance-Abteilung. „Der Begriff Compliance bedeutet so viel wie 'Regeltreue' und zielt auf das Einhalten von Gesetzen und internen Richtlinien ab“, heißt es auf der Internet-Seite des Klinikums. Und weiter: „Das Compliance Management System beinhaltet organisatorische Vorkehrungen, die es unseren Mitarbeitern ermöglichen, alle relevanten Regeln einzuhalten und systematisches Fehlverhalten zu vermeiden.“

Die Rechnung für den Aufenthalt an der Luxus-Station hat die Klinik inzwischen gestellt. Nachdem der Kurier angerufen hat. Die Klinik räumt nach einen Blick ins „Datensystem“ die Unklarheiten mit Rauschs Unterbringung ein. Joachim Haun, Geschäftsführer der Klinikum Bayreuth GmbH: „Das werden wir aufklären.“

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