KOMMENTAR: Nach dem Bank- das Spitaldebakel?

Der Ausserrhoder Spitalverbund ist ein schlingerndes Schiff. Das brennende Thema "Spital Heiden" verdrängt das Problem "Spital Herisau". Die Politik ist dringend gefordert, lässt sich aber viel Zeit. Ein Kommentar von Monika Egli.

Drucken
Das Kleinspital Heiden wird in der heutigen Form kaum überleben können. Um die Strukturen verändern zu können, braucht es aber zuerst eine Gesetzesrevision. (Bild: Ralph Ribi)

Das Kleinspital Heiden wird in der heutigen Form kaum überleben können. Um die Strukturen verändern zu können, braucht es aber zuerst eine Gesetzesrevision. (Bild: Ralph Ribi)

Die Geschichte des verselbständigten Ausserrhoder Spitalverbunds (Svar) ist eine unsägliche. Fast im Jahresrhythmus muss die oberste Ebene der Geschäftsleitung ausgewechselt werden; nach der unglaublichen Gebührenaffäre bringt eine neue Garnitur Verwaltungsräte wieder viel Unruhe unter die Geschäftsleitung, Ärzte und Mitarbeitenden. Es liegt keine Eigentümerstrategie vor, es liegt kein Psychiatriekonzept vor, dafür ein 10-Millionen-Defizit. Das Spital Heiden steht auf der Kippe, womöglich trifft das sogar auf den ganzen Spitalverbund zu. Denn das brennende Thema «Heiden» hat bisher eine weitere mögliche Baustelle verdrängt: Noch spricht niemand über das Spital Herisau, aber Kenner des Ausserrhoder Gesundheitswesens sehen auch dort grosse Probleme heranwachsen. Und wo in der Ostschweizer Gesundheitslandschaft steht das Psychiatrische Zentrum, das ebenfalls unter das Dach des Spitalverbunds gehört? Sicher ist, dass hier sehr hohe bauliche Investitionen nötig sind.

Verwunderliches Gebaren

Dass die Eigentümerstrategie des Kantons immer noch fehlt und erst im kommenden November vorgelegt wird, muss sich Landammann und Gesundheitsdirektor Matthias Weishaupt anlasten lassen. Es ist unverständlich, dass nach dem gescheiterten Spitalverbund Appenzellerland, einem Zusammenschluss von Ausser- und Innerrhoden, zweieinhalb Jahre verstreichen müssen, bis eine neue Strategie erarbeitet ist – für den grössten Arbeitgeber im Kanton, notabene. Noch anderes verwundert am Gebaren des Gesundheitsdepartements: Weshalb zieht man für die Suche nach vier neuen Verwaltungsräten eine «externe Unterstützung» bei? Angesichts der aktuell schlechten Stimmung im Spitalverbund stellt sich diese Frage umso drängender, als diese Beraterfirma laut Auskunft der Ratskanzlei für ihren Job gut 70 000 Franken kassiert hat.

Was für jeden Arbeitgeber, und habe er auch nur einen Zweimannbetrieb, selbstverständlich ist, kam offensichtlich weder der Beraterfirma noch irgendjemandem im Gesundheitsdepartement noch einem Regierungsrat in den Sinn: die in Frage kommenden Personen zu googeln. Es stimmt nicht alles, was man im Internet findet, aber einen Eindruck verschaffen kann man sich. Gibt man beispielsweise den Namen der VR-Präsidentin Christiane Roth ein, erscheinen genügend Artikel, die alle Alarmglocken schrillen lassen müssten. Gesundheitsdirektor Matthias Weishaupt wird, wie während der Gebührenaffäre, jedes Verschulden von sich weisen. Er wird sagen, dass der Spitalverbund eine selbständige Organisation und der Verwaltungsrat ein eigenständiges Gremium sei, dass die Erarbeitung einer Spitalstrategie sehr aufwendig sei und nicht er allein, sondern der Gesamtregierungsrat die Entscheide fälle. Im letzten Punkt hat er recht. Aber das Spitalverbundgesetz ist klar. Es besagt: «Das Departement Gesundheit bereitet die Geschäfte des Regierungsrates vor. Es beaufsichtigt zuhanden des Regierungsrates die Aufgabenerfüllung des Svar, insbesondere hinsichtlich (…) der Tätigkeiten des Svar.»

Die neuen VR-Mitglieder

Nebst Christiane Roth und dem aus dem Regierungsrat delegierten Paul Signer sind seit Juni 2015 drei weitere Verwaltungsräte neu im Amt. Hans-Jürg Bernet, St. Gallen, ehemals CEO der Zürich Schweiz bis zu einem abrupten Ende, heute Verwaltungsrat der Helvetia Holding, der St. Galler Kantonalbank, der Swica und der Hälg Holding – unter anderem. Mit an Bord ist auch Hugo Keune, Zürich, seines Zeichens Direktor Finanzen am Universitätsspital Zürich; seine Abteilung umfasst rund 150 Mitarbeitende. Ebenfalls auf Juni 2015 gewählt hat der Regierungsrat Andreas Zollinger, Männedorf, medizinischer Direktor am Stadtspital Triemli. Christiane Roth ist VR-Präsidentin der Psychiatrischen Dienste Aargau AG, daneben sitzt sie im Verwaltungsrat der Helsana-Gruppe. Man fragt sich: Wie viel Zeit muss eine Person aufwenden, um solche Top-Mandate und Kaderfunktionen an Spitälern auszuüben? Wie viel Zeit bleibt da noch, um ein schlingerndes Schiff wie den Ausserrhoder Spitalverbund in erfolgreiche Gewässer zu führen?

Das muss die Bevölkerung beunruhigen

Der Spitalverbund Ausserrhoden beschäftigt laut eigenen Angaben 1100 Mitarbeitende. Er ist ein Unternehmen von grosser wirtschaftlicher Bedeutung für die Region und stellt die Gesundheitsversorgung sicher. Seine Zukunft steht auf dem Spiel. Das muss die Politik und die Bevölkerung in der Eigenschaft als Eigentümer und Steuerzahler sehr beunruhigen.

Der Kanton hat vor 20 Jahren seine Kantonalbank an die Wand gefahren; man muss sich sorgen, dass sich diese Geschichte wiederholt.

monika.egli@appenzellerzeitung.ch