Saar-Kliniken fordern deutlich mehr Personal

Saarbrücken · Die Krankenhäuser brauchen dringend mehr Personal – sagen nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch die Klinikleitungen selbst. Mit einem Forderungskatalog wenden sich die Träger jetzt an die Landesregierung.

 In der Funktionspflege, etwa in den OP-Sälen, ist das Pflegepersonal in den vergangenen zwei Jahrzehnten aufgestockt worden. Auf den Stationen aber gibt es heute deutlich weniger Personal.

In der Funktionspflege, etwa in den OP-Sälen, ist das Pflegepersonal in den vergangenen zwei Jahrzehnten aufgestockt worden. Auf den Stationen aber gibt es heute deutlich weniger Personal.

Foto: dpa

Was der Vorstand der Saarländischen Krankenhausgesellschaft (SKG) jüngst einstimmig beschloss, kann man als Hilferuf an die Politik lesen. Die Arbeitgeber geben sich gar nicht erst die Mühe, die Arbeitsbedingungen in der Branche irgendwie schönzufärben. Die Belastungen für die Beschäftigten seien "äußerst schwierig", fasste SKG-Geschäftsführer Thomas Jakobs die Beratungen zusammen. "Die Anzahl der Pflegekräfte in den saarländischen Krankenhäusern muss im Interesse der Patientinnen und Patienten, aber auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spürbar steigen", fügte er hinzu. Die Kosten dafür müssten die Krankenkassen vollständig tragen.

Auf Bundes- und Landesebene besteht nach Ansicht der SKG dringender Handlungsbedarf, um die Finanzen der Krankenhäuser in den Griff zu bekommen. Nötigenfalls müsse die Landesregierung entsprechende Initiativen im Bundesrat einbringen.

In den saarländischen Krankenhäusern arbeiten derzeit rund 8400 Pflegekräfte. Während die Funktionspflege etwa im OP oder im Labor in den vergangenen zwei Jahrzehnten kräftig Personal hinzubekam, wurden auf den Stationen über 300 Stellen gestrichen.

Das Personal sei ständig überfordert und müsse die Patienten "wie auf dem Fließband abarbeiten", sagt der Landeschef des Sozialverbandes VdK, Armin Lang. "In so einem hektischen System haben die Patienten Angst, schlecht versorgt zu werden."

Die Krankenhausgesellschaft fordert unter anderem, in Kliniken - wie auch in der Altenpflege - angelernte Betreuungskräfte einzustellen, um die Pflege stärker von pflegefremden Tätigkeiten zu entlasten. Mehr Personal sei auch nötig, um dem drastisch gestiegenen Dokumentationsaufwand Rechnung zu tragen. Auszubildende in der Pflege sollten zudem nicht mehr auf den Personalschlüssel der Stationen angerechnet werden. Außerdem werden die Krankenkassen aufgefordert, die ihnen in Rechnung gestellten Krankenhausbehandlungen schneller zu bezahlen.

Die Gewerkschaft Verdi hat ermittelt, dass in den Saar-Kliniken mehr als 3000 Mitarbeiter fehlen. Sie will die Klinikträger zu Verhandlungen über einen Tarifvertrag auffordern, der zu deutlich mehr Personal führt. Sozialministerin Monika Bachmann (CDU ) setzt indes auf den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), der festlegt, welche Leistungen die Krankenkassen bezahlen müssen. Bachmann hält es für wünschenswert, dass dieser Ausschuss personelle Mindeststandards für Kliniken formuliert.

Aus Sicht der Krankenhäuser besteht jedoch auch Handlungsbedarf in der saarländischen Landespolitik. Hierzu muss man wissen, dass die Investitionsförderung der Kliniken - also etwa die Sanierung von Gebäuden oder die Anschaffung von Medizingeräten - Aufgabe der Bundesländer ist, während der laufende Betrieb (Personal) von den Kassen finanziert wird. Unter dem Spardruck der Schuldenbremse hatte die Landesregierung die Investitionszuschüsse vor Jahren von 35,1 auf 28,5 Millionen per anno gedrückt. Das unabhängige Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) hatte fürs Saarland einen Bedarf von 80 Millionen Euro errechnet.

"Wie für die innere Sicherheit gilt auch für die Krankenhausversorgung : Geld darf keine Rolle spielen, wenn Menschen auf eine Krankenhausbehandlung angewiesen sind", sagte die stellvertretende SKG-Vorsitzende und Chefin des Klinikums auf dem Saarbrücker Winterberg, Susann Breßlein.

Meinung:

So geht's nicht weiter

Von SZ-Redakteur Daniel Kirch

Es ist ein Jammer, was in den Krankenhäusern passiert, nicht nur im Saarland. Die Politik redet seit Jahren um den heißen Brei herum und drückt sich um eine Antwort auf die Frage, wer das zusätzliche Personal bezahlen soll. Solange der Staat zu wenig für Investitionen gibt, müssen die Kliniken das Geld dafür aus den Fallpauschalen abzweigen - genau dieses Geld fehlt dann für die Pflege. Sage niemand, es wäre kein Geld da. Das Land ist finanziell zwar am Ende, aber der Bund bunkert stur Milliarden, während Kliniken , Straßen und Schwimmbäder den Bach runtergehen. Der Bund muss die Kliniken mitfinanzieren. Er wird dann zwar auch mitreden und das eine oder andere Haus schließen wollen. Aber das wäre das kleinere Übel.

Zum Thema:

Auf einen Blick Die saarländische Landesregierung muss sich nach Ansicht der Grünen dafür einsetzen, dass sich der Bund an der Finanzierung der Krankenhäuser beteiligt. Diese teilen sich seit 1972 die Länder (Investitionen) und die Krankenkassen (laufender Betrieb). Darüber hinaus sei ein angemessener, gesetzlich vorgeschriebener Personalschlüssel nötig, teilte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Klaus Kessler , mit. "Denn wird sich an der Überlastung des Personals nichts ändern, droht auf lange Sicht eine Abwärtsspirale in der Qualität der Patientenversorgung", erklärte Kessler. Die schwarz-rote Landesregierung müsse auch die 2013 beschlossene Kürzung des Investitionskostenzuschusses zurücknehmen. red

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