Wird ein Patient in einem Spezialzentrum eines Bremer Krankenhauses behandelt, kommt er in wenigstens 50 Prozent der Fälle aus Niedersachsen. Und das hat Folgen.
Wird ein Patient in einem Spezialzentrum eines Bremer Krankenhauses behandelt, kommt er in wenigstens 50 Prozent der Fälle aus Niedersachsen. Zum Beispiel im Rheumazentrum am Rotes Kreuz Krankenhaus (RKK). „Der Anteil der niedersächsischen Patienten liegt hier bei rund 60 Prozent“, sagt RKK-Geschäftsführer Walter Klingelhöfer. Ein Einzelfall ist das nicht, sondern Realität in allen Kliniken. Auf elf Krankenhäuser kommt Bremen: Neben den vier Freien Kliniken mit dem RKK, dem Diako, dem St.-Jospeh-Stift und der Roland-Klinik sind das die vier Häuser der Gesundheit Nord (Geno) mit den Kliniken Mitte, Ost, Links der Weser (LDW) und Nord sowie zwei Ameos-Kliniken und das Klinikum Reinkenheide in Bremerhaven. Vor allem die hoch spezialisierten Kompetenzzentren ziehen seit Jahren einen wachsenden Anteil an auswärtigen Patienten in das kleinste Bundesland. Die Mehrheit von ihnen kommt aus dem niedersächsischen Umland.In den Geno-Kliniken sind das nach Angaben einer Sprecherin vor allem Kardiologie und Geburtshilfe mit der Frühgeborenen-Versorgung im LDW, die Stroke-Unit in Mitte, ein auf Schlaganfälle spezialisiertes Zentrum, und die Onkologie, in der Krebspatienten behandelt werden. „60 Prozent ist hier der Schnitt, in allen vier Häusern haben wir einen durchschnittlichen Anteil von 40 Prozent." Er liegt damit knapp über dem Schnitt, den die Gesundheitsbehörde für alle Bremer Krankenhäuser ausgerechnet hat. Jeder Dritte Patient kommt aus Niedersachsen.
Geburtshilfe-Stationen geschlossen
Das hat Folgen: Zum einen als Plus auf der Einnahmeseite der Kliniken durch die Behandlungskosten, die sie von den Krankenkassen bekommen. Allerdings müssen sie auch mehr investieren, um Bettenzahl, Ausstattung an medizinisch-technischen Geräten und Räumlichkeiten für die zusätzlichen Patienten vorhalten zu können. Das Land Bremen stellt den Kliniken jährlich rund 40 Millionen Euro an Investitionsmitteln bereit. Seit Jahren zu wenig, wie es aus den Kliniken heißt.
Ebenso lange ist eine gemeinsame Krankenhausplanung der beiden Bundesländer Thema. Bei einem Treffen am 20. Oktober zwischen den zuständigen Behörden, an dem auch Vertreter der Krankenhausgesellschaften und der Krankenkassen teilnehmen, soll es auch um eine Beteiligung Niedersachsens an den Bremer Klinikinvestitionen gehen. Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) hatte die Bremer Position bei einem Gespräch mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) Anfang September formuliert: Der Stadtstaat stehe zu seiner Funktion als Oberzentrum im Nordwesten, aber Bremen habe auch das „burden sharing“, die Lastenverteilung, im Auge, sagte Sieling.
Brisanz gewann das Thema, nachdem mehrere Geburtshilfe-Abteilungen im niedersächsischen Umland geschlossen worden waren und die Bremer Kliniken plötzlich mit Kapazitätsengpässen zu kämpfen hatten. „Da wäre es vernünftig gewesen, wenn Bremen über diese Schließungen frühzeitig informiert worden wäre“, sagt Uwe Zimmer, Geschäftsführer der Bremer Krankenhausgesellschaft. „Das muss das vorrangige Ziel einer gemeinsamen Krankenhausplanung sein. Dass sich beide Länder über den Auf- und Abbau von Kapazitäten abstimmen und teure Doppelstrukturen vermeiden.“ Das bringe Einsparungen in Millionenhöhe und steuere den tatsächlichen Bedarf.
Zimmer warnt davor, „mit dem gezogenen Schwert“ eine Beteiligung Niedersachsens an den Bremer Klinikkosten durchkämpfen zu wollen. „Das ist nicht zielführend, weil es nicht realistisch ist. Und es würde die Tür für Gespräche über eine gemeinsame inhaltliche Krankenhausplanung zuschlagen.“ Er fordert dagegen vom Senat, die Investitionen für die Bremer Kliniken „endlich“ zu erhöhen. „Die Krankenhäuser sind mit 12 000 Beschäftigten der zweitgrößte Arbeitgeber, 80 Prozent sind hochqualifizierte Beschäftigte, die entsprechend hohe Steuereinnahmen generieren. An den Kliniken hängen viele andere Betriebe, etwa als Zuliefer, das erzielt hohe regionalwirtschaftliche Effekte, die man durch Investitionen noch steigern kann“, so Zimmer.
Bei dem Gespräch am 20. Oktober soll es nach Auskunft der Behörde von Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) um beides gehen: „Es wäre wünschenswert, wenn sich Niedersachsen an Investitionen beteiligen würde“, heißt es. Aber im Fokus stehe zunächst eine gemeinsame Krankenhausplanung. Für die Geburtshilfe gebe es bereits eine gemeinsame Arbeitsgruppe, die den Bedarf im Umland und Möglichkeiten der Zusammenarbeit erarbeiten soll. Der Prozess sei in vollem Gang. „Meine Erwartung ist, dass wir den offenen und konstruktiven Dialog, der seit einem Jahr besteht, weiter festigen und zu abgestimmten Ergebnissen kommen“, so die Senatorin. Ziel sei eine regionale Planung für die medizinischen Versorgungsangebote auf beiden Seiten der Landesgrenze.