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St. Joseph-Stift sieht sich übergangen Kritik an Plänen für neue Geburtshilfe

Die geplante Aufstockung des Klinikum Mitte um eine Station für Frühgeborene und Risikoschwangere hat bei den freien Kliniken Kritik ausgelöst. So sieht sich das St. Joseph-Stift von der Senatorin übergangen.
05.10.2016, 00:00 Uhr
Lesedauer: 3 Min
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Kritik an Plänen für neue Geburtshilfe
Von Sabine Doll

Die geplante Aufstockung des Klinikum Bremen-Mitte um eine Station für Frühgeborene und Risikoschwangere hat bei den freien Kliniken heftige Kritik ausgelöst.

„Wir sind sehr irritiert darüber, dass wir von den Plänen erst aus der Zeitung erfahren haben und vorab zumindest nicht mit uns darüber gesprochen wurde“, sagt Torsten Jarchow, Geschäftsführer des Krankenhauses St. Jospeh-Stift in Schwachhausen. „Formal ist die Gesundheitssenatorin dazu nicht verpflichtet, aber es hätte doch die Form geboten, uns das Konzept zu erläutern. Immerhin kann das Auswirkungen auf die anderen Geburtskliniken in der Stadt haben.“

Jarchow befürchtet, dass mit den Plänen eine reguläre Geburtshilfe am Standort wiedereröffnet werden soll. „Es ist schwer vorstellbar, dass sich das künftige Angebot im Klinikum Mitte nur auf wenige hoch spezialisierte Fälle beschränken soll. Das wäre nicht wirtschaftlich für ein solches Zentrum.“ Bei der geplanten Größenordnung könne dies für eine reguläre Geburtshilfe wenigstens 2500 Geburten im Jahr bedeuten, so Jarchow. Und damit eine ernst zu nehmende Konkurrenzsituation für die freien Kliniken wie das St. Joseph-Stift und das Diako mit ihren Geburtshilfe-Abteilungen.

Auch der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Rainer Bensch, vermutet, dass „schleichend und durch das Hintertürchen“ wieder eine reguläre Geburtshilfe am Teilersatzneubau entstehen soll. „Es sieht nach einer schreienden Ungerechtigkeit aus, dass hier ohne Beteiligung der freigemeinnützigen Kliniken Tatsachen geschaffen werden“, wirft Bensch Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) vor.

Engpässe in den Bremer Geburtskliniken

Wie berichtet, sollen im Neubau des Klinikums Mitte 60 Betten und drei Kreißsäle vorrangig für die Versorgung extrem frühgeborener Kinder und Risikoschwangerer entstehen. Die Behörde der Gesundheits­senatorin hatte aber eingeräumt, dass Kreißsäle und Betten für die Risikoschwangeren künftig auch für die reguläre Geburtshilfe genutzt werden könnten. Nach Informationen dieser Zeitung soll die Aufstockung des Teilersatzneubaus am 18. Oktober vom Senat beschlossen werden.

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In den vergangenen Jahren hatte es in den Bremer Geburtskliniken immer wieder Engpässe gegeben. Zum einen durch einen Anstieg der Geburten, weil mehrere Abteilungen im niedersächsischen Umland geschlossen haben. Fast jede dritte Schwangere, die in Bremen entbindet, kommt aus Niedersachsen. Ein weiterer Auslöser für den Zulauf war die Schließung der Geburtshilfe im Klinikum Mitte, die 1100 Geburten jährlich zählte, vor gut fünf Jahren im Zuge des Keimskandals. Die verbliebenen Fachabteilungen in Bremen mussten diese Engpässe kompensieren.

Das sind das Klinikum Links der Weser (LDW) und Bremen-Nord, die wie das Klinikum Mitte zur Geno gehören, sowie das Diako in Gröpelingen und das St. Joseph-Stift als freie Kliniken. „Bei uns sind die Geburtenzahlen von 1500 auf knapp über 2000 im Jahr gestiegen, und das ist so geblieben. Das hat uns von jetzt auf gleich vor sehr große Herausforderungen gestellt, vor allem, weil uns die Behörde auch damals nicht frühzeitig in die Pläne zur Schließung eingebunden hat“, kritisiert Jarchow. Das St. Joseph-Stift habe die unter anderem die Zahl der Hebammen aufgestockt.

"Es gab keine Gespräche mit den freien Kliniken"

Immer wieder sei diskutiert worden, dass Bremen mehr Kreißsäle benötige. Aus der Behörde habe es aber wiederholt die Reaktion gegeben, dass kein Geld da sei, so Jarchow. „Umso erstaunter sind wir jetzt, dass gleich drei neue Kreißsäle und zwei neue Stationen am Klinikum Mitte geschaffen werden sollen und es keine Gespräche mit den freien Kliniken über günstigere Alternativen gab. Man hätte wenigstens die Frage stellen können.“

Laut einer Geno-Sprecherin im August soll eine Aufstockung am Klinikum Mitte rund 20 Millionen Euro kosten, wie die Behörde am Freitag dem WESER-KURIER mitteilte, sei die Finanzierung noch unklar. Es gebe mehrere Modelle, die noch in der Abstimmung seien. „Für diese Investition muss am Ende jemand eintreten“, betonte Jarchow.

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Der CDU-Abgeordnete Rainer Bensch ist „gespannt, wie die Pläne finanziert werden sollen. Klar ist, dass die Gesundheit Nord das nicht alleine stemmen kann.“ Aus medizinisch fachlicher Sicht sei es gut, dass in Bremen ein sogenanntes perinatales Oberzentrum für die Versorgung extrem Frühgeborener und Risikoschwangerer entstehen soll. „Aber die Frage ist, ob man damit auch die reguläre Geburtshilfe dort wiedereröffnen will und die Gesundheitssenatorin in ihrer Funktion als Aufsichtsratsvorsitzende der Geno dem kommunalen Klinikverbund hiermit Wettbewerbsvorteile verschafft“, betont der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion.

Auch die FDP-Fraktion fordert von der Gesundheitssenatorin Informationen darüber, wie die Erweiterung am Teilersatzneubau finanziert werden soll: „Wir kennen weder die Gesamtkosten, die auch die Ausstattung beinhalten, noch die geprüften Alternativen“, sagt der gesundheitspolitische Sprecher, Magnus Buhlert. Wenn damit die Kosten für den Teilersatzneubau und die Geno weiter in die Höhe getrieben würden, müsse klar sein, wie das finanziert werden solle und ob der kommunale Verbund die Mehrbelastung tragen könne. Buhlert fordert eine Erklärung der Behörde für die nächste Sitzung der Gesundheitsdeputation am 3. November.

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