Kosten für Arzneimittel : Das bedeutet das Medikamenten-Urteil für die Verbraucher
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Der Gang zur Apotheke dürfte nach dem EuGH-Urteil nicht günstiger werden. Bild: dpa
Ausländische Versandapotheken dürfen nach dem Urteil zur Medikamenten-Preisbindung auch Deutschen wieder Rabatte gewähren. Die Preise in Deutschland wird das aber kaum ändern.
Die Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente gerät durch das heute gefälltes Urteil des Europäischen Gerichtshofs ins Wanken. Das kann für viele Verbraucher schnell im Geldbeutel spürbar werden. Zu sehen ist das schon heute auf den Internet-Seiten einiger niederländischer Versandapotheken. Sie dürfen ab sofort wieder Rabatte für Kunden in Deutschland anbieten. Das war verboten, weil es eben die Preisbindung in Deutschland gibt, seit vielen Jahrzehnten schon. Daran sollten sich nach der deutschen Rechtsprechung auch ausländische Anbieter halten. Der Europäische Gerichtshof hat nun entschieden, dass die deutsche Rechtsauffassung nicht zum Nachteil für europäische Anbieter außerhalb Deutschlands wirken darf, weil sie den freien Warenverkehr unzulässig beschränke.
Jeder deutsche Verbraucher kann also nun wieder Rabatte und Boni ausländischer Versandhändler annehmen. Das ist vor allem für chronisch kranke Menschen relevant, die regelmäßig Medikamente brauchen. Während hierzulande für jedes Medikament Euro bis zehn Euro Zuzahlung fällig werden (für gesetzlich Versicherte), bekamen die Kunden ausländischer Versender diese Gebühr in Form von Boni ganz oder teilweise erstattet. Besonders gute Konditionen gibt es oft auch für Angehörige bestimmter Patientenverbände. So hatte eine Vereinigung von Parkinson-Kranken Boni bei einer niederländischen Apotheke ausgehandelt, die zu dem jetzt ergangenen EuGH-Urteil führten.
Werden unter diesem Konkurrenz-Druck durch ausländische Versandapotheken nun alle Medikamente für alle Verbraucher billiger? Wohl kaum, schon gar nicht kurzfristig. Denn die Preisbindung für deutsche Unternehmen gilt weiter. Die Versandhändler, die es ja auch hierzulande gibt, dürfen weiterhin keine Boni anbieten. Sie könnten jetzt wiederum den Rechtsweg beschreiten und wegen Inländer-Diskriminierung klagen.
Theoretisch ist die Preisbindung noch zu retten
Bis in dieser Sache ein Urteil fiele, würde es einige Zeit dauern. Gut möglich, dass bis dahin einige deutsche Versandhändler das Preisgefälle zu ausländischen Versendern wirtschaftlich nicht überstehen würden. Auch die Apotheker werden stärker als zuletzt unter Druck geraten. Das Urteil übersehe den Versorgungsauftrag, den die Apotheker erfüllten, heißt es daher in der Branche.
Theoretisch könnte man die Preisbindung indirekt noch retten, indem Deutschland den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimittel komplett untersagt (am Versandhandel mit rezeptfreien Medikamenten wird ohnehin nicht mehr gerüttelt). Das wird beispielsweise von den Apothekerverbänden gefordert. In der Branche gibt es allerdings Zweifel, ob sich ausgerechnet vor der Bundestagswahl ein solches Vorhaben realisieren lässt.
Verfechter der Preisbindung verweisen darauf, dass die bisherige Regelung zum Schutz der Verbraucher getroffen wurde. Zudem wird erwartet, dass ein größerer Wettbewerb innerhalb Europas nicht in allen Fällen zu sinkenden Preisen führen könnte. So könnte beispielsweise ein Angebots-Engpass dazu genutzt werden, die Preise deutlich zu erhöhen – beispielsweise weil bestimmte Schutzimpfungen gerade stark nachgefragt sind, aber nur zwei oder drei Anbieter am Markt sind. Solche Preiserhöhungen waren bisher wegen der Preisverordnung nicht möglich.