Das Projekt war falsch angelegt und zum Scheitern verurteilt. Das Klinikum kann die wesentliche Zusage, permanent eine Handvoll Operateure, Anästhesisten und Krankenpfleger vor Ort zu haben, seit dem ersten Tag nicht einhalten, sagt StZ-Redakteur Jörg Nauke.

Stuttgart - Hoch bezahlte Spürnasen und der nun unmittelbar für das Defizit beim Klinikum zuständige Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) haben die Mitglieder des Krankenhausausschusses mit Details des Debakels mit der Behandlung libyscher Kriegsopfer glänzend unterhalten. Es gab einiges zu Staunen beim Blick in den Abgrund, auch wenn Vieles schon bekannt war. Dass die Internationale Abteilung (IU) nicht in der Lage war, eine Excel-Tabelle mit 370 Patienten zu führen und erst vom Dienstleister mit Hauptschulabschluss erfuhr, dass sie mit 6,8 Millionen Euro in den Miesen waren, ist zumindest StZ-Lesern längst bekannt.

 

Ebenso, dass der ehemalige Geschäftsführer Ralf-Michael Schmitz seinen Abteilungsleiter Andreas Braun zum alleinigen Herrscher gemacht und von jeglicher Buchhaltungpflicht befreit hat. In seiner Not hat er erst den Vermittler Nabel Abu-Rikab um Vertragsunterlagen angebettelt und ihn danach mit Vorwürfen überzogen und ihm Mitverantwortung unterstellt. Die Prüfer scheinen das mittlerweile erkannt zu haben. Dagegen muss wohl Braun mit Besuch der Staatsanwaltschaft rechnen. Schmitz drohen finanzielle Sanktionen.

Unfassbare Fehleinschätzungen

Es stellt sich freilich die Frage, ob mit den beiden schon alle Verantwortlichen identifiziert sind. Wohin hatten in all den Jahren die hoch bezahlten Controller geschaut? Noch war keine Rede davon, dass die horrenden Abrechnungen der Chefärzte für die Behandlung der Kriegsopfer auf Plausibilität geprüft worden wären. Aber das kann sich ändern. Es steht schließlich auch der Verdacht im Raum, dass nicht die libyschen Vertragspartner das Klinikum geschädigt hätten, sondern umgekehrt.

So wie beim Deal mit Kuwait, der auch geprägt ist von unfassbaren Fehleinschätzungen. Hier versucht die Stadt, die Verantwortung abzuwälzen. Natürlich kann man sich über Beraterhonorare echauffieren. Dann müsste man aber auch erklären, warum man überhaupt in einem arabischen Land agieren wollte, wenn man die Gepflogenheit ablehnt, für Türöffner in den Ämtern teuer zu bezahlen.

Das Projekt war falsch angelegt und zum Scheitern verurteilt. Das Klinikum kann die wesentliche Zusage, permanent eine Handvoll Operateure, Anästhesisten und Krankenpfleger vor Ort zu haben, seit dem ersten Tag nicht einhalten. Gott sei Dank nicht, andernfalls müsste man die Klinikleitung fragen, warum ihre OP-Teams eher von den Gerüsten gestürzte pakistanische Hilfsarbeiter und reiche Kuwaiter behandeln sollten als Kassenpatienten im Katharinenhospital? Richtig ist, die Behandlung solventer Ausländer in Stuttgart fortzusetzen. Das spült Geld in die Kassen, auch in jene von Läden und Hotels. Fraglich ist, woher diese kommen sollen. Von der Arabischen Halbinsel jedenfalls nicht. Dort steht Stuttgart auf der schwarzen Liste.