Schlieren
Kostendruck im Spital Limmattal: «Die Luft wird dünner, das spüren wir»

Direktor Thomas Brack erklärt, wie das Spital Limmattal mit dem steigenden Kostendruck umgeht.

Bettina Hamilton-Irvine
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Spitaldirektor Thomas Brack: «Es braucht Vertrauen in das neue System.»

Spitaldirektor Thomas Brack: «Es braucht Vertrauen in das neue System.»

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Herr Brack, der Verband Zürcher Krankenhäuser und die Krankenversicherer haben sich nach zähen Verhandlungen auf einen Basisfallpreis von 9650 Franken für Spitäler mit Notfallstation geeinigt. Was bedeutet dies für das Spital Limmattal?

Thomas Brack: Der jetzt festgelegte Basisfallpreis bedeutet für das Spital Limmattal etwa 1,2 Millionen Franken weniger Einnahmen als wir mit dem Benchmarkpreis von 9772 Franken gehabt hätten, den die Zürcher Gesundheitsdirektion im Juli 2015 veröffentlicht hat. Wir haben aber vorausschauend budgetiert und können mit den 9650 Franken wirtschaften. Zudem leisten wir einen Beitrag an tiefere Kosten im Gesundheitswesen und für den Kanton.

Im Jahr 2014 hatte der Regierungsrat – nachdem sich die Spitäler und Krankenversicherer nicht einigen konnten – einen Tarif festgelegt. Sind Sie froh, dass es diesmal nicht so weit kam?

Hätte der Kanton den Preis festgelegt, so hätten sehr wahrscheinlich sowohl die Krankenkassen wie auch der Verband Zürcher Krankenhäuser gegen den Entscheid rekurriert, was zu mehrjähriger Unsicherheit geführt hätte. Insofern ist die jetzige Lösung gut, weil sie für die nächsten drei Jahre Planungssicherheit gibt. Der verhandelte Tarif gibt dem Spital Limmattal zwar nicht mehr Luft, aber wir brauchen auch noch keinen zusätzlichen Sauerstoff.

Fallpauschalen: Die Spitäler wollten mehr

Am Freitag haben sich die Zürcher Spitäler und die Krankenkassen darauf geeinigt, dass die Fallpauschale für die nächsten drei Jahre auf 9650 Franken für Spitäler mit Notfallstation und 9450 Franken für solche ohne Notfallstation festgesetzt werden. Die Spitäler hatten ursprünglich eine Fallpauschale von 10 034 Franken gefordert, was dem gesamtschweizerischen Benchmark für qualitativ und wirtschaftlich gut arbeitende Spitäler entsprochen hätte. Gemäss der Gesundheitsdirektion werden, wenn der Regierungsrat die Fallpauschale festsetzt, die prognostizierten Aufwände für die Jahre 2017 bis 2019 um 20 bis 50 Millionen Franken pro Jahr sinken. (AZ)

Das Spital Limmattal ist mit durchschnittlichen Fallkosten von 9419 Franken das drittgünstigste Spital im Kanton und kann mit dem neuen Basisfallpreis noch etwas Ertragsüberschuss erwirtschaften. Die Gesundheitskosten steigen aber jedes Jahr. Wie schätzen Sie die Kostenentwicklung in Ihrem Spital ein?

Wenn wir Kosten einsparen müssen, hat das primär eine Auswirkung auf die Marge, die wir erwirtschaften können. Hier erhalten die Spitäler unternehmerische Handlungsfreiheit. Wie sich die Kosten entwickeln, ist schwer abschätzbar, wie auch die gesamte Konjunktur und deren Einfluss auf das Gesundheitswesen schwer einschätzbar sind. Wir gehen jedoch davon aus, dass sich die Kosten stabilisieren, denn das System wird reifer. Wir haben unsere Erfahrungen gesammelt.

Der Kanton will bei den Spitälern jährlich 228 Millionen sparen. Mit dem neuen Spitaltarif spart er 20 bis 50 Millionen, im Frühling will er weitere Sparmassnahmen bekannt geben. Worauf machen Sie sich gefasst?

Ein Blick in die Glaskugel ist schwierig. Bereits absehbar ist, dass es ein Projekt bezüglich der Mindestfallzahlen geben wird. Doch es ist Vorsicht geboten. Wenn sich gewisse Leistungsangebote auf Zentren konzentrieren, die höhere Basispreise ausgehandelt haben, wird das System teurer und nicht billiger. Dies wäre eine Fehlentwicklung. Man muss aber grundsätzlich festhalten, dass der Kanton aufgrund der Gesetzgebung auf Bundesebene das Kostenwachstum selber nur beschränkt beeinflussen kann. Im Fall vom Spital Limmattal kann beispielsweise nicht angeordnet werden, dass wir die Löhne senken müssen – dazu gibt es keine Rechtsgrundlage. Aber der Kanton kann gewisse Rahmenbedingungen setzen, die allenfalls zu Kostensenkungen führen können.

Was heisst das für die Spitäler?

Die Entwicklung der letzten Jahre hat viele Spitäler im Kanton an die Schmerzgrenze gebracht. Man muss sich bewusst sein, dass weitere Kostensenkungen mit einem Abbau von Leistungen verbunden wären.

Funktioniert denn aus Ihrer Sicht das neue System?

Das gegenwärtige System besteht nun seit fünf Jahren und fängt jetzt langsam an, zu wirken. Es braucht Vertrauen und noch etwas Geduld, dass es sich in die richtige Richtung entwickelt. Neue Massnahmen zu ergreifen, bevor die Auswirkungen des letzten Systemwechsels umfassend sichtbar werden, wären nicht zielführend. Der Geschäftsleiter des Verbands Zürcher Krankenhäuser sagt, mit dem aktuellen Tarif sei für die Spitäler das Maximum ausgereizt, die Luft werde dünn.

Wie sehr spüren Sie den Druck?

Die Luft wird dünner und der Druck ist gross, das spüren wir natürlich auch. Das «Limmi» hat es bisher aber immer geschafft, sehr kosteneffizient zu arbeiten und hat gezeigt, dass es gut mit diesem Druck umgehen kann.

Wie schafft es das «Limmi», so effizient zu arbeiten?

Die Schlüssel zu unserem Erfolg sind die hochengagierten Mitarbeitenden, eine gesunde Portion Pragmatismus, schlanke Abläufe und Strukturen, keine Überregulierung innerhalb des Spitals sowie das abgerundete Angebot. Effiziente Strukturen im Zweckverband und die Zusammenarbeit mit dem Pflegezentrum bieten Synergien, die beiden Seiten zugutekommen.

Welches sind für das «Limmi» aktuell die grössten Herausforderungen?

Eine grosse Herausforderung ist sicher die Doppelbelastung des Neubaus mit dem gleichzeitig laufenden Spitalbetrieb. Deshalb braucht es eine hohe Effizienz, ohne die Organisation überzubelasten. Aber auch die wachsende Regulierung fordert uns heraus. Es stellt sich die Frage, ob all diese Regulierungen wirklich nötig sind und tatsächlich einen Vorteil bringen.