Dachauer Straße:Städtischer Blutspendedienst wird verkauft

Dachauer Straße: Ein Schild weist auf die geschlossene Anlaufstelle in der Dachauer Straße hin. Eine Ausweichmöglichkeit wird dort nicht genannt.

Ein Schild weist auf die geschlossene Anlaufstelle in der Dachauer Straße hin. Eine Ausweichmöglichkeit wird dort nicht genannt.

(Foto: Robert Haas)
  • Der städtische Blutspendedienst in der Dachauer Straße wird an das Bayerische Rote Kreuz (BRK) verkauft.
  • Das BRK bietet wechselnde Termine an verschiedenen Orten zum Blutspenden an.
  • In München gibt es aber noch weitere Anlaufstellen.

Von Dominik Hutter

Der städtische Blutspendedienst ist Geschichte. Das Bundeskartellamt hat den Verkauf der chronisch defizitären Abteilung des Stadtklinikums an das Bayerische Rote Kreuz (BRK) gebilligt. Der Übergang erfolgt am 1. April, allerdings sind die bisherigen Räume im Gesundheitshaus an der Dachauer Straße bereits seit 17. März ersatzlos geschlossen.

Die gut 100 Mitarbeiter erhalten eine Beschäftigungsgarantie. Nach SZ-Informationen haben jedoch 70 der Übernahme widersprochen, weil das bayernweit tätige BRK keinen festen Einsatz am Standort München zusagen konnte. Da es beim Klinikum möglichst keine betriebsbedingten Kündigungen geben soll, will Stadtkämmerer Ernst Wolowicz dem Stadtrat am 20. April die Details für die Gründung einer Qualifizierungseinheit vorschlagen, die Mitarbeiter in andere kommunale Jobs vermitteln soll.

Für die "Stammkunden", die oft schon seit vielen Jahren Vollblut, Blutplasma oder Thrombozyten abgeben, bedeutet der Rückzug des Klinikums aus dem Blutspendegeschäft eine erhebliche Umstellung. Schon in den vergangenen Tagen standen zahlreiche Spendenwillige ratlos und teilweise auch verärgert vor den verschlossenen Türen an der Dachauer Straße, an denen große Plakate von der Schließung kündeten - aus wettbewerbsrechtlichen Gründen ohne Nennung konkurrierender Angebote. Das sei "nicht gut gelaufen", findet Grünen-Stadträtin Anna Hanusch, die im Gesundheitsausschuss sitzt. Eigentlich sei ein möglichst gleitender Übergang Ziel des Stadtrats gewesen.

Aus des städtischen Blutspendedienstes

Allerdings war es schon seit Monaten bekannt, dass der Blutspendedienst aus der Dachauer Straße ausziehen muss. Spätestens bis Ende Juni, dann wird das Bürohaus abgerissen. Die einst dort untergebrachten Dienststellen des Gesundheitsreferats, die Impfberatung etwa, der Infektionsschutz und die Amtsärzte, sind bereits im November in die Schwanthalerstraße 69 umgezogen. In den verbleibenden Wochen bis Ende Juni werden beim Blutspendedienst letzte Laborauswertungen durchgeführt und die Geräte abgebaut.

438 Blutspenden

hat die zuständige Abteilung des städtischen Klinikums im Durchschnitt pro Tag gesammelt - 160 000 im Jahr. Die Spender kamen in die Zentrale an der Dachauer Straße oder nahmen an den rund 1000 Aktionen mobiler Teams in den umliegenden Landkreisen teil. Für den Blutspendedienst, der am 1. April vom Bayerischen Roten Kreuz übernommen wird, arbeiten gut 100 Leute, darunter Fachärzte, Krankenpfleger, Laborassistenten und Verwaltungskräfte.

Faktisch bedeutet die Übernahme das Aus des städtischen Blutspendedienstes. Zwar hat das BRK bereits sein Angebot aufgestockt und Spendetermine des einstigen Konkurrenten übernommen, um die Blutversorgung weiterhin sicherstellen zu können. Der neue Eigentümer, der jetzt schon 80 Prozent der bayerischen Blutspenden organisiert, verfolgt jedoch eine andere Strategie als das Stadtklinikum. Und will sie auch beibehalten, erklärt BRK-Sprecherin Stefanie Sklarzik.

Beim BRK gibt es keine feste Anlaufstelle mit fixen Öffnungszeiten wie einst im Gesundheitshaus Dachauer Straße. Sondern mobile Teams, die jeweils für mehrere Stunden an unterschiedlichen Adressen in ganz Bayern bereitstehen. Wo genau, können Spender im Internet abfragen. Der nächste dort verzeichnete Münchner Termin ist allerdings erst am 22. April in einer Truderinger Grundschule. Zeitnahe Angebote gibt es nächste Woche in Benediktbeuern, Weilheim und Geltendorf.

In München gibt es noch andere Möglichkeiten

Lediglich Thrombozytenspender können nach vorheriger Anmeldung in der Herzog-Heinrich-Straße vorsprechen. Im Gesundheitshaus konnte man noch jeden Werktag vorbeikommen. Zudem gab es mobile Teams für die Landkreise, die ebenfalls nicht mehr ausrücken. In München stehen allerdings noch andere Möglichkeiten zur Verfügung: im Klinikum Großhadern oder beim BRK-Konkurrenten Haema in der Dachauer Straße, nur wenige Schritte vom alten Gesundheitshaus entfernt.

Dass der städtische Blutspendedienst nicht eins zu eins fortgeführt wird, dürfte dem Großteil des Stadtrats bereits beim Verkaufsbeschluss im Dezember klar gewesen sein. Denn die Abteilung war stark defizitär, zwischen 700 000 und knapp zwei Millionen Euro pro Jahr. Schuld daran waren laut der fürs Klinikum zuständigen Kämmerei vor allem hohe Personalkosten und sinkende Einnahmen, weil der Blutbedarf der Krankenhäuser sinkt. Hinzugekommen wären Kosten von etwa zehn bis 15 Millionen Euro für den unvermeidbaren Umzug in neue Räume. Für einen Blutspendedienst gelten verschärfte hygienische Anforderungen, die technische Ausstattung ist hochkomplex.

Der Andrang potenzieller Käufer hielt sich daher in Grenzen, als das Klinikum den Dienst auf den Markt warf. Die jetzige fünfjährige Beschäftigungsgarantie, die Klinik-Chef Axel Fischer wie auch dem Stadtrat sehr wichtig ist, kam erst zustande, als der Deal kräftig aufgemotzt wurde: Wer den Blutspendedienst kauft und die Mitarbeiter übernimmt, darf bis zu vier Jahre lang den Blutbedarf des städtischen Klinikums decken. Ein Millionengeschäft, das "wertmäßig den Hauptgegenstand des gesamten Vertrags" darstellt, wie Kämmerer Wolowicz schon vor Monaten eingeräumt hat.

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