Das Spital Uster hat Grosses vor

Eine kommunale und eine regionale Volksabstimmung sind nötig für die geplante Erweiterung samt einer neuen Reha-Klinik. Die grössere Hürde wartet im November.

Stefan Hotz
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Politischer Rückhalt für den geplanten 350-Millionen-Franken-Bau. (Bild: Adrian Baer / NZZ)

Politischer Rückhalt für den geplanten 350-Millionen-Franken-Bau. (Bild: Adrian Baer / NZZ)

Ein öffentlicher Bau mit Kosten von 350 Millionen Franken in einer Stadt mit 34 000 Einwohnern: Das gibt es nicht alle Tage. Das Spital Uster hat Grosses vor. Nicht nur wird die Akutabteilung modernisiert und um 70 auf 270 Betten aufgestockt. Auf dem Areal soll eine neue Rehabilitationsklinik mit 200 Plätzen entstehen, die das Spital an die Stiftung Zürcher Reha-Zentren (ehemals Höhenkliniken) vermieten will. Der Start misslang zwar. Nicht nur, aber auch mit Blick auf den Ausbau wollte das Spital sich in eine AG umwandeln. Doch drei Gemeinden, darunter Uster, lehnten vor einem Jahr die Auflösung des Zweckverbandes ab. Damit bleibt die Trägerschaft unverändert.

Grösster Arbeitgeber in Uster

Das Bauvorhaben aber ist auf Kurs. Kürzlich hat das Stadtparlament ohne Gegenstimme den dafür nötigen Gestaltungsplan angenommen. Er wird dem Volk am 5. Juni freiwillig vorgelegt. In der Debatte blieb das Vorhaben im Grundsatz unbestritten und wurde sogar als «grosser Wurf» gewürdigt. Das Spital ist mit heute 1200 Angestellten der grösste Arbeitgeber im Ort, und es wird, wenn der gut 30 Meter hohe Neubau einmal steht, das Gesicht der Stadt prägen. Zu reden gaben vielmehr Verkehrs- und Energiefragen. Eine Reduktion der geplanten 450 Parkplätze auf 350 wurde abgelehnt. In letzter Minute einigte man sich darauf, das Spital an einen Wärmeverbund anzuschliessen. Den Kompromiss brachte etwas überraschend die SVP ein: Kernstück ist eine Holzschnitzelfeuerung, deren Rohstoff aus den Ustermer Wäldern kommen wird.

Die Abstimmung im Juni ist kaum gefährdet, doch es bleiben Hürden. So macht eine Gruppe Anwohner den Spitalverantwortlichen das Leben mit Beschwerden schwer. Selbst das Protokoll der Delegiertenversammlung wurde – allerdings erfolglos – angefochten. Der zentrale Punkt der Kritiker, dass das Spital gar keine Reha-Klinik erstellen dürfe, scheint ins Leere zu laufen. In den Statuten des Zweckverbandes ist es wohl als Schwerpunktspital definiert, das der spitalmedizinischen Grundversorgung dient. Gleichzeitig ist dort aber explizit festgehalten, dass es zur Nutzung von Synergien oder zur Bildung medizinischer Versorgungsketten auch mit Dritten kooperieren kann. Zwar beschafft sich das Spital die Mittel für die Erweiterung selber am Geldmarkt. Die elf beteiligten Gemeinden müssen das Finanzierungskonzept aber genehmigen. Dafür reicht eine Mehrheit der Stimmenden; das Ja sämtlicher Gemeinden wie zur Auflösung des Zweckverbandes ist nicht mehr nötig.

Für die Spitalleitung in der Person von Zweckverbandspräsident Reinhard Giger und Spitaldirektor Andreas Mühlemann ist der Ausbau zwingend. Der steigende Bedarf sei in den bestehenden Strukturen nicht zu bewältigen. «Die Region Uster ist eher unterversorgt, wir haben Nachholbedarf», sagt Mühlemann. Im Winter, wenn die Einweisungen steigen, habe man schon Patienten abweisen müssen. Deshalb möchte das Spital im Herbst ein Bettenprovisorium in Betrieb nehmen, das derzeit ebenfalls mit einem Rekurs bekämpft wird. Das Spital Wetzikon, das seine ursprünglichen Pläne reduziert hat (NZZ 2. 3. 16), sei in einer anderen Situation, sagt Giger. Es schöpfe sein Marktpotenzial aus, während das Einzugsgebiet für Uster Richtung Zürich offen sei. Das Spital Uster rechnet bis 2030 mit deutlich steigenden Patientenzahlen (siehe Grafik). Die tendenziell sinkende Aufenthaltsdauer wird dabei vom erwarteten starken Bevölkerungswachstum im Glatttal und von der zunehmenden Alterung mehr als kompensiert.

Die Pläne für eine Reha-Klinik werden medizinisch damit begründet, dass der Übergang vom Akutspital zur Rehabilitation immer fliessender wird. Es besteht ein Bedarf an spital- und zentrumsnahen Reha-Plätzen. «Nicht jeder muss dafür in die Berge», sagt Giger. Gleichwohl soll die Höhenklinik in Wald nicht geschlossen, sondern für spezifische Bedürfnisse weitergeführt werden. Heute finden nur 3 von 10 Zürcher Reha-Patienten einen Platz im Kanton Zürich.

Kein Freipass

Gleichwohl werden die Spitalverantwortlichen für die zweite, schwierigere Abstimmung im Zweckverband noch Überzeugungsarbeit leisten müssen. Angesichts des angekündigten kantonalen Sparprogramms fällt es nicht leicht zu erklären, weshalb Uster ein derart umfangreiches Ausbauprojekt braucht. Auch parteipolitisch ist die Ausgangslage für November nicht so eindeutig wie im Juni. Die SP, die mit den Gewerkschaften 2015 massgeblich das Nein zur Umwandlung in eine AG herbeigeführt hat, verlangt Transparenz; ihr Ja zum Gestaltungsplan sei kein Freipass.