Das Reha-Geschäft, in dem sie mitmischt, ist dazu noch hart umkämpft, und private Kliniken fahren kräftige Gewinne ein. Die Reflexe dort sind ähnlich wie bei Schwimmbädern, wo sich private und kommunale Betreiber gegenseitig die Gäste abgraben. Haben die einen mehr, schreien die anderen wechselweise nach mehr Förderung oder nach mehr Privatisierung. Je nach Lage der Dinge ist mehr oder weniger Staat gefragt.
Tatsächlich ist es nicht Sache eines Rentenversicherungsträgers, für Arbeitsplätze und Aufschwung in einer Region zu sorgen. Das ist Sache der Politik. Sie hat Mittel genug. Und die muss sich jetzt fragen lassen, ob sie es ernst meint mit gleichen Lebensbedingungen überall im Freistaat. Wie sie sich einbringt, wenn im Fichtelgebirge Geschäftsleute um ihre Existenz kämpfen, während in Bayreuth eine mittelprächtig laufende Therme durch die Nachbarschaft einer neuen Rehaklinik vor einem ungeahnten Aufschwung steht.
Bisher reagierte die Politik in Reflexen – und hilflos. Obwohl die klare Ansage vom Bundesrechnungshof kam, dass die DRV zu viele Betten im Angebot hat, sandte der Landtag trotzig das Signal: Wir wollen beide Kliniken behalten. Nach dem Motto „Geht nicht, gibt’s nicht“, verlangten sie das Unmögliche. Und wenn es nicht klappt, wird eben der DRV (die macht, was sie will) oder dem Bundesrechnungshof (der bevorzugt private Kliniken) die Schuld in die Schuhe geschoben.
Und noch ein gewohnter Reflex: Wenn der Wunsch nicht in Erfüllung geht, war es eben die Zeitung, die das Elend herbeigeschrieben hat. Mit manipulativen Artikeln . Als ob eine Zeitung die Macht und den Einfluss – oder gar den Wunsch – hätte, mal eben mit einem einzigen Text eine Klinik zu schließen. Fehlt eigentlich nur noch die Vermutung, dass der Autor des Artikels dafür Geld bekommen hat.
Es ist an der Zeit, das Ganze nüchterner zu sehen. Tatsächlich hat die Rentenversicherung ein kleines Kunststück fertiggebracht. Trotz der richterlichen Ermahnung, 400 Betten zu viel vorzuhalten, baut sie eine neue Klinik, mit der sie die Zahl nur um läppische 110 Betten reduziert. Das kann man mutig nennen, das kann man aber auch eine Frechheit nennen. Eine Frechheit, die siegen könnte: Denn so sind wenigstens Arbeits- und Rehaplätze in der Region gesichert. Hätte die DRV den Forderungen des Bundesrechnungshofes 1:1 entsprochen, sie hätte die Klinik in Bayreuth schließen müssen, die in Bischofsgrün hätte ein paar Jährchen eine Chance gehabt. Ob sie dann noch zu halten gewesen wäre? Eher nein.
Wer reflexhaft auf der Suche nach einem Skandal ist, bitteschön: Nach welchen Zahlen die DRV entschieden hat, lief alles unter dem Radar der Öffentlichkeit. Ein Bayreuther Unternehmen für ein Gutachten zur Höhenklinik zu engagieren, ist in hohem Maße ungeschickt und macht angreifbar. Zu Recht muss sich die DRV fragen lassen, ob die Objektivität gewahrt blieb. Auch dass sie die Akten nicht wenigstens so weit freigibt, dass sich die Entscheidungsfindung nachvollziehen lässt, ist fragwürdig. Der beste Weg, Unangenehmes nachvollziehbar zu machen, ist Transparenz. Die DRV hat stattdessen aus einem alten Reflex die Geheimniskrämerei gewählt. Selbst schuld, wenn sie jetzt doppelt in der Kritik steht.
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otto.lapp@ nordbayerischer-kurier.de