Schorndorf

Klinik-Chef kritisiert Vorschlag der Chefärzte als "unüblich und unfair"

1/13
2015Luftbild_1148_0
Die Zukunft der Schorndorfer Klinik ist ungewiss. © Mathias Ellwanger
2/13
Vorstellung der neuen
Ralf Rauch, Ärztlicher Direktor, Kinder-und Jugendmedizin. © ZVW
3/13
Vorstellung der neuen
Hans-Joachim Strittmatter, Gynäkologie und Geburtshilfe. © ZVW
4/13
Dr. med. Christophe Müller. In der Allgemein- und Viszeralchirurgie (Bauchchirurgie)
Christophe Müller, Allgemein- und Viszeralchirurgie © ZVW
5/13
Dr. Heiner Lange  Leitender Oberarzt
Heiner Lange,kommissarischer Leiter Anästhesie. © ZVW
6/13
Internationale Auszeichnung für die Krebsmedizin am Rems-Murr-Klinikum Winnenden
Markus Schaich, Hämatologie, Onkologie, Palliativmedizin. © ZVW
7/13
Dr. med. Hans Leistert
Markus Leistert, Gastroenterologie, Innere Medizin, Geriatrie. © ZVW
8/13
5dbb87d7-1dd5-465f-9b29-7ce611abc3a2.jpg_7
Christoph Riepl, Unfallchirurgie. © ZVW
9/13
urologen
Stefan Strepp, Urologie. © ZVW
10/13
strokeuni
Ludwig Niehaus, Neurologie. © ZVW
11/13
Waidelich
Hans-Albrecht Waidelich, Radiologie. © ZVW
12/13
Telefonaktion Schlaganfall
Andreas Jeron, Kardiologie. © ZVW
13/13
heinz georg Edmunds
Hans-Georg Edmunds, Gefäßchirurgie. © ZVW

Winnenden/Schorndorf. Als „unüblich und gegenüber den chefärztlichen Kollegen in Schorndorf nicht fair“, bezeichnet Dr. Marc Nickel, Geschäftsführer der Rems-Murr-Kliniken, das Positionspapier der zwölf Winnender Chefärzte. Sie sehen für die Schorndorfer Klinik vor dem Hintergrund des hohen Sanierungsbedarfes keine Zukunft.

Marc Nickel ist vor einem Jahr als Sanierer ins Haus geholt worden. Die Rems-Murr-Kliniken mit den beiden Häusern in Winnenden und Schorndorf schreiben noch auf Jahre rote Zahlen. Dieser Tage wurde bekannt, dass in die Schorndorfer Klinik bis zu 100 Millionen Euro investiert werden müssen. Für Marc Nickel, den promovierten Arzt und Betriebswirt, stellen die Chefärzte den Schlüssel zum Erfolg der Kliniken dar. Deren medizinische Angebote bringen letztlich Patienten und damit Umsatz. Zusammen mit den Chefärzten sollte eine Medizinstrategie entwickelt werden, die Mitte März den Schorndorfer und Winnender Ärzten präsentiert wurde.

Doch statt zu einem Konsens kommt es nun zum Streit. Wie berichtet, haben zwölf Chefärzte aus Winnenden am Donnerstag, 7. April, Landrat Richard Sigel informiert, dass sie Nickels Entwurf für ein medizinisches Konzept nicht mittragen können und ihrerseits ein Positionspapier vorgelegt. Dieses solle Sigel als Beitrag zur Debatte und nicht als Grätsche von hinten verstehen. Auch stelle es kein Misstrauensvotum gegen Nickel dar. Er solle ausdrücklich nicht beschädigt werden, seine Arbeit werde geschätzt.

Für den Landrat war der Zeitpunkt ausgesprochen unangenehm. Zum einen war an diesem Tag bekanntgeworden, dass der Sanierungsbedarf des Schorndorfer Krankenhauses, das in Nickels Konzept eine zentrale Rolle spielt, weitaus höher ist als bisher angenommen. Zum anderen hatte er die Kreisräte auf Freitag zu einer Klausurtagung eingeladen, bei der dieses medizinische Konzept vorgestellt werden sollte. Das Positionspapier aus Winnenden warf die Tagesordnung freilich über den Haufen. Es gab nichts mehr vorzustellen.

Das Positionspapier bringt den Zeitplan durcheinander

Nicht nur Sigel war über den Zeitpunkt nicht besonders begeistert. Auch Marc Nickel, der über Ostern zwei Wochen in Urlaub war, zeigt sich in einer Stellungnahme zu den „zu dem in die Öffentlichkeit gelangten Brief der Winnender Chefärzte“ wenig angetan. „Wir haben in den Rems-Murr-Kliniken seit Februar 2016 mehrere Workshops mit den einzelnen Fachabteilungen durchgeführt, um gemeinsam mit den Chefärzten beider Standorte eine Medizinstrategie zu entwickeln, mit dem Ziel, einen breiten internen Konsens herzustellen“, heißt es in Nickels Stellungnahme am Samstag. „Mir ist es wichtig, dass Bedenken und kontroverse Meinungen im Rahmen dieses Arbeitsprozesses geäußert werden. Der Gesellschafter und die Geschäftsführung haben deswegen in unseren Treffen mit den Chefärzten ausdrücklich dazu aufgefordert, mögliche Bedenken vorher zu äußern. Die Art und Weise, wie sich die Chefärzte des Winnender Klinikums jetzt zu möglichen Zukunftsszenarien geäußert haben, ist daher unüblich und gegenüber den chefärztlichen Kollegen in Schorndorf nicht fair. Selbstverständlich werden wir die geäußerten Meinungen in den internen Arbeitsprozess aufnehmen. Unser Ziel ist es, dem Aufsichtsrat und dem Kreistag im Herbst eine abgeschlossene Medizinstrategie vorzustellen.“

„Die Kompetenzen am Standort Winnenden werden verwässert“

Der Entwurf für ein medizinisches Konzept sieht eine enge Zusammenarbeit des Klinikums in Winnenden und der Schorndorfer Klinik vor. Laut Positionspapier der Winnender Chefärzte laufe diese Strategie darauf hinaus, möglichst viele der in Winnenden abgebildeten Abteilungen durch einzelne abgesandte Ärzte auch in Schorndorf zu vertreten. „Dies halten wir nicht für zukunftsträchtig, da hierdurch einerseits die Kompetenzen am Standort Winnenden verwässert und eine Verminderung der Leistungskraft eine Folge sein wird.“ Befürchtet werden Doppelstrukturen und eine damit einhergehende „Kannibalisierung“ der Standorte. Trotz des hohen Personaleinsatzes könne keine wirkliche Gleichwertigkeit am Standort erreicht werden.

Die Chefärzte machen sich auch Überlegungen zu den Patienten. Sollte Schorndorf zu einem kleinen Grund- und Regelversorger schrumpfen, so böte sich Patienten aus dem Raum Schorndorf das zentrale Klinikum mit seiner medizinischen Kompetenz in Winnenden als Alternative dar. Die meisten Patientenverluste für die Rems-Murr-Kliniken gebe es im Raum Fellbach. „Hier wäre der Abstrom nach Stuttgart eher durch eine weitere Aufwertung von Winnenden aufzuhalten.“

Aus Sicht der Chefärzte spricht auch der absehbare Pflegemangel gegen eine teure Sanierung von Schorndorf. „Bereits heute wird das Wachstum in Winnenden durch Mangel an qualifiziertem Personal gehemmt“, heißt es in dem Positionspapier. Statt sich zu verzetteln, lohne es sich, die Pflegekräfte zur besseren Versorgung der Patienten in den spezialisierten Abteilungen in Winnenden zu konzentrieren. „Wer über Strategie spricht und Wachstum fordert, muss an die Akquise von Pflegepersonal denken! So entsteht Patientensicherheit und Wirtschaftlichkeit in einem.“

Die Rems-Murr-Kliniken

Die Rems-Murr-Kliniken rechnen 2015 mit einem Defizit von rund zehn Millionen Euro. 2014, im Jahr des Bezugs des Neubaus in Winnenden, betrug der Verlust rund 26 Millionen Euro. Nachdem diese Zahl bekanntgeworden war, musste Geschäftsführer Jürgen Winter gehen und wurde durch Dr. Marc Nickel ersetzt.

Das Klinikum in Winnenden hat über Jahre für Streit im Rems-Murr-Kreis gesorgt, da für den Neubau die Krankenhäuser in Waiblingen und Backnang geschlossen werden mussten. Die mit dem Neubau verbundenen Hoffnungen, dass die Rems-Murr-Kliniken nämlich schwarze Zahlen schreiben, wurden schwer enttäuscht, zumal der Bau des Klinikums mit 300 Millionen Euro teurer wurde als geplant.

Das neue Klinikum, ein Haus der Zentralversorgung mit vielen neuen medizinischen Leistungen, hat 625 Betten und 13 OP-Säle. Die Rems-Murr-Klinik Schorndorf ist ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung mit 286 Betten.


Schorndorf (hap).

Massive Kritik am Positionspapier der Winnender Chefärzte und ihrem Fazit, dass die Klinik in Schorndorf keine Zukunft habe, hat der Schorndorfer Oberbürgermeister Matthias Klopfer im Rahmen der Ehrenmatinee der SG Schorndorf geübt. Es habe, so Klopfer, einen klaren Auftrag an die Chefärzte beider Häuser gegeben, ein gemeinsames Medizinkonzept zu erarbeiten mit Aussagen, wo künftig Schwerpunkte gebildet werden könnten und auf welchen Feldern Kooperationen möglich seien. Dass die Winnender Chefärzte diesem Auftrag nicht nachgekommen seien und jetzt das Thema auch noch vor der geplanten Klausurtagung des Kreistags „durchgestochen“ hätten, sei nicht zu tolerieren. „Das steht ihnen nicht zu“, tadelte Klopfer die Winnender Chefärzte.

In der Sache ist der Schorndorfer Oberbürgermeister davon überzeugt, dass die 300 Betten, die es in Schorndorf gibt, für die künftige medizinische Versorgung im Kreis unverzichtbar sind, und dass die Sanierung der Schorndorfer Klinik für deutlich weniger als die jetzt im Raum stehenden 90 bis 100 Millionen Euro zu machen sein ist. Auf jeden Fall käme sie den Kreis bei weitem günstiger, als wenn für Schorndorf an anderer Stelle Ersatz geschaffen werden müsste. Und diesen Ersatz ebenfalls am Standort Winnenden zu schaffen, ist aus Klopfers Sicht weder vorstellbar noch politisch durchsetzbar. „Dieser Kreis braucht zwingend zwei Klinikstandorte“, sagte Matthias Klopfer und kündigte unter Beifall an, es werde der Schwerpunkt seiner politischen Tätigkeit in diesem Jahr sein, sich für den Erhalt des Klinikstandorts zu verkämpfen, auch wenn dies kein Thema sei, das nur Schorndorf betreffe.

Das Zitat

„Allenfalls vorstellbar wäre für die Runde, einen Grund- und Regelversorger mit zweistelliger Bettenzahl (Chirurgie und Innerer Abteilung) am Standort Schorndorf zu belassen.“

Die zentrale Aussage des Positionspapiers der zwölf Winnender Chefärzte zu einem medizinischen Konzept für die Rems-Murr-Kliniken.