Schorndorf

Zukunft der Klinik: Wut und Empörung über Spekulationen

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In Schorndorf beginnt der Widerstand gegen Überlegungen, das Krankenhaus zu verkleinern © Mathias Ellwanger
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Fotios Kefalianakios neuer aerztlicher Direktor an den Rems-Murr-Kliniken Schorndorf.
Fotios Kefalianakis, Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin. © Rems-Murr-Kliniken
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Krebs
Georg Krebs, Allgemeine Innere Medizin. © Privat
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Vorstellung der neuen
Claus-Peter Hartung, Gynäkologie und Geburtshilfe- © Pavlovic / ZVW
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Christoph Ulmer, Allgemein-, Gefäß- und Viszeralchirurgie. © Rems-Murr-Klinken
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Dr. Jürgen Nothwang wird neuer Chefarzt der Unfallchirurgie in Schorndorf. hier mit johannes Fuchs
Jürgen Nothwang, Unfallchirurgie und Orthopädie. © Habermann / ZVW
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Serie: Fachkliniken in den Rems-Murr-Kliniken
Harald Bareth, Radiologie. © Habermann / ZVW
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dr. fröhlich
Bernhard Fröhlich, Gastroenterologie. © Bernhardt / ZVW

Schorndorf. Wut und Empörung sind groß in Schorndorf nach dem Positionspapier, das zwölf Winnender Chefärzte verfasst haben und das die Zukunft des Krankenhauses infrage stellt. Ihre sieben Schorndorfer Kollegen zeigen sich entsetzt. In der Daimlerstadt bildet sich bereits ein parteiübergreifender Widerstand gegen eine Schließung.

Dr. Wolfgang Weigold ist Vorsitzender des Freundeskreises der Rems-Murr-Klinik Schorndorf. „Ich bin maßlos enttäuscht über den Brief“, sagt der FDP/FW-Kreisrat und langjährige Schorndorfer Gemeinderat. Auch Weigold ist am Freitag vom Positionspapier überrumpelt worden, das den vorliegenden Entwurf für ein medizinisches Konzept plötzlich infrage stellte. Der Allgemeinarzt, einst selbst viele Jahre im damaligen Kreiskrankenhaus tätig, kann die Enttäuschung der Schorndorfer Chefärzte nachvollziehen. Weigold befürchtet, dass mit dem Positionspapier die 800 Klinikbeschäftigten und die Bevölkerung im Raum Schorndorf verunsichert werden. Hintergrund für den Vorstoß der Winnender Chefärzte könnte die Angst vor der Konkurrenz sein. „Schorndorf hat auch gute Chefärzte bekommen“, sagt Weigold und weist auf den neuen Chef der Allgemein-, Gefäß- und Viszeralchirurgie Christoph Ulmer hin, der kürzlich vom Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus nach Schorndorf wechselte und dem ein guter Ruf vorauseilt. Auch der Unfallchirurg und Orthopäde Jürgen Nothwang hat sich einen guten Namen gemacht. Alles Leute, so Weigold, „die das Feld genauso gut beackern wie die in Winnenden“.

90 Betten? „Dann können sie das Haus gleich schließen“

Die Idee, in Schorndorf allenfalls ein Haus mit 90 Betten zu belassen, nennt Weigold einen Todesstoß. „Dann können sie das Haus gleich schließen.“ Die Summe von bis zu 100 Millionen Euro für die Sanierung der Klinik ist aus seiner Sicht zu hoch gegriffen und umfasst Investitionen bis 2025. Dass bei einem 40 Jahre alten Haus Ausgaben anfallen, zumal es 20 Jahre „sträflich vernachlässigt“ worden sei, verstehe sich von selbst. Der Zustand unter medizinischen Aspekten sei hingegen tadellos. Weigold erwartet heiße Debatten um die Zukunft des Krankenhauses. Dass Oberbürgermeister Matthias Klopfer bereits den Nopper macht, versteht sich für Weigold von selbst. „Er muss in die Rolle schlüpfen!“ Die Bevölkerung, so Weigold, stehe hinter ihm und habe ein großes Interesse, dass das Haus erhalten bleibt. „Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen!“

Karl-Otto Völker hat als SPD-Fraktionsvorsitzender im Kreistag einst den jahrelangen Streit um den Neubau in Winnenden mitgemacht und kennt als ehemaliger AOK-Marketingleiter die Gesundheitspolitik aus dem Effeff. Was die Winnender Chefärzte in ihrem Positionspapier schreiben, nennt er „völlig indiskutabel“. Die Herrschaften, und damit meint Völker die zwölf Chefärzte, würden nicht für solche Papiere bezahlt oder dafür, dass sie den Standort Schorndorf infrage stellen. Völkers Verdacht ist, dass die Winnender Chefärzte nicht zuletzt die Konkurrenz aus Schorndorf fürchten.

Völligen Unsinn nennt ein Schorndorfer Chefarzt die diskutierten Summen für die Sanierung. Klar sei lediglich, dass investiert werden müsse. Aber bei weitem nicht so viel. Dass in unserer Zeitung das Bild eines sechs Jahre alten Operationssaals zu sehen gewesen sei, habe leider einen falschen Eindruck vom Zustand des Krankenhauses vermittelt. In dem abgebildeten OP werde schon lange nicht mehr operiert. Die aktiven Operationssäle seien hingegen tipptopp. Offiziell Stellung nehmen zum Positionspapier der Winnender Kollegen wollte Montag keiner der Schorndorfer Chefärzte. Mit Geschäftsführer Marc Nickel sei am Nachmittag ein Gespräch anberaumt. Bis Redaktionsschluss lag zum Ergebnis noch keine Mitteilung vor. Sowohl die Rems-Murr-Kliniken wie auch Oberbürgermeister Klopfer haben für Mittwoch zu Pressegesprächen eingeladen..

Der Schorndorfer Oberbürgermeister hat sich bereits klar positioniert und auf seiner Facebookseite erklärt: „Jetzt mache ich seit zwei Jahrzehnten hauptberuflich Politik, aber so ein perfides, unprofessionelles und geschäftsschädigendes Verhalten habe ich noch nie erlebt. Ohne Rücksicht auf die Patienten, ohne Rücksicht auf 800 hochengagierte Mitarbeiter unserer Klinik. Ohne die Bürger sachgerecht zu informieren.“ Aufgrund steigender Patientenzahlen, steigenden Umsatzes und sehr guter Belegung der Betten lautet Klopfers Fazit:. „Wir brauchen also beide Kliniken - die gut zusammenarbeiten, zum Wohle der Patienten.“

Oberbürgermeister Klopfer bekommt viel Zuspruch

Volkmar Kersten, pflegerischer Bereichsleitung der Intensivstationen an beiden Standorten, dankte Klopfer für seinen Kommentar: „Ich möchte meine Fassungslosigkeit zum Ausdruck bringen über dieses skrupellose Verhalten dieser Herren. 800 Arbeitsplätze zu gefährden wegen teilweise persönlicher Animositäten halte ich für sanktionierenswert. Ich möchte mich bei meinen Mitarbeitern entschuldigen für diesen Schlag ins Gesicht und bedanken für eine unglaublich gute Arbeit auf der Schorndorfer Intensivstation.“

Landrat Richard Sigel will die Hinweise der Winnender Chefärzte in die Diskussion über das medizinische Konzept aufnehmen, teilte die Pressestelle des Landrates am Montag auf Anfrage mit: „Gemeinsam mit der Geschäftsführung habe ich die Ausarbeitung des ersten Entwurfs der Medizinstrategie mit begleitet. Der Geschäftsführung und mir ist es wichtig, dass wir eine offene Diskussion über die zukünftige Ausrichtung der Rems-Murr-Kliniken führen. Ich war deswegen bei der Strategietagung mit den Chefärzten dabei und dort wurden auch auf Nachfrage keine weiteren Bedenken geäußert. Die Geschäftsführung wird die Hinweise der Winnender Chefärzte jetzt in die Diskussion aufnehmen, um zeitnah eine von einer breiten Mehrheit getragene Medizinstrategie vorzustellen.“