BGF Das Gesundheitsforum 2016 „Wir dürfen nicht kaputt gehen, an einem ineffizienten System“

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Manager und Politiker aus dem Gesundheitswesen trafen beim 14. BGF Gesundheitsforum Ende April in München aufeinander. Der hochkarätig besetze Kongress bat in zahlreichen gut strukturierten Round-Table-Gesprächen Möglichkeiten zum Schlagabtausch, aber auch zur branchen- und sektorenübergreifenden Diskussion – alles unter dem Fokus der Patientenorientierung.

Das BGF Gesundheitsforum 2016 lockte wieder zahlreiche hochkarätige Experten aus dem Gesundheitswesen nach München. Das Kongressmotto lautete: „Diagnose und Therapie – die demografischen Herausforderungen und das deutsche Gesundheitswesen“. – © Bianca Flachenecker

Bei der Referentenauswahl des diesjährigen BGF Gesundheitsforums hat der Organisator Prof. Dr. Andreas Grün wieder einmal Fingerspitzengefühl für die Bedürfnisse der Gesundheitsbranche gezeigt. Angefangen bei

  • Staatsministerin Melanie Huml vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, über
  • Stefan Grütter, hessischer Minister für Soziales und Integration,
  • Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft,
  • Prof. Dr. Herbert Rebscher, Vorsitzender des Vorstandes DAK-Gesundheit,
  • Prof. Dr. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA).
  • Dr. Volker Leienbach, Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherungen,
  • Dr. Volker Hansen, Vorsitzender des Verwaltungsrates des GKV-Spitzenverbandes, und
  • Birgit Fischer, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes forschender Arzneimittelhersteller, bis hin zu
  • Rudolf Henke, MdB, Vorstandsvorsitzender der Ärztegewerkschaft Marburger Bund.
Veranstalter Prof. Dr. Andreas H. Grün (l.) mit Melanie Huml, Staatsministerin im Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, und dem hessischen Minister für Soziales und Integration Stefan Grüttner (r.) beim Eröffnungs-Round-Table. – © Bianca Flachenecker

Mit vielen hochrangigen Branchenvertretern aus der Klinikleitung, dem Bereich der Pflegeleitung, aber auch aus Pharma-, Industrie- und Wirtschaftsunternehmen war die Veranstaltung auch von Teilnehmerseite fachlich erstklassig besetzt. Dementsprechend hochwertig waren auch die jeweils den Impulsvorträgen angeschlossenen Diskussions- und Fragerunden zwischen Referenten und Auditorium.

Das Motto des Kongresses: „Diagnose und Therapie – die demografischen Herausforderungen und das deutsche Gesundheitswesen“ aus dem Blickwinkel von Management und Politik. Dabei legte Grün großen Wert darauf, dass bei den Diskussionen und Vorträgen der Fokus auf den Nutzen für und die Auswirkungen auf den Patienten nicht vergessen wurden. So z.B. auch als es um das Thema Qualitätsmanagement im deutschen Gesundheitssystem ging.

In den Pausen hatten die Teilnehmer Zeit zum Netzwerken und Kontakte knüpfen. – © Bianca Flachenecker

Es tun sich neue Sphären auf …

„Die aktuelle Qualitätsoffensive treibt uns in immer tiefere Qualitätssphären“, meinte Georg Baum von der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Dabei sei die Qualitätsorientierung im Gesundheitswesen an sich nichts Neues. Nach der zweiten Welle der Qualitätsbeobachtung im Gesundheitswesen in den 90er Jahren getrieben von den Verbraucherverbänden „befinden wir uns nun in der dritten Welle. Jetzt wollen wir bei Qualitätsmängeln damit anfangen zu sanktionieren“, sagte Baum und wies dabei auf eine große Schwierigkeit bei der Bestrafung von minderer Qualität hin: „Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass ein Krankenhaus Qualitätsvorschriften nicht einhält, weil es aufgrund von mangelnden Ressourcen keine Qualitätsverbesserung erzielen kann.“ Diesen Aspekt der Investitionsseite würde die aktuelle Qualitätsoffensive der Bundesregierung mit dem Krankenhausstrukturgesetz nicht berücksichtigen. „Die Politik will Qualität immer aus Mangel definieren“, stimmte Prof. Dr. Herbert Rebscher, Vorsitzender des Vorstandes DAK-Gesundheit, zu. „Um Qualität zu definieren, braucht man den Vergleich und keine Defizitanalyse.“ Hans-Jochen Weidhaas, Vorsitzender der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, plädiert dafür, zur Qualitätssicherung die Besonderheiten der unterschiedlichen Sektoren zu berücksichtigen und das gesamte Portfolio der Qualitätsmerkmale zu beachten.

… und auch Abgründe

„Wir dürfen nicht kaputt gehen, an einem ineffizienten System“, mahnte Prof. Josef Hecken vom G-BA und schilderte emotional die derzeitige Situation im deutschen Gesundheitswesen anhand der nicht vorbildlichen medizinischen Versorgung seines multimorbiden 90-jährigen Vaters, der stellvertretend für so viele Bürger der Bundesrepublik stehe. Dabei ließ er nicht aus, dass das „wirre Zusammenarbeiten unterschiedlicher Fachbereiche ohne Medikationsplan“ folgenschwere Konsequenzen für den Patienten haben kann.

Prof. Josef Hecken bei seinem empathischen Impulsvortrag zu Versorgungsstrukturen in Deutschland. Er machte anhand von seinem 90-jährigen Vater deutlich, woran das Gesundheitssystem derzeit scheitert. – © Bianca Flachenecker

Wir brauchen „wahre Daten“

Und so wurden auch die Themen Datennutzung, Datensammlung und Datenbereitstellung zur Qualitätssicherung und Therapieverbesserung in den Fokus gerückt. „Qualitätsmanagement macht in Deutschland so viele Probleme, weil wir so viele Daten haben, dass wir sie gar nicht zusammen bekommen“, meinte Dr. Rainer Hess, Vorsitzender des Stiftungsrates Stiftung Gesundheitswissenschaft. Man brauche „wahre Daten“, um tatsächlich auf deren Basis im medizinischen Bereich urteilen und Rückschlüsse ziehen zu können. Unterschiedliche Aussagen aus dem Auditorium gaben ihm Recht – wobei der generelle Nutzen von Big Data für das Gesundheitswesen nicht in Frage gestellt wurde, vielmehr machten Teilnehmern wie Referenten der richtige Umgang damit zu schaffen.

Industrie und Pharma machen auf sich aufmerksam

In den anschließenden Panels in kleineren Gruppen wurde deutlich, dass bei Datennutzung für Patientensicherheit auch die Industrie und die Pharmazeutik eine nicht unerhebliche Rolle spielen. So erklärte z.B. Philipp Huwe, Director Governmental Affairs & Strategic Health Initiatives AbbVie Deutschland, dass „Big Data im Gesundheitswesen eine effizientere Forschung und verbesserte Versorgung ermöglichen“ kann. Dabei hätten gerade Arzneimittelhersteller bereits Daten auf sehr hohem Niveau, von denen auch die Medizin profitieren könne.

Volle Reihen: Das BGF Gesundheitsforum war auch 2016 wieder gut besucht. Nächstes Jahr feiert die Veranstaltung ihren 15. Geburtstag … – © Bianca Flachenecker

Große Chance: Generalistik

Referent Dr. Volker Hansen brachte in seinem Impulsreferat über Herausforderungen im Gesundheitswesen und durch Wettbewerb die aktuellen Betrugsfälle in der Pflegeabrechnung durch die Pflegemafia ins Gespräch. Er sieht eine Möglichkeit zur Prävention solcher Fälle z.B. in der Digitalisierung von Abrechnungsvorgängen. Hier könnten keine Zahlungen vertuscht werden. Im Gespräch zwischen Moderator Grün und Mitreferentin Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen, kam auch das Thema der Generalistik in der Pflege auf. Dabei waren sich sowohl die Experten auf der Bühne als auch die sich äußernden Pflegedirektoren aus dem Plenum einig, dass mit einer Vereinheitlichung der Pflegeausbildung eine Aufwertung des Berufs einhergeht.

Save the date!

Im kommenden Jahr feiert BGF Das Gesundheitsforum seinen 15. Geburtstag. Das Datum dafür steht bereits fest: 28. und 29. April 2017.

… auch ein Erfolg für die gemeinnützige Aktion „Auftrieb schenken“ des Bundes zur Förderung des Gesundheitsmanagements (BGM) zur Unterstützung von behinderten Kindern, Waisenkindern und Menschen in Not. – © Bianca Flachenecker

Weitere Informationen entnehmen Sie der Website oder der Facebook-Seite der BGM Bayerische Gesundheitsmanagement GmbH.