Klinikum Freising:Streit hinter den Kulissen

Klinikum Freising: Am Klinikum Freising fehlen Fachkräfte vor allem auf der Intensivstation und im OP.

Am Klinikum Freising fehlen Fachkräfte vor allem auf der Intensivstation und im OP.

(Foto: Marco Einfeldt)

Während der Geschäftsführer des Klinikums eine positive Entwicklung sieht, erheben Teile seiner Belegschaft scharfe Vorwürfe gegen ihn. Die Rede ist von Mobbing, mangelnder Kommunikation und Stillstand.

Von Christian Gschwendtner, Freising

Anfang Dezember im vergangenen Jahr steht Andreas Holzner im Sitzungssaal des Landratsamtes. Der Geschäftsführer des Klinikums Freising informiert die Kreisräte über die Entwicklung in seinem Haus. "Ich habe nur Positives zu berichten", sagt Holzner. Bei den Geburtenzahlen sei man kurz davor, die Marke von 900 Neugeborenen zu knacken. Auch bei den Patientenzahlen gebe es signifikante Zuwächse. Es ist ein routinierter Auftritt, den der Krankenhauschef da hingelegt.

Was Holzner verschweigt: Er ist intern höchst umstritten. Seit August 2014 leitet der studierte Betriebswirt das Freisinger Klinikum - und hat seither scheinbar weite Teile seiner Belegschaft gegen sich aufgebracht. Leitenden Angestellten fällt wenig Positives ein, wenn es um die bisherige Bilanz ihres obersten Vorgesetzten geht. Die Rede ist von einem äußerst despektierlichen Umgang mit Untergebenen, manche sprechen von Mobbing. "Ich habe noch nie einen Vorgesetzten erlebt, der im persönlichen Gespräch so über andere lästert", sagt ein Angestellter, der eine Führungsposition bekleidet. Andere Mitarbeiter berichten Ähnliches. Gleichzeitig geht die Angst um. Wer sich aus der Deckung wagt, fürchtet berufliche Nachteile.

Faktisch hat Holzner eine starke Hausmacht auf seiner Seite. Vor seiner Tätigkeit in Freising war er stellvertretender kaufmännischer Direktor im Klinikum Rechts der Isar. Die Münchner führen seit Dezember 2004 den laufenden Betrieb der gemeinnützigen Krankenhausgesellschaft "Klinikum Freising GmbH". Als "Geschäftsbesorger" im Auftrag des Landkreises haben sie ein starkes Wörtchen mitzureden, wenn es um die Grundausrichtung des Freisinger Hauses geht - und ein Teil des aktuellen Konflikts hat seinen Ursprung in dieser Konstellation. Dem Rechts der Isar ist an einer kostenoptimalen Führung des Hauses gelegen. Schließlich kassieren die Münchner zusätzlich zur Grundvergütung von 200 000 Euro pro Jahr einen Bonus, der sich nach der Verbesserung zum bis dato besten Geschäftsjahr bemisst. Investitionsanreize setzt man so nicht.

Genau das bemängeln die Freisinger Chefärzte in einem Schreiben an ihren Geschäftsführer, datiert vom 9. November 2015. Darin verweisen sie auf erheblichen Investitionsbedarf in den Fachabteilungen und eine angespannte Personalsituation. Acht Chefärzte und ein Oberarzt haben den Brief unterschrieben. Sie werfen Holzner "unzureichende Kommunikation und Wertschätzung der Leistungsträger" vor. Auf Anfrage der SZ ließ der Klinikchef am Dienstagnachmittag ausrichten, bisher seien keine entsprechenden Beschwerden an ihn herangetragen worden.

Die Belege für den Stillstand am Freisinger Klinikum aber sind zahlreich. Da gibt es eine preisgekrönte Psychoonkologin, die seit zwei Jahren notdürftig in der Ärztebibliothek untergebracht ist. Die Geschäftsführung schreibt dazu nur lapidar: "Räumliche Ressourcen sind, wie so häufig in Kliniken, Mangelware." Dringender Handlungsbedarf besteht auch in der Notaufnahme und der zentralen Patientenaufnahme, es heißt, die Abläufe müssten dringend besser verzahnt werden. Dass die Psychosomatische Tagesklinik pünktlich zum ersten Mai starten konnte, sei allein der Initiative der Mitarbeiter zu verdanken, berichtet man intern. Die Geschäftsführung reklamiert den Erfolg für sich.

Schlecht bestellt ist es in Freising auch um die Kommunikation zwischen Geschäftsführung und Klinikmitarbeitern. Zum Amtsantritt hat Holzner das monatliche Abteilungsleitertreffen abgeschafft, Regeltermine werden keine mehr vergeben. Manche Mitarbeiter müssen deshalb bis zu vier Wochen auf einen Termin beim Chef warten. Der wiederum vertritt die Ansicht, "ein anlassbezogener Informationsaustausch" sei wesentlich zielführender.

Der jetzige Konflikt hat sich bereits abgezeichnet, da hatte Holzner seine Stelle in Freising noch gar nicht richtig angetreten. Vor zwei Jahren ging es darum, einen Nachfolger für Wolfgang Holzmüller zu suchen, den angesehenen Chefarzt der Unfallchirurgie. Holzner "erbte" das Bewerbungsverfahren von seinem Vorgänger. Die Auswahlkommission besuchte die aussichtsreichsten Kandidaten, man ließ voroperieren und stellte eine Rangliste auf. Auf Platz eins landete ein Chirurg aus Ostbayern - auch Wunschkandidat der Freisinger Chefärzte. Zunächst führte Holzner mit dem chancenreichsten Anwärter auch direkte Verhandlungsgespräche über mehrere Stunden, wie Eingeweihte berichten. Für den Kandidaten aus Ostbayern verdichteten sich die Signale, dass man ihn in Freising unbedingt als Chefarzt haben will.

Doch zur entscheidenden Aufsichtsratssitzung am 21. November 2014 lud der Geschäftsführer nur den Zweitplatzierten in der Reihung für die Holzmüller-Nachfolge ein, nicht aber den Chirurgen aus Ostbayern. Während der Sitzung legte Holzner eine E-Mail des Kandidaten an einen Industrievertreter vor, in der sich der Chirurg nach der OP-Ausstattung im Freisinger Klinikum erkundigt hatte - und überzeugte den Aufsichtsrat damit, gegen den Favoriten zu stimmen. Die Freisinger Chefärzte fühlten sich vor den Kopf gestoßen.

Sie beschwerten sich geschlossen beim Landrat, vergeblich. Weder das Klinikum noch der Landkreis möchten sich zur damaligen Ausschreibung äußern. Man betrachtet die Angelegenheit als erledigt. Ein leitender Klinikangestellter berichtet, es sei damals spitz auf Knopf gestanden. Am Ende habe sich der Landrat entschieden, seinem Geschäftsführer "die Stange zu halten". Auf Anfrage teilten der Aufsichtsratsvorsitzende Hauner und seine Stellvertreterin Anita Meinelt am Dienstagnachmittag mit, bisher nichts von Mobbingvorwürfen gehört zu haben. Das interne Schreiben der Chefärzte liege ihnen ebenfalls nicht vor. Der Geschäftsführer des Klinikums genieße ihr uneingeschränktes Vertrauen.

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