Schorndorf

Rems-Murr-Kliniken: „Wir brauchen Schorndorf – Punkt“

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Dr. med. Karl von Barravalle, Horst Reingruber, Hermann Beutel, Dr. Hartmut Lorenz und Marc Nickel (von links) diskutierten in der Künkelin-Halle über die Zukunft der Klinik in Schorndorf. © Büttner / ZVW

Schorndorf. Zwei gerne gehörte Botschaften hat der Geschäftsführer der Rems-Murr-Klinik zur vom CDU-Stadtverband organisierten Diskussion über die Klinik in Schorndorf mitgebracht. Die erste: „Die Kliniken im Kreis brauchen Ruhe und dürfen nicht länger in der Öffentlichkeit zerredet werden.“ Die zweite – mit einer kurz- und einer längerfristigen Ansage: „Wir brauchen Schorndorf. Punkt.“ Und: „Wir würden jetzt nicht in Schorndorf weiter investieren, wenn wir nicht an eine Zukunft in Schorndorf glauben würden.“

Sätze, die sich, wie Moderator Hermann Beutel deutlich machte, die rund 100 Anwesenden gut merken werden. Wie auch einen weiteren Satz von Nickel, der lautete: „Wir stecken alle Energie rein, dass Schorndorf eine nachhaltige Perspektive hat.“ Um ganz auf der sicheren Seite zu sein, sagte der Geschäftsführer aber auch: „Ich kann nicht beschwören, dass Schorndorf für alle Zeiten Bestand hat.“ Für die nächsten Wochen und Monate kündigte Marc Nickel einen „Bürgerdialog“an, von dem sich der Geschäftsführer ungeachtet möglicher Kontroversen verpricht, dass unter dem Strich ein medizinisches Versorgungskonzept steht, „das auch für Schorndorf passt“. An die Adresse der Zuhörer und Diskutanten einerseits und mit Blick auf eine letztendliche Entscheidung im Kreistag andererseits sagte Nickel: „Wir brauchen Sie als Mehrheit, denn das produziert Mehrheitsbildung.“ Keinesfalls, so Nickel, dürfe es wieder so eine knappe Entscheidung wie im Fall Winnenden geben, weil dann die Ruhe, die er sich für die Krankenhausfamilie wünscht, eine Illusion bleiben würde. „Wir können es uns nicht weiter leisten, schmutzige Wäsche in der Öffentlichkeit zu waschen“, sagte der Geschäftsführer unter Verweis darauf, dass beide Kliniken, Winnenden und Schorndorf, auf Wachstumskurs seien und erfolgreich daran arbeiteten, dass sich mehr als die seitherigen 50 Prozent aller Patienten im Kreis auch an den Kreiskliniken behandeln lassen. „Zurzeit werden Dinge diskutiert, die in Schorndorf gar nicht stattfinden“, verabreichte Nickel weitere Beruhigungspillen und zeigte sich überzeugt, dass in sechs bis zwölf Monaten im Kreis „eine ganz andere Diskussion“ geführt werde, weil die Bettenzahlen in beiden Häusern nicht mehr ausreichten.

Böttcher: „Wir befassen uns nicht mit einer Schließung“

Für den früheren Chefarzt an der Schorndorfer Klinik, Dr. Hartmut Lorenz, stehen die Daseinsberechtigung und die Unverzichtbarkeit der Schorndorfer Klinik außer Frage. Zum einen, weil die Schorndorfer Klinik vom funktionellen Aufbau her die beste sei, in der er je gearbeitet habe („Es flutscht einfach“), was auch ein Grund dafür sei, dass sich die meisten Patienten in Schorndorf wohlfühlten. Zum andern, weil Konkurrenz das Geschäft belebe und Monopolisten immer in der Gefahr seien, „bei Kleinigkeiten nachlässig zu werden“. Wobei der Schorndorfer Klinikleiter Thomas Böttcher aus dem Publikum heraus die Aussage von Lorenz in Sachen Konkurrenz insoweit korrigierte, als es im Schorndorfer Krankenhaus dank der hervorragenden und an diesem Abend immer wieder gelobten Chefärzte, von denen auch einige im Saal waren, einige Spezialisierungen gebe, bei denen Schorndorf konkurrenzlos sei. „Wir befassen uns nicht mit einer Schließung, sondern nur damit, wie wir uns für die Zukunft aufstellen müssen“, bekundete Böttcher und durfte sich, auch was die bauliche Seite angeht, durch Klinikmanager Nickel bestätigt sehen, der feststellte: „Die Klinik ist in einem guten Zustand, aber sie muss weiterentwickelt werden.“ Die 90 bis 100 Millionen Sanierungskosten, die für so viel Wirbel gesorgt haben, basierten auf der Maximalplanung in einem Gutachten, das er in Auftrag gegeben habe, um alle denkbaren Risiken abschätzen zu können.

„Ein Krankenhaus, in das nicht mehr investiert wird, ist tot“

Wenn beide Häuser florierten und weitgehend ausgelastet seien und wenn man dann noch die Zuwachspotenziale allein im Rems-Murr-Kreis sehe, dann seien dieses Gutachten und die daraus resultierende Diskussion über eine mögliche Schließung des Schorndorfer Krankenhauses, in das im Übrigen in den letzten Jahren große Summen investiert worden seien, „ein bisschen skurril“, meinte CDU-Kreisrat Horst Reingruber. Zumal in der Untersuchung von Drees & Sommer der Bestand überhaupt keine Rolle gespielt habe, sondern nur die Frage, wie man ein solches Haus heute bauen würde „Die Gutachter haben sich auch nicht mit den Leuten unterhalten, die seit Jahren an der Sanierung der Schorndorfer Klinik arbeiten“, kritisierte Reingruber, für den klar ist, was jetzt zwischen Winnenden und Schorndorf passieren muss: „Die Claims abstecken, die Zusammenarbeit klären, die jeweiligen Schwerpunkte herausarbeiten und daraus die baulichen Konsequenzen ableiten.“ Wobei es für Horst Reingruber zu einem Festhalten an der Schorndorfer Klinik keine Alternative gibt, weil die Rechnung, einfach so mal 100 Millionen woandershin zu transportieren, nicht funktionieren würde. Außerdem: „Ein Krankenhaus, in das nicht mehr investiert wird, ist tot.“

Es sei auf jeden Fall günstiger, in Schorndorf weiterhin zu sanieren, als in Winnenden noch einmal neu zu bauen, meinte auch der Schorndorfer Allgemeinarzt Dr. med. Karl von Barravalle, der seine Patienten gerne und überzeugt in die Schorndorfer Klinik überweist. Überzeugt ist er auch, dass viele Patienten aus dem Rems-Murr-Kreis abwandern würden, wenn es die Klinik in Schorndorf nicht mehr gäbe. Weil speziell im Raum Schorndorf die Alternative nicht Winnenden hieße, sondern Mutlangen, Esslingen oder Göppingen. Und deshalb auch die klare Ansage des Plüderhäusers Ulrich Scheurer an Marc Nickel: „Wenn Schorndorf geschlossen wird, gibt es einen Aufschrei, den werden Sie als Geschäftsführer nicht überleben.“

Die Teilnehmer

Moderator Hermann Beutel ist Vorsitzender der CDU-Gemeinderatsfraktion in Schorndorf und Kreisrat. Sein Spruch des Tages zur Feststellung, dass sich nur 50 Prozent der Patienten aus dem Kreis in den beiden Kreiskliniken behandeln lassen: „50 Prozent sind krank, die restlichen 50 Prozent sind nur noch nicht gründlich genug untersucht.“

Marc Nickel ist seit Herbst vergangenen Jahres Geschäftsführer der Rems-Murr-Kliniken. Sein Schlussappell an die Besucher der Infoveranstaltung: „Stecken Sie Ihre Zuversicht in die Schorndorfer Klinik, aber machen Sie von ihr nicht gleich Gebrauch.“

Horst Reingruber war 24 Jahre lang Bürgermeister in Schorndorf, sitzt für die CDU im Kreistag und im Aufsichtsrat der Rems-Murr-Kliniken. Seine Forderung: „Diese Hängepartie muss schnellstens beendet werden, denn die Menschen reden darüber, egal welche Pressemitteilungen wir herausgeben.“

Dr. Hartmut Lorenz ist mittlerweile Chefarzt einer Privatklinik in Ludwigsburg und weiß aus seiner Zeit als Chefarzt am Schorndorf Krankenhaus, dass Schorndorf „schon immer die beweglichste Klinik im Kreis“ war. Dass in diesem Zusammenhang immer wieder von der „Schorndorfer Mafia“ die Rede war, ist aus Sicht von Lorenz ein Kompliment. Deshalb auch sein Rat an die Schorndorfer Kollegen: „Bleiben Sie Mafia.“

Dr. med. Karl von Barravalle ist Allgemeinarzt mit der Weiterbildung zum Arzt für Naturheilverfahren. Er glaubt nicht, dass Winnenden die Schließung von Schorndorf kompensieren könnte. Seine Meinung: „Es ist doch besser, der Backnanger, der nicht nach Winnenden will, kommt nach Schorndorf, als dass er nach Stuttgart geht.“