GOLDACH: Klinik bekommt Besuch von Inspektoren

Die Behörden von Bund und Kanton haben in der Goldacher Klinik St.Georg einen Raum versiegelt. Es besteht der Verdacht auf illegale Anwendung von Heilmitteln. Im Zentrum der Untersuchung steht die Firma Swiss Medica.

Andri Rostetter
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«Verträge per sofort gekündigt»: Die Privatklinik St. Georg in Goldach. (Bild: Andrea Stalder)

«Verträge per sofort gekündigt»: Die Privatklinik St. Georg in Goldach. (Bild: Andrea Stalder)

GOLDACH. Die Firma Swiss Medica verspricht Revolutionäres: Mit ihren Therapien sollen schwere Krankheiten wie Multiple Sklerose, Autismus, Alzheimer, Parkinson und Morbus Crohn gelindert oder gar geheilt werden können. «Mehr als 60 Krankheiten können mit Stammzellen behandelt werden», schreibt Swiss Medica auf ihrer Webseite. Daneben sind authentisch wirkende Medienberichte von angeblich geheilten Patienten zu finden.

Dieses Versprechen hat die Heilmittelbehörde des Bundes, Swissmedic, auf den Plan gerufen. Am vergangenen Donnerstag haben Inspektoren von Swissmedic die Räume der Firma in Goldach unter die Lupe genommen, wie die «Sonntags-Zeitung» berichtet. «Unsere Leute waren zusammen mit Vertretern des Kantons am vergangenen Donnerstag vor Ort», bestätigte Swissmedic-Sprecher Peter Balzli gestern auf Anfrage. Was die Behörden genau gesucht haben, darf Balzli wegen des laufenden Verfahrens nicht sagen. Er hält aber fest: «Es gibt verschiedene offene Fragen. Diese werden jetzt abgeklärt.»

Bisher zwei Patienten

Swiss Medica ist in Goldach erst seit kurzem präsent. Bis Anfang 2016 war die 2011 im Tessin gegründete Firma noch in Lugano angesiedelt, mittlerweile hat sie ihren Hauptsitz in der Villa Rothenstein in Goldach. Zudem war sie in einem Raum der nur wenige hundert Meter entfernt liegenden Privatklinik St.Georg eingemietet, wie Klinikdirektor Kurt A. Kaufmann gestern bestätigte. Dieser Raum sei am Donnerstag von den Behörden versiegelt worden. Laut Kaufmann ist die Kooperation mit Swiss Medica «ganz neu». Konkret seien bis jetzt zwei Swiss-Medica-Patienten in der Klinik gewesen. «Es wurde in der Klinik St.Georg aber nie zugelassen, dass Stammzellentherapien oder nicht zugelassene Medikamente verabreicht wurden», hält Kaufmann fest. Zudem habe man Wert darauf gelegt, dass Sprechstunden nur von Ärzten durchgeführt werden, die im Kanton auch über eine gültige Praxisbewilligung verfügen.

«Wir fühlen uns hintergangen»

Für Swiss Medica gilt die Unschuldsvermutung. Für Klinikdirektor Kaufmann ist das Verhalten der Firma aber ein Vertrauensbruch. «Wir fühlen uns hintergangen. Es geht nicht, dass Swiss Medica auf Anfrage hin im Ausland propagiert, sie biete in unserer Klinik Stammzellentherapien an», teilte er mit. Die Klinik distanziere sich «von allem, was auf der Internetseite von Swiss Medica über Stammzellentherapien steht». «Wir haben Swiss Medica sowohl den Mietvertrag für den Raum in der Klinik als auch den Vertrag über eine Patientenvermittlung per sofort gekündigt.»

Dass es zwischen der Privatklinik und Swiss Medica zur Zusammenarbeit kam, hängt unter anderem mit Beda Hutter zusammen, dem Gründer und Inhaber der Goldacher Medizinaltechnikfirma Nouvag. Im Januar 2016 holte Hutter Swiss Medica nach Goldach. Seither sitzt er im Verwaltungsrat der Firma, diese hat ihren Hauptsitz an derselben Adresse wie Hutters Nouvag. Hutter war es auch, der die 1969 gegründete Klinik St.Georg im Jahr 2002 mit Millioneninvestitionen vor der Schliessung bewahrt hatte. Von 2002 bis 2012 war Hutter zudem Verwaltungsratspräsident der Klinik.

Russischer Anti-Aging-Experte

Zentrale Figur von Swiss Medica ist der Russe Nikolai Vorobyev, ein ehemaliger sowjetischer Militärarzt und seit 2011 Direktor und Verwaltungsratspräsident der Firma. Auf placidway.com, einer Plattform für Medizintourismus, wird Vorobyev als führender Experte für Anti-Aging-Therapien gepriesen, aber auch als Psychiater, Spezialist für Suchtmittel und Zelltherapie. Vorobyev bezeichnet sich selber als «Vollmitglied der amerikanischen Assoziation für Anti-Aging-Medizin und des Internationalen Konsortiums für Zelltherapie und Immuntherapie».

«Nie offiziell zugelassen»

Die Behörden warnen ausdrücklich vor Stammzellenbehandlungen, wie sie Swiss Medica anbietet. «Viele dieser Therapien wurden nicht auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit überprüft und wurden nie offiziell zur Verwendung zugelassen», schreibt Swissmedic auf ihrer Internetseite. Die Verantwortlichen von Swiss Medica waren gestern für eine Stellungnahme nicht erreichbar.