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Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).

© dpa

Klinikmorde in Delmenhorst: Gröhe warnt vor Kontrollwahn in Krankenhäusern

Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zeigt sich entsetzt über die vielfachen Patientenmorde des Krankenpflegers Niels H. Er warnt aber auch vor überstürzten Konsequenzen.

Nach den neuen Erkenntnissen über das Ausmaß der Mordserie durch einen Krankenhauspfleger in Delmenhorst und Oldenburg hat Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vor übereilten Schuldzuweisungen gewarnt. Man dürfe die Taten nicht vorschnell auf mangelnde Kontrolle infolge von Arbeitsdruck und schlechter Personalausstattung zurückführen, sagte Gröhe dem Tagesspiegel.

„Keine noch so gute Personalausstattung wird einen Mörder daran hindern, einen unbeaufsichtigten Moment für sich zu nutzen“, so der Minister. "Wenn wir mit dem Krankenhausstrukturgesetz jetzt die Stationspflege besser ausstatten, dann nicht, weil wir die Vermutung haben, dass die bisherige Situation monströse Verbrechen begünstigt, sondern weil wir die Arbeitssituation der Pflegekräfte und die Situation der Patienten verbessern wollen.“

Kein Generalverdacht gegen Pflegekräfte

Gleichzeitig warnte Gröhe vor einem „Generalverdacht“ gegen Pflegekräfte in den Kliniken. „Es muss angemessene Kontrollen geben, aber keinen Kontrollwahn, der die Kollegialität der Vermutung opfert, jeder andere könnte ein Monster sein, das zu derart schrecklichen Verbrechen in der Lage ist.“

Der Minister riet dazu, zunächst die kriminalistische Analyse abzuwarten und dann erst über strengere Klinik- und Arzneisicherungssysteme nachzudenken. Nach Aussagen der Staatsanwaltschaft handle es sich um ein mit höchster krimineller Energie betriebenes Verbrechen. Wenn die Sachverhalte klar lägen, sei zu fragen, ob die Kontrollsysteme zu verbessern seien, um einen derartigen Einzeltäter stoppen zu können.

Für mindestens 33 Todesfälle verantwortlich

Der Krankenpfleger Niels H. hat nach Überzeugung der Ermittler weit mehr Menschen getötet als bisher bekannt. Bei 27 von 99 exhumierten ehemaligen Patienten des Klinikums Delmenhorst seien Rückstände eines Herzmedikaments entdeckt worden, sagte der Oldenburger Polizeipräsident Johann Kühme am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Das Mittel soll Niels H. den Patienten absichtlich gespritzt haben. Insgesamt gehen die Ermittler jetzt davon aus, dass der Pfleger für mindestens 33 Todesfälle im ehemaligen städtischen Krankenhaus Delmenhorst verantwortlich ist.

Bei 27 Gestorbenen konnte den Angaben zufolge der Wirkstoff „Ajmalin“ des Medikaments „Gilurytmal“ festgestellt werden. Der Pfleger brachte Patienten laut den Ermittlern mit einer Überdosis absichtlich in einen „reanimationspflichtigen Zustand“, um anschließend bei der Wiederbelebung seine Fähigkeiten zu beweisen. Viele überlebten diese Notmaßnahme jedoch nicht. Ob Niels H. auch andere Substanzen nutzte, wird noch geprüft.

Diese 27 zusätzlichen Tötungshandlungen habe Niels H. gestanden, erklärten die Ermittler am Mittwoch. Vom Landgericht Oldenburg wurde er 2008 und 2015 wegen insgesamt sechs Todesfällen verurteilt (mit dpa)

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