Spitalfinanzierung
Niemand will Geld beim Kanton aufnehmen: Die Spitalmilliarde ist noch unangetastet

Von ferne betrachtet würde man meinen, dass sich gerade die Kantonsspitäler mit ihrem riesigen Investitionsbedarf auf die Kantonskredite stürzen würden. Doch weit gefehlt. Kein einziges Spital hat bisher für Investitionen Geld beim Kanton aufgenommen.

Mathias Küng
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Erneuerungsbedarf ist gross: Im Bild das neu eingeweihte Kopf- und Neurozentrum am Kantonsspital Aarau.Alex Spichale

Erneuerungsbedarf ist gross: Im Bild das neu eingeweihte Kopf- und Neurozentrum am Kantonsspital Aarau.Alex Spichale

Alex Spichale/HO/KSA

Mit Blick auf die von den eidgenössischen Räten seinerzeit beschlossene neue Spitalfinanzierung überarbeitete auch der Aargau seine Gesetzgebung. Damals erwartete man, dass sich die seit 2012 geltende neue Spitalfinanzierung innerhalb von 12 Jahren etabliert, die Spitäler danach Bauvorhaben eigenständig finanzieren können. Für die Übergangszeit stellte die Regierung in Aussicht, dass Spitäler Kredite in der Höhe von insgesamt bis zu einer Milliarde Franken aufnehmen könnten.

Von ferne betrachtet würde man meinen, dass sich gerade die Kantonsspitäler mit ihrem riesigen Investitionsbedarf darauf stürzen würden. Doch weit gefehlt. In der Beantwortung einer Interpellation des Murianer Spitaldirektors Marco Beng (CVP), der Apothekerin Martina Sigg (FDP) und des Präsidenten der Spitäler-Vereinigung Vaka, Hans Dössegger (SVP), wird deutlich, was mit der Milliarde geschah: nichts. Die Regierung hat bislang zwar einen Rahmenkredit von 75 Millionen Franken an die Psychiatrischen Dienste Aargau (PDAG) zugesichert. Dieser ist aber bis heute nicht genutzt worden.

Die Idee hinter der Finanzierungshilfe ist, dass es für die Spitäler anfangs schwierig sein könnte, sich auf dem Kapitalmarkt ohne die Sicherheit eines langfristigen Leistungsauftrages Geld zu beschaffen. Allerdings müsste ein Spital das Kantonsdarlehen nach 12 Jahren zurückzahlen – was angesichts der teilweise geringen Rentabilität der Spitäler sehr schwierig erscheint.

Spitalzukunft: Bericht zur Rolle des Kantons folgt

Welche Rolle soll der Kanton künftig bei seinen beiden Kantonsspitälern in Aarau und Baden haben? Zur Klärung dieser Frage verlangten die Gesundheitspolitiker Martina Sigg (FDP), Clemens Hochreuter (SVP) und André Rotzetter (CVP) einen regierungsrätlichen Bericht. Dieser soll als Grundlage für eine ergebnisoffene Diskussion zur Klärung der Eigentümerstrategie dienen, so die Hoffnung der Postulanten. Für sie sind die Interessenkonflikte des Kantons als Eigentümer, Betreiber, Regulator, Finanzierer und Leistungsbesteller der Kantonsspitäler wesentliche Hindernisse auf dem Wege zu einer kosteneffizienten Spitalversorgung. Antworten zum Leistungsange- bot verspricht die Regierung im Sommer in einem Strukturbericht. Darauf folgt der verlangte Bericht. (MKU)

Weil offenkundig viel Unsicherheit besteht, wollten die Interpellanten wissen, wie diese Kreditvergabe abläuft, was genau die Kriterien sind. Die Regierung macht jetzt klar, dass von ihr maximal 60 Prozent der Baukosten kämen. Die übrigen 40 Prozent müsste das Spital selbst aufbringen oder durch andere Darlehensgeber sicherstellen. Als «angemessene nachhaltige Finanzierungsfähigkeit» gilt eine Ebitda-Marge (eine unternehmerische Kennzahl, die dem Vergleich mit anderen Spitälern dient) von 10 Prozent.

Zum Vergleich: Das Kantonsspital Aarau erreichte 2015 einen Ebitda von 5,6 Prozent. Beim Zinssatz, den der Kanton will, stützt er auf seine eigenen Refinanzierungskosten ab, und verlangt eine Marge von 0,5 Prozent. Den Zeitraum für die Vergabe von Darlehen will die Regierung nicht verlängern. Darlehen könne man im Übrigen nach Ablauf der 12 Jahre auch mit Fremdkapital anderer Darlehensgeber zurückzahlen, hält sie weiter fest.

12 Jahre: «undenkbar»

Interpellantin Martina Sigg findet, die Regierung stelle recht klare Kriterien auf. Es bleibe trotzdem undenkbar, dass ein Spital einen Kredit schon nach 12 Jahren zurückzahlen könnte, wie es der Kanton verlangt. Sigg bedauert, «dass die Regierung keinen Weg aufzeigt, wie er die Zinskriterien dem Markt anpassen könnte oder vielleicht sogar von einer günstigen Kreditvergabe selber profitieren könnte».