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Hamburg

„Eine Mogelpackung“

25 Millionen mehr für Hamburgs Kliniken? Krankenhausgesellschaft und Ersatzkassen kritisieren Angabe der Gesundheitsbehörde

90 Millionen Euro, das sind die Investitionsmittel, die für die Hamburger Krankenhäuser im Haushaltplan für 2016 veranschlagt sind. Im Zuge der Verhandlungen für den Doppelhaushalt 2017/18 gab die Hamburger Gesundheitsbehörde Ende vergangener Woche bekannt, dass es nicht nur in den kommenden beiden Jahren eine Steigerung auf jeweils 95 Millionen Euro geben wird. Zusätzlich sollen „25 Millionen mehr für Hamburgs Krankenhäuser“ zur Verfügung stehen, kündigte die Behörde an und sprach von guten Voraussetzungen, um Hamburg „als Gesundheitsmetropole des Nordens weiter zu festigen.“ Doch die Freude darüber können weder die Hamburgische Krankenhausgesellschaft, noch der Verband der Ersatzkassen in Hamburg teilen. Im Gegenteil: Von den 25 Millionen Euro würde Hamburg im Zweifel keinen Cent sehen, heißt es da, der Behörde wird Augenwischerei vorgeworfen.

„Das ist eine Mogelpackung: In Wirklichkeit passt die Stadt Hamburg ihre Investitionen nicht an die wachsenden Krankenhausausgaben an. Während die Krankenkassen jedes Jahr mehr für die Behandlung der Versicherten an die Kliniken zahlen, stagnieren die Landesmittel. Die Folge: Mittel, die für die Versorgung, zum Beispiel für Personal, dringend benötigt werden, werden zweckfremd für Investitionen verwendet“, sagt Kathrin Herbst, Leiterin der Landesvertretung Hamburg des Verbands der Ersatzkassen. Während Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) davon spricht, mit den 25 Millionen Euro zusätzlich die Spitzenposition Hamburgs in der Krankenhausfinanzierung zu festigen und in Behandlungsqualität zu investieren, sieht Herbst hier eine ganz andere Verwendung: „Die Mittel aus dem Strukturfonds sind nicht für den Ausgleich fehlender Krankenhausinvestitionsmittel gedacht, sondern für Schließungen oder Zusammenlegungen von Krankenhäusern oder Klinikabteilungen sowie für die Konzentration von Leistungen. Dafür sind in Hamburg bisher keine Pläne bekannt.“

Der Hintergrund: Die genannten 25Millionen Euro sind Mittel, die Hamburg rechnerisch aus dem Strukturfonds zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen im Krankenhaussektor zustehen. In diesen wurden zum 1. Januar 2016 500 Millionen Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds übertragen; gemäß des Königsteiner Schlüssels stehen Hamburg daraus maximal 12,65 Millionen Euro dieser Bundesmittel zu. Die Fördervoraussetzung ist allerdings eine Kofinanzierung der Länder in gleicher Höhe. „Wenn man die Mitteilung der Behörde positiv lesen möchte, kann man die Absichtserklärung Hamburgs herauslesen, in die Kofinanzierung einzusteigen“, sagt Claudia Brase, Geschäftsführerin der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft. „Allerdings befürchte ich stark, dass wir von den 25 Millionen keinen Cent sehen werden, denn die Intention des Strukturfonds geht an Hamburg vorbei.“ Der Fonds sei dafür vorgesehen, in strukturschwachen Gebieten Einrichtungen zu schließen, erläutert Brase. „Doch in Hamburg gibt es keine kleinen Häuser mehr, die man noch schließen könnte. Es ist schon lange alles zusammengelegt worden, was ging.“

Cornelia Prüfer-Storcks erklärte bei der Vorstellung der Eckpunkte zur Krankenhausreform im Dezember 2014 noch, dass die Mittel aus dem Strukturfonds gut angelegtes Geld seien, denn der Abbau überflüssiger Betten entlaste auch die Beitragszahler. Doch um einen Bettenabbau soll es sich jetzt in Hamburg explizit nicht handeln, so die Gesundheitssenatorin in der Mitteilung von vergangener Woche: „Dieses Geld kann uns dabei helfen, unsere Krankenhäuser noch moderner aufzustellen und deren Spezialisierung zu fördern. Einen Bettenabbau finanzieren wir damit nicht. Während fast überall in Deutschland Krankenhauskapazitäten abgebaut werden, schafft Hamburg zusätzliche Betten in der Größe eines ganzen Krankenhauses. 2020 planen wir mit rund 12.350 Betten, also mit einem Plus von 530 Betten“, so die Senatorin.

Bei der Steigerung der Bettenzahl geht die Gesundheitsbehörde davon aus, dass sich der Trend, dass Patienten von außerhalb der Stadtgrenzen in Hamburger Krankenhäusern behandelt werden, noch verstärkt. Bereits jetzt liegt er bei rund einem Drittel. „Die Versorgung des Umlandes ist eine Stärke Hamburgs und soll sicherlich noch ausgebaut werden, denn in Hamburg selbst ist die ambulante Versorgung so stark, dass die Patienten gar nicht immer ins Krankenhaus müssen“, sagt Matthias Mohrmann, Mitglied des Vorstandes der AOK. Prof. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer und Präsident der Ärztekammer Hamburg, betont hingegen, dass nicht alles ambulant behandelt werden könne und dass Betten in Kliniken vorgehalten werden müssten: „Es macht daher Sinn, die Bettenanzahl zu erhöhen.“

Auf Rückfragen, ob es schon Anträge von Hamburger Kliniken für Gelder aus dem Strukturfonds gäbe, hieß es aus der Gesundheitsbehörde, dass der Fonds noch so neu sei, dass noch keine Anträge vorliegen könnten. Die Länder haben bis zum 31. Juli 2017 Zeit, Anträge an das Bundesversicherungsamt auf Auszahlung von Fördermitteln zu stellen.

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