Kommentar :
Der Fisch stinkt vom Kopf her

Ewald Hetrodt
Ein Kommentar von Ewald Hetrodt
Lesezeit: 2 Min.
Suchen nach übermäßigem Personalabbau händeringend Pflegekräfte: die Horst-Schmidt-Kliniken in Wiesbaden
Wenn Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen viele Mitarbeiter entlassen, sollten saftige Gehaltserhöhungen an der Spitze tabu sein. Gegen diesen Grundsatz hat die Wiesbadener Klinik HSH verstoßen. Und nicht nur das.

Wenn Unternehmen in eine so schwere Schieflage geraten, dass es zu Massenentlassungen kommt, sollten saftige Gehaltserhöhungen an der Spitze tabu sein. Lutz Hammerschlag, der von der Stadt Wiesbaden in das Führungstrio der Horst-Schmidt-Kliniken (HSK) entsandte Geschäftsführer, hat diese Regel missachtet. Ihn hielt die beispiellose Entlassungswelle, die das Krankenhaus überrollte, nicht davon ab, für seine Teilzeitstelle 23.700 Euro mehr im Jahr zu kassieren.

Nun ließ er auch die Chance verstreichen, die kräftige Erhöhung seiner Bezüge zu begründen. Seine Auskunft, er komme seinen Verpflichtungen „vollumfänglich“ nach, hinterlässt den Eindruck eisiger Kälte. Wie mag sich wohl der Pfleger vorkommen, der seine Schwerstarbeit ebenfalls „vollumfänglich“ erledigt, aber angesichts der Personalnot schier verzweifelt? Es spricht Bände, dass die Frage nach Hammerschlags zeitlichem Aufwand unbeantwortet bleibt und der städtische Gesundheitsdezernent Axel Imholz (SPD) nicht einmal verraten will, wer den Vertrag mit ihm abgeschlossen hat.

„Sprinterprämie“ gezahlt

Die Intransparenz in der Wiesbadener Kommunalpolitik nimmt immer größere Ausmaße an. Wie lange wollen sich die Stadtverordneten das eigentlich noch bieten lassen? Tatsächlich kommt es in erster Linie nicht auf den zeitlichen Aufwand an, sondern auf die Leistung. Aber was hat die dreiköpfige Geschäftsführung, der Hammerschlag angehört, denn nun geleistet? Um den Abbau von 390 Arbeitsplätzen möglichst rasch ins Werk zu setzen, zahlte sie zusätzlich zur normalen Abfindung eine „Sprinterprämie“. Es passierte, wovor der Betriebsrat gewarnt hatte: Die besten Leute nahmen das Geld und heuerten in Frankfurt oder Mainz an.

Als die Führungsspitze gegensteuerte und nicht mehr jeden Mitarbeiter ziehen ließ, reagierten diese konsequent. Sie zogen die Kündigung einer Zukunft mit schlecht motivierten Kollegen in unterbesetzten Abteilungen vor. Am Ende hatten die HSK nicht 390, sondern 450 Leute weniger.

„Wir haben mehr Mitarbeiter verloren, als wir gehen lassen wollten“, musste der von Helios entsandte Geschäftsführer Kristian Gäbler öffentlich zugeben. So suchen die HSK in ihrer großen Personalnot jetzt händeringend im In- und Ausland nach Pflegern. Und wieder werden Zusatzprämien geboten - aber diesmal nicht für die Trennung, sondern für den Einstieg.

Wer an einem solchen Desaster beteiligt war, sollte dafür nicht auch noch mehr Geld nehmen, sondern froh sein, wenn er nicht selbst entlassen wird.