Ärzte: Kliniken brauchen mehr Geld

Saarbrücken · Die Bundesländer haben bei den Investitionen in den Kliniken jahrelang massiv gekürzt. Die Folgen sind laut Ärztepräsident Josef Mischo Personalabbau und eine zunehmende Ökonomisierung der Behandlung.

 Die Kliniken im Saarland sind selbst zum Behandlungsfall geworden, ihnen fehlt Geld. Foto: Dedert/dpa

Die Kliniken im Saarland sind selbst zum Behandlungsfall geworden, ihnen fehlt Geld. Foto: Dedert/dpa

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Der Ruf nach mehr Geld für die 22 saarländischen Krankenhäuser wird immer lauter. Krankenkassen, Gewerkschaften und Klinik-Chefs klagen schon lange darüber, dass das Land seine Zuschüsse für Investitionen unter dem Spardruck der Schuldenbremse zurückgefahren hat. Im Jahr 2011 flossen 38,7 Millionen Euro aus dem Haushalt, aktuell sind es noch 28,5 Millionen. Auch der Ärzteschaft bereitet diese Entwicklung Sorgen, wie der Neujahrsempfang der Ärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung in der Saarbrücker Congresshalle zeigte. Der seit Jahren zu beobachtende Rückzug der Bundesländer aus der Krankenhausfinanzierung "belastet in nicht zu akzeptierender Weise die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Krankenhäuser ", sagte Kammerpräsident Dr. Josef Mischo.

Laut Gesetz tragen die Länder die Investitionskosten der Kliniken , also für Neubauten, Sanierungen oder Großgeräte, während die Kassen die Behandlungskosten zahlen. Insbesondere die finanzschwachen Länder wie das Saarland haben die Investitionen stark gekürzt. Nach der Logik der Schuldenbremse darf sich das Land bei der Krankenhausfinanzierung pro Kopf keine höheren Ausgaben leisten als andere Länder.

Mischo sagte, auch das aktuelle Gutachten des RWI-Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung zur Krankenhausstruktur im Saarland fordere eine Erhöhung der Investitionsfördermittel. "Es kann nicht sein, dass die notwendigen Mittel für den Erhalt beziehungsweise zukunftsorientierte Investitionen durch Personalabbau oder Ökonomisierung der medizinischen Behandlung erspart oder erwirtschaftet werden müssen", sagte Mischo. Eine Anspielung auf den - inzwischen auch von der Landesregierung eingeräumten - Personalmangel bei den Pflegekräften.

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ) bekräftigte beim Ärzte-Empfang, dass sich die Krankenhauslandschaft im Saarland ändern müsse. Das Gesundheitsressort will mehr Spezialisierung und mehr Kooperation der Kliniken . "Wir brauchen mehr Geld in diesem System insgesamt, das ist kein Geheimnis", sagte die Regierungschefin und kündigte ein Förderprogramm an. Das Gesundheitsministerium hat bereits in Aussicht gestellt, die Investitionskosten von 28,5 Millionen Euro ab 2018 um vier Millionen Euro im Jahr aufzustocken. Diese Summe hält Mischo allerdings nicht für ausreichend, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen, wie er auf Nachfrage sagte.

Der Kammerpräsident ordnete diese Diskussion in den Zusammenhang einer "grundlegenden und zunehmenden Werteverschiebung" ein, von dem längst nicht nur das Gesundheitswesen betroffen sei. "Seit geraumer Zeit und in zunehmendem Umfang wird Erfolg als wirtschaftlicher Erfolg definiert. Im Umkehrschluss geht es auch im Gesundheitswesen um Kostenminimierung bei andererseits steigenden Leistungs- und Qualitätsansprüchen", sagte Mischo. Weder Ärzte noch Patienten blieben von der Versuchung der Ökonomisierung verschont. Patienten fühlten sich zunehmend ermuntert, nach dem Motto "Das steht mir zu" mit Forderungen an Krankenkassen und Ärzte heranzutreten. "Und was nachgefragt wird, das wird auch gerne angeboten - medizinisch sinnvoll oder nicht", sagte Mischo. Selbstkritisch fügte er hinzu, die Ärzte seien in der Gefahr, "durch ein großzügiges Angebot medizinischer Dienstleistungen die ursprüngliche Motivation des sozialen Handelns aufzugeben". Der Arztberuf mutiere damit von der Berufung zum Gewerbe. "In der Folge brauchen wir uns weder zu beschweren noch zu beklagen, dass unsere Tätigkeit auch reglementiert wird wie ein Gewerbe."

Meinung:

Bund muss stärker helfen

Von SZ-Redakteur Daniel Kirch

Inzwischen bestreitet niemand mehr, dass die Krankenhäuser viel mehr Geld brauchen. Das Problem ist nur, dass so viel mehr Geld im Land gar nicht da ist; auch die Segnungen des neuen Bund-Länder-Finanzausgleichs ab 2020 werden die Probleme der Kliniken nicht verschwinden lassen. Das bedeutet: Die Struktur mit vielen kleinen Standorten und vielen Doppelstrukturen muss auf den Prüfstand. Ein paar Kilometer weiter bis zum nächsten Krankenhaus fahren zu müssen, ist in unserem kleinen Land wirklich keine Zumutung. Und: Der Bund muss in die Finanzierung einsteigen. Er hat Geld wie Heu. Selbst wenn er es nicht hätte, könnte er es sich über eine ohnehin überfällige Reform des Steuersystems besorgen. Wenn der Bund mitzahlt, wird er bei der Krankenhauslandschaft auch mitreden wollen. Das ist alles besser als der jetzige Zustand.

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