Winnenden

Rems-Murr-Klinikum: Das muss sich in der Notaufnahme ändern

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Symbolbild. © Ramona Adolf

Wer als Journalist selber betroffen ist, sollte sehr vorsichtig sein. Das eigene Erleben kann die Sicht verzerren. Doch zu dem, was ich selber in der Notaufnahme und in der Gastroenterologie im Klinikum Winnenden erlebt habe, kann ich nicht schweigen. Denn das Erlebte steht in einem zu krassen Widerspruch zu den offiziellen Verlautbarungen über die Arbeit der Notaufnahme. Ich möchte aber jetzt nicht die Geschichte des Tages erzählen, neun Stunden Aufenthalt für zehn Minuten Magenspiegelung, sondern ganz konstruktiv sechs Forderungen aufstellen, damit es künftig für Patienten und das Klinikum besser läuft.

Freuen Sie sich, dass Sie Patienten haben!

Im Rems-Murr-Kreis macht jeder zweite Patient einen großen Bogen um die Kreiskliniken. Denn es gibt in der Region Stuttgart viele gute medizinische Angebote, aus denen die Patienten auswählen können. Deshalb müsste das Klinikum über jeden Menschen froh sein, der kommt. Ärzte und Pfleger müssten gemeinsam um das Vertrauen jedes Patienten kämpfen. Denn persönliche Erfahrungen, die man weitergibt, sind die beste Empfehlung für einen Arzt oder ein Klinikum. In der Notaufnahme passiert häufig, zumindest habe ich das beobachtet, das Gegenteil. Lange Wartezeiten, mangelnde Transparenz und viele andere Mängel untergraben das Vertrauen in die Rems-Murr-Kliniken.

Nehmen Sie die Hausärzte ernst!

Wenn ein Hausarzt einen Patienten sofort in die Notaufnahme schickt und den akuten Zustand des Patienten auf dem Überweisungsschein dokumentiert, gibt es ein gravierendes Problem. Und man erwartet schnelle Hilfe. Was passiert stattdessen? Warten am Tresen, währenddessen kümmert sich das Personal um irgendwelchen Papierkram. Während es nicht weitergeht, unterhalten sich im Hintergrund Mitarbeiter, Pfleger sitzen auf Stühlen der Notaufnahme und spielen mit ihrem Handy. Das vermittelt nicht das Gefühl, dass der Hausarzt mit seiner Diagnose und der Patient mit seinen akuten Problemen und Ängsten ernst genommen werden. Und wer trifft dann wirklich die Entscheidung, dass zunächst nichts passiert? Das Personal am Empfangstresen? Auf welcher Grundlage? Mit welcher Ausbildung? „Nehmen Sie Platz“, heißt es lapidar und das lange Warten beginnt. Vermutlich haben wir den Fehler gemacht, nicht auf einen Rettungswagen zu warten, sondern gleich ins Klinikum zu fahren, weil das schneller geht.

Schaffen Sie Transparenz während der Behandlung!

Warum muss man so lange warten? Was ist der nächste Schritt? Was ist der Befund? Ist es schlimm oder nicht? Warum wird das an vielen Stationen nicht erklärt und warum muss man immer selber nachfragen? Die mangelnde Transparenz während einer mehrstündigen Behandlung zehrt an den Nerven. Die Ergebnisse der Magenspiegelung habe ich aus Papieren, die auf dem Bett lagen, entnommen. Ob meine Interpretation richtig ist, weiß ich nicht. Nach neun Stunden sind wir dann selber gegangen. Das war wohl zu früh. Ein Abschlussgespräch mit einem Arzt hat es nicht gegeben.

Nehmen Sie die Angehörigen ernst!

Angehörige sind genauso voller Angst und Sorgen wie die Patienten. Doch gemeinsam steht man diese Zeit besser durch. Deshalb müssen die Angehörigen in den Ablauf mit einbezogen werden. Und es darf nicht sein, dass man getrennt wird und der Patient plötzlich eineinhalb Stunden verschwindet - und niemand Auskunft geben kann oder will. Das sind die schlimmsten Momente. Vor allem wenn man das Gefühl hat, dass das niemanden interessiert.

Verändern Sie die Abläufe!

Die langen Wartezeiten sind nicht akzeptabel. Und der Satz „Wir sind hier in der Notaufnahme“ kann nicht als Dauerentschuldigung für eine schlechte Ablauforganisation herhalten. Es fehlt schlicht an Ärzten in der Notaufnahme, so zumindest meine Beobachtung. Der Spruch des Tages war: „Die Ärztin kommt.“ Er fiel zuerst um 14 Uhr, um 20 Uhr sind wir dann gegangen. Die Ärztin haben wir nie getroffen. Wenn das Klinikum hier nicht schnell nachbessert, hat es den Kampf um die Patienten verloren.

Schaffen Sie kompetente Ansprechpartner!

Während der langen Wartezeiten gibt es viele Fragen. Deshalb wäre es gut, wenn es in der Notaufnahme einen „Kümmerer“ gäbe. Medizinisch kompetent, psychologisch geschult und mit Freude an der Arbeit. Ein Ansprechpartner, an den man sich immer wenden könnte. Das würde helfen, Ängste, Sorgen und Frust bei den Patienten zu reduzieren.

Das Klinikum in Winnenden ist einmal gebaut worden, um betriebswirtschaftlich effizient zu arbeiten und um Überschüsse zu erwirtschaften. Dieses Ziel ist total verfehlt worden. Das neue Klinikum schreibt tiefrote Zahlen. Das neue Ziel lautet: Es gibt eine bessere medizinische Versorgung für die Menschen. Doch es reicht nicht aus, ein schönes Gebäude zu bauen, Chefärzte mit Professorentiteln einzustellen und moderne Apparate zu kaufen. Die Wahrheit zeigt sich im Arbeitsalltag und im Umgang mit den Patienten. Und hier muss dringend nachgebessert werden.