Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Die geheime Spital-Agenda des Thomas Weber

Partner oder nicht? Lukas Engelberger (BS) und Thomas Weber (BL).

Mit der für die Region seltenen, aber wohltuend guten Zusammenarbeit zwischen Baselland und Basel-Stadt im Gesundheitsbereich ist es offenbar nicht weit her. Hinter den letzte Woche bekannt gewordenen Plänen des Kantonsspitals Baselland (KSBL), am Bahnhof Liestal ein Ambulatorium einzurichten, steckt mehr als bisher gedacht.

Recherchen der BaZ zeigen, dass das KSBL mit Rückendeckung von Gesundheitsdirektor Thomas Weber (SVP) die geplante Fusion mit dem Basler Universitätsspital untergräbt. Der BaZ liegen Unterlagen vor, die belegen, dass Baselland offiziell zwar zur Fusion steht, aber seit etwa einem Jahr heimlich eine eigene Agenda aggressiv verfolgt, die mit einer Spitalgruppe beider Basel nur schwer vereinbar ist.

Die Unkenntnis des Lukas Engelberger

Als das Regionaljournal von Radio SRF vorige Woche bekannt machte, dass das KSBL am Bahnhof Liestal eine ambulatorische Klinik mit bis zu 40 Ärzten plant, standen die Basler Partner mit offenen Mündern da. Der Basler Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger (CVP) hatte keine Kenntnis von den Plänen des KSBL. Die Verwunderung in der Branche war gross, steht ein solches Grossprojekt doch im Widerspruch zum offiziellen politischen Kurs der beiden Gesundheitsdirektoren.

Als der Baselbieter Gesundheitsdirektor Thomas Weber ausrichten liess, hinter den Plänen seines KSBL zu stehen, war die Irritation perfekt. Und gestern stellte sich Weber im Landrat erneut vor das Projekt und betonte, dass weitere Ambulatorien respektive Permanencen gemäss Fusionskonzept möglich seien.

Das Vorhaben der Baselbieter, das seltsamerweise mit dem Fusionspartner nicht abgesprochen war und die Städter verärgert hat, steht quer in der Landschaft: Das klamme KSBL ist auf ein baldiges Gelingen der Spitalfusion dringender angewiesen als das Unispital und kann es sich eigentlich nicht leisten, in Basel Misstrauen zu schüren: Die Basler werden wohl auch mit einer Finanzspritze die vorgesehene Tagesklinik auf dem Bruderholz mitfinanzieren müssen. Und nun will das KSBL also alleine rund eine Millionen Franken Jahresmiete am Bahnhof Liestal ausgeben und eine neue Infrastruktur aufbauen, die das kommunizierte Fusionskonzept auf den Kopf stellt.

Kenner des regionalen Gesundheitswesens sind befremdet und halten die Pläne des KSBL für ein nicht wirklich ernstgemeintes Manöver – also für ein Druckmittel bei den Fusions-Verhandlungen. Eine andere schlüssige Erklärung fand keiner. Nun zeigen Recherchen: Das KSBL brütet bereits seit letztem Frühling über dem Geheimprojekt.

Widerspruch zur Spitalfusion

Das KSBL und das Unispital arbeiteten im Frühling 2016 mit Hochdruck an der Fertigstellung der Fusionspläne. Ein konkretes Konzept musste bis zu den Sommerferien fertig sein, damit die Regierungen beider Basel die Pläne prüfen und diese im September der Bevölkerung präsentieren können. Just in dieser Zeit zog das KSBL Ressourcen für einen Baselbieter Sonderzug ab.

KSBL-CEO Jürg Aebi und sein Leiter Unternehmensentwicklung, Markus Nydegger, hatten mehrere Sitzungen mit Alex Lind in Aebis Büro am KSBL-Standort Liestal. Ökonom Lind ist ein bekanntes Gesicht in der Branche. Er war unter anderem Finanzchef der Psychiatrie Baselland und Direktor der Schmerzklinik in Basel.

Der private Unternehmer unterbreitete dem Direktorium eine Idee, für die sich Aebi sogleich begeisterte: ein «Health Care Center Schweiz» im SBB-Neubau am Bahnhof Liestal. Das «Health Care Center» war der von Liestals Stadtpräsident Lukas Ott bisher stets erwähnte, aber nie namentlich genannte Ankermieter. Im geplanten Neubau direkt am Gleis 1, sollte eine ambulatorische Tagesklinik samt Operationstrakt entstehen. Das Projekt gleicht der geplanten Tagesklinik auf dem Bruderholz und steht damit im Widerspruch zum Fusionskonzept.

Linds Konzept ging jedoch noch weiter: Das Ambulatorium sollte keine neuen Kapazitäten schaffen, sondern mit bestehenden Ärzten auskommen. Ein Patient wäre beispielsweise von Ärzten des KSBL untersucht worden oder von privaten Orthopäden der Praxisgemeinschaft in Liestal. Für eine allfällige stationäre Behandlung wären dann die Patienten in ein Spital ihrer Wahl zugewiesen worden. «Wir wollten ein Triagezentrum für die ganze Region», bestätigt Alex Lind auf Anfrage der BaZ.

Gespräche hätten mit vielen Akteuren stattgefunden. Mündliche Zusagen für das Grossprojekt gab es von der Orthopädiepraxis Brunnmatt, dem Telemedizinunternehmen Medgate und dem Kantonsspital Baselland als grösster Partner.

Fragwürdige Methoden

Am 14. Juni traf sich Lind erneut mit Aebi in dessen Büro in Liestal, um das Projekt nochmals im Detail zu besprechen. Während der KSBL-Direktor also ein Projekt erarbeitete, dass der Spitalgruppe beider Basel widerspricht, stellten das KSBL und das Unispital gerade das Konzept für die Spitalfusion fertig. Dieses mussten sie bis Ende Juni zuhanden der Regierungen fertigstellen. Ebenfalls auf Ende Monat sollte der KSBL-Verwaltungsrat dem Ambulatorium am Bahnhof den Segen erteilen, versprach Aebi.

Anfang Juli haben bereits alle Partner zugesagt, ausser das KSBL. Unternehmensentwickler Nydegger vertröstet Lind in einer Mail vom 1. Juli um eine Woche: «Kannst Du uns noch bis nächsten Donnerstag Zeit geben – wir sind noch nicht dazu gekommen, den Verwaltungsratspräsidenten zu informieren und dessen Plazet abzuholen (ist für nächsten Mittwoch geplant). Das Interesse des KSBL ist weiterhin sehr gross.»

Lind erhielt jedoch auch eine Woche später keine Zusage und wird von Aebi auf 24. August vertröstet. Lind, der den abgemachten Zeitplan mit den SBB für die Unterzeichnung der Absichtserklärung nicht einhalten konnte, bat die SBB um mehr Zeit. Dabei erfuhr er, dass das KSBL ein eigenes Projekt bei den SBB eingegeben hat – jedoch ohne Lind und ohne die anderen Partner Brunnmatt und Medgate.

Zwar gaben die SBB Lind noch eine Frist bis Ende August, doch die Zeit reichte nicht aus, um in den Sommerferien einen neuen Hauptpartner zu finden. Der ausgestochene Unternehmer suchte nun das Gespräch mit dem Basler Unispital. Doch auch von dort habe er eine Absage erhalten und erfahren, dass das Unispital von den Plänen des KSBL offenbar bisher nichts gewusst hatte. Schliesslich musste Lind sein Projekt zurückziehen.

Das KSBL, das nun den privaten Konkurrenten ausgeschaltet hat, muss künftige Patienten am Bahnhof Liestal nicht mehr mit anderen Anbietern teilen. Der Rest ist bekannt: Von Thomas Weber abgesegnet, treibt das Kantonsspital Baselland also zwei sich widersprechende Projekte voran, sorgt wohl für weiteres Misstrauen zwischen beiden Basel und gefährdet damit letztlich die Spitalfusion.