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Hebammenmangel

Sozialministerium reagiert auf Hebammenmangel

Baden-Württemberg / Lesedauer: 3 min

Runder Tisch soll Lösungskonzepte erarbeiten – Vor allem die Kliniken sind unterbesetzt
Veröffentlicht:23.01.2017, 19:55

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Geringe Verdienste und hohe Arbeitsbelastung: Spätestens seit den bundesweiten Demonstrationen im Jahr 2014 ist die prekäre Situation der Hebammen bekannt. Im Stuttgarter Sozialministerium findet am heutigen Dienstag nun erstmals ein runder Tisch zum Thema Geburtshilfe statt. Damit reagiert das Land Baden-Württemberg auf den wachsenden Hebammenmangel und daraus resultierende regionale Versorgungsengpässe, wie das Ministerium mitteilt. Mit Hebammen, Krankenkassen, Ärzten, Krankenhäusern und Eltern sollen nun Lösungsansätze erarbeitet werden.

„Leidtragende sind nicht nur die Hebammen, sondern vor allem die schwangeren Frauen“, sagt Jutta Eichenauer , Vorsitzende des Hebammenverbandes Baden-Württemberg. Nicht selten spreche sie mit werdenden Müttern, die verzweifelt eine Hebamme suchen, aber keine finden würden. Grund seien nicht nur die hohen Haftpflichtprämien für freiberufliche Hebammen, die 2017 bei rund 7500 Euro pro Jahr liegen, sondern auch die schlechten Arbeitsbedingungen. Die Folge: Immer mehr Hebammen steigen aus, immer weniger kommen nach. Im Landesverband seien derzeit 1500 Hebammen organisiert, 400 davon gingen in den nächsten sieben Jahren in Rente, so Eichenauer.

Weit weg von 1:1-Betreuung

Vor allem in den Kliniken sei die Lage angespannt – 98 Prozent der Frauen entbinden hier. Viele Stellen in den 80 Geburtsabteilungen im Land sind unbesetzt, die Arbeitsbelastung der Hebammen und der Krankenstand dementsprechend hoch. „Teilweise betreuen die Kolleginnen drei bis vier Frauen gleichzeitig bei der Geburt“, so Eichenauer.

In Bayern sei die Situation ähnlich, sagt Susanne Weyherter vom Bayerischen Hebammenverband. „Der Arbeitsaufwand ist heute ein ganz anderer als noch vor 30 Jahren.“ Es falle viel mehr an Organisatorischem und Dokumentation an, das Personal sei aber nicht aufgestockt worden. So wird aus dem, was idealerweise eine 1:1-Betreuung sein sollte, ein „Hetzen und Überwachen“. Das bayerische Gesundheitsministerium hat jetzt eine Studie zur Versorgungssituation im Land in Auftrag gegeben.

Eine Analyse des Ist-Zustands strebt auch der runde Tisch in Stuttgart an. Denn statistische Erhebungen zur Zahl der freiberuflich tätigen Hebammen gibt es nicht, wie das Sozialministerium mitteilt. Bekannt ist lediglich die Zahl der festangestellten in Krankenhäusern. Diese liege seit 2010 fast unverändert bei rund 1390 – trotz steigender Geburtenrate.

Im Gegensatz zum Hebammenverband sieht die Krankenhausgesellschaft im Südwesten „die flächendeckende Versorgung auf einem hohen Niveau“, wie Sprecherin Annette Baumer sagt. Vor allem die zunehmende Zentralisierung der Geburtshilfe stellt für den Hebammenverband eine Belastung für die Gebärenden dar – schließlich müssen sie so weitere Wege zurücklegen. Für Baumer hingegen spiegelt sich in der Zentralisierung auch das große Sicherheitsbedürfnis vieler Schwangerer wider: „Viele entscheiden sich bewusst für große Krankenhäuser mit Kinderklinik.“

Neben einer Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und mehr Hebammenstellen in Krankenhäusern erhofft sich Jutta Eichenauer vom Hebammenverband eine bessere organisierte Zusammenarbeit von Hebammen, Rettungsdiensten und Frauenärzten in Notfallsituationen.