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Das Geschäft der dubiosen Patientenvermittler

Mit Patienten aus dem Ausland machen deutsche Ärzte und Kliniken zwei Milliarden Euro Umsatz im Jahr. Doch in dem Geschäft mischen Hunderte dubiose Vermittler mit. Die Politik ignoriert das Problem.

Es ist Sonntagmittag in dieser fremden Stadt und ihm ist schwindlig, seit dem Aufstehen. Er ist im Hotel geblieben, dieser Absteige. Jetzt sieht er alles verschwommen, sein Bett, den Stuhl, das Muster des Teppichs.

Sein verdammter Diabetes. Er wird verrecken wie ein Hund. Er denkt an seine Frau, die Kinder, die Heimat, mehr als zweitausend Kilometer entfernt. Er nestelt sein Handy aus der Hosentasche und tippt die Nummer eines Bekannten ein, des einzigen Menschen, der ihm jetzt noch helfen könnte.

„Geh bitte ans Telefon.“ Es ist wieder nur die Mailbox, auf die er spricht. Um 14 Uhr 30 ruft, unten in der Rezeption, eine Mitarbeiterin des Hotels die 110 an. Der Notarzt kommt, ein Polizist vom Revier 2, Frankfurt am Main.

Drei Tage später sitzt Nouri Khalifa Mohamed Almesheri aus Zawia, Libyen, 51 Jahre alt, Vater von drei Töchtern und fünf Söhnen, in einem Raum mit großem Tisch und teuren Designerleuchten. Ein Mann mit rundem Kopf und Kugelbauch. Der Rettungswagen, Inschallah, kam gerade noch rechtzeitig. Almesheri ist hier, in dieser Frankfurter Anwaltskanzlei, um ein paar Dinge zu klären, dann muss er zurück in die Klinik.

Ahnungslos in ein Big Business hineingeraten

„Ich hätte nie gedacht, dass so etwas in Deutschland möglich ist.“ Ohne es zu ahnen, ist Almesheri in ein Milliardengeschäft hineingeraten, in dem skrupellose Geschäftsleute auf Kosten schwer kranker Menschen Profite machen.

Sein Handy bimmelt, er sieht die Nummer und drückt den Anruf weg. Die Ärzte, sie machen sich bestimmt Sorgen. Er muss erst erzählen, was passiert ist.

Der Diabetes macht ihm das Leben schwer, der Zuckerschock am Sonntag ist nur ein Beispiel. Doch er ist nicht nur deshalb nach Deutschland gekommen. Vor zwei Jahren spürte er zum ersten Mal dieses Kribbeln in seinen Beinen. Er saß zu Hause auf dem Sofa, der Fernseher lief. Almesheri war Lehrer gewesen, inzwischen ist er Rentner.

Erst kam das Kribbeln, dann kamen stechende Schmerzen. Als er eines Morgens aufstehen wollte, gehorchten ihm seine Beine nicht. Es war kein Gefühl mehr in ihnen. Er brauchte jetzt Krücken und einen Rollstuhl. Sein Arzt machte ein besorgtes Gesicht, die stark verformte Wirbelsäule womöglich, helfen konnte er nicht.

Almesheri hörte im Radio, dass sehr kranke Menschen aus seiner Gegend im fernen Deutschland Hilfe von einem gewissen Doktor Asim Busch-Pusitsch bekommen haben und gesund wurden, weil der Doktor ihnen Behandlungen in den besten Kliniken organisierte.

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Er wandte sich an das Zentralkomitee für medizinische Versorgung in Zawia, eine lokale Unterbehörde des libyschen Gesundheitsministeriums. Sie arbeitete mit diesem Doktor zusammen und bezahlte die Behandlungen, die er sich selbst niemals leisten könnte. So fing alles an.

Etwa 200.000 ausländische Patienten im Jahr

So oder so ähnlich fängt es oft an. Das Geschäft mit der Gesundheit ist ein globaler Milliardenmarkt. Hunderttausende Patienten reisen in andere Länder, um sich dort behandeln zu lassen. Allein nach Deutschland kamen im vergangenen Jahr mehr als 200.000 ausländische Patienten. Mit ihnen haben alleine die Kliniken mindestens eine Milliarde Euro Umsatz gemacht.

Chefärzte, Arztpraxen und medizinische Versorgungszentren etwa noch einmal so viel. Die größte Gruppe sind Patienten, die aus Russland anreisen. Fast jeder zehnte Patient kommt inzwischen aus Ländern, in denen Arabisch gesprochen wird. Aus Libyen zum Beispiel wie Nouri Almesheri.

In vielen dieser Länder liegen die staatlichen Gesundheitssysteme darnieder, die hygienischen Bedingungen sind teilweise miserabel, in Libyen herrschen zudem bürgerkriegsähnliche Zustände. Dagegen erscheint Deutschland wie das Paradies. Es gilt seit vielen Jahrzehnten weltweit als eines der Länder, in dem Patienten am besten versorgt werden. Es gibt hervorragend ausgebildete Ärzte und modernste Geräte, viele Kliniken wirken in ihren Werbebroschüren oder im Internet wie Viersternehotels, in denen sich Frauen und Männer in weißen Kitteln um die Gesundheit ihrer Gäste kümmern.

Die Patienten bekommen die beste Behandlung. Die Krankenhäuser nutzen die Möglichkeit, teure Apparate und Stationen auszulasten und abseits der mit den Krankenkassen vereinbarten Regelsätze Geld zu verdienen. Es sieht aus wie der perfekte Deal für beide Seiten.

Die Milliarden locken dubiose Geschäftemacher

Allerdings mischen in diesem Geschäft Hunderte Vermittlungsagenturen mit. Sie versprechen, sich um alles zu kümmern: Visa, Flüge, Dolmetscher, Termine in den besten Kliniken und vieles mehr. Die Patienten wissen oft nicht, mit wem sie sich einlassen. Dieses Geschäft zieht Schlepper an, die schwer kranken Menschen überhöhte Rechnungen stellen, ihnen zu überflüssigen Untersuchungen raten oder sie nach einer Reihe von Alibi-Behandlungen mit dem Glauben in die Heimat zurückschicken, geheilt zu sein.

Oft kassieren sie zweimal: bei den Kliniken, im Schnitt 15 Prozent der Behandlungskosten als Provision; und bei den Patienten mitunter noch einmal so viel. Trotzdem arbeiten Krankenhäuser mit ihnen zusammen, auch sie wollen sich die Profite nicht entgehen lassen, die im Medizintourismus locken. Die Politiker in Berlin tun, als ginge sie das alles nichts an.

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„Das Geschäft der Patientenvermittler ist sehr intransparent“, sagt Jens Juszczak. Kaum jemand in Deutschland kennt sich mit dem Medizintourismus und den Auswüchsen so gut aus wie er. Juszczak, Dozent an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin, forscht seit zehn Jahren zum Thema, er berät die Politik.

Warum Länder wie Libyen, in denen es vielen Menschen am Nötigsten fehlt, viel Geld für ein paar Hundert Patienten ausgeben statt es in das eigene Gesundheitssystem zu investieren, das gehört zu den Fragen, auf die es keine eindeutigen Antworten gibt. Sicher ist, dass das Geschäft mit den Kranken den Beamten, Botschaftsmitarbeitern und Vermittlern alle Möglichkeiten bietet, sich auf Kosten der Patienten zu bereichern.

Deutschlands Ärzte, seine große Hoffnung

Es ist Mitte Juni dieses Jahres, als Nouri Almesheri, einer von mehreren Hundert Patienten des Doktors aus dem Radio, in Frankfurt aus dem Flugzeug steigt. Er holt tief Luft, es ist, als würde sein Herz plötzlich weit. Er ist da.

Sein Land hat schon 100.000 Euro nach Deutschland überwiesen, einen Vorschuss, damit er behandelt werden kann: an das Naturheilzentrum Worms, so heißt die Firma des Doktors. Der Name kann leicht in die Irre führen. Die Firma behandelt nicht, auch der Doktor nicht, sie vermittelt Patienten an deutsche Krankenhäuser.

Ein junger Mann holt Almesheri mit dem Auto am Frankfurter Flughafen ab, er nennt das Naturheilzentrum Worms nur NHZ, wie viele andere Mitarbeiter auch. Er bringt Almesheri in ein Hotel. Er solle warten, bis er einen Anruf bekomme. Also sitzt Almesheri in den nächsten Wochen oft auf seinem Hotelbett und wartet. Er geht nur raus, wenn es unbedingt sein muss. Er will nichts riskieren.

Das NHZ hat seinen Pass. Wenn die Polizei ihn anhält, einen Libyer ohne Papiere, der kein Wort Deutsch versteht, dann war es das wahrscheinlich mit seiner Heilung in Deutschland. Und zwar bevor ein einziger Arzt ihn zu Gesicht bekommen hat.

Almesheri hat ein paar Voruntersuchungen. Mitte August, zwei Monate nach seiner Ankunft, holt ihn ein Fahrer des NHZ ab und bringt ihn in eine Klinik nach Bad Wildungen, einen Ort in der hessischen Provinz, der nur aus diesem Krankenhaus zu bestehen scheint. Almesheri wundert sich. In den Papieren, mit denen dieses NHZ sein Visum beantragt hatte, steht: „EILT! Medizinischer Notfall“, Diagnose: spinal scoliosis, eine sofortige stationäre Aufnahme in der Uniklinik Mannheim sei vorgesehen.

Ein großer Knoten im Arm

Almesheri aber wird in Bad Wildungen am Rücken operiert. Nach zwei Wochen entlassen ihn die Ärzte aus der Klinik. Er verbringt die Tage wieder im Hotel. Er hat noch Schmerzen von der Operation, aber er kann wieder einigermaßen laufen. Dafür hat er jetzt andere Probleme. Er soll bald noch mal nach Bad Wildungen kommen.

Der Arzt hat am linken Oberarm einen Knoten gefunden, fast so groß wie ein Tischtennisball, er nennt es „cystische Raumforderung“. Er hält eine sofortige Operation für geboten. In einem Bericht schreibt er auch, dass Almesheri schwer zuckerkrank ist: „Schwindelattacken, Augenbeschwerden sowie unkontrollierte Zuckerwerte“.

Außerdem, es gibt Schwierigkeiten mit dem versprochenen Taschengeld. Es ist nicht klar, wer dafür eigentlich zuständig ist, die Libyer oder das NHZ. In Almesheris Fall hat das NHZ mindestens 4000 Euro gezahlt. Davon konnte Almesheri einige Zeit das Hotel bezahlen, seine Diabetes-Medikamente, sein Essen.

Jetzt ist er blank. Das Hotel droht, ihn rauszuschmeißen, die Medikamente sind aufgebraucht. Niemand hat offenbar seinen Blutzuckerwert mit Medikamenten eingestellt, obwohl das dringend nötig wäre. So erzählt es Almesheri, als er in der Kanzlei seines Anwalts sitzt. So hat es auch der Polizist vermerkt, der an jenem Oktobersonntag in Almesheris Hotel gerufen wurde.

Anfang September 2013, gut zwei Wochen nach der ersten OP, soll Almesheri wieder in die Klinik kommen, wegen des Knotens in seinem Arm. Einen Tag vor dem geplanten Termin sagt die Klinik den Eingriff ab. „Am 3.9.2013 wurden wir über einen Vertreter des Naturheilzentrums benachrichtigt, dass das zuständige Komitee die Kostenzusage rückgängig gemacht hat und somit keine finanzielle Zusage für die Operation gewährleistet ist“, steht in einem Schreiben.

Der Brief vom Landrat, ein Schock

Das ist nicht möglich, denkt Almesheri. Es gibt den Beleg einer Swift-Überweisung, Datum 19. März 2013. Aus dem geht eindeutig hervor, dass 100.000 Euro von einem Konto der National Commercial Bank in Zawia auf ein Konto der Kreissparkasse Rhein-Pfalz überwiesen wurden, Empfänger: Naturheilzentrum, „Partner of Wicker Group Germany“. Es ist das Konto, das Busch-Pusitsch im Vertrag mit den Libyern als Geschäftskonto angegeben hat.

Almesheri schreibt eine SMS. Ein Mitarbeiter des NHZ hatte ihm eine Nummer gegeben, falls es mal Probleme gebe. Auf eine Antwort, sagt Almesheri, habe er vergeblich gewartet.

Das NHZ sagt, man müsse das prüfen.

Stattdessen bekommt Almesheri einen Brief vom Landrat des Kreises Waldeck-Frankenberg. Die medizinische Behandlung sei abgeschlossen. Das NHZ habe berichtet, er, Almesheri, weigere sich, wieder aus Deutschland auszureisen. Er möge unverzüglich auf dem Amt vorsprechen. Almesheri hat jemanden kennengelernt, der für ihn übersetzt und dem er vertraut. Es ist der Mann, den er Wochen später anrufen wird, als er im Hotel den Zuckerschock erleidet. Almesheri hört ihm zu, aber er versteht nicht. Behandlung abgeschlossen? Was ist mit dem Knoten, was mit dem Diabetes? Und es ist unmöglich, dass das ganze Geld schon aufgebraucht sein soll. Will das NHZ ihn loswerden?

Die Klinik will zu Almesheris Fall nichts sagen, Busch-Pusitsch auch nicht. Es handele sich um sensible Patientendaten. Busch-Pusitsch lässt einen Anwalt ausrichten, es gebe „keinen einzigen Fall“, in dem sich ein behandelnder Arzt geweigert hätte, eine Behandlung durchzuführen, weil die Finanzierung nicht sicher sei. Almesheri sei am 9. Oktober operiert worden, „wunschgemäß“.

Das war einen Monat nach dem Schreiben des Landrats. Und nachdem Almesheris Anwalt die drohende Abschiebung noch verhindert hat.

Sein Fall, Teil eines großen Puzzles

„Ab dem Moment, als der Brief des Landrats kam, habe ich mich endgültig betrogen gefühlt“, sagt Almesheri. Auf dem Besprechungstisch seines Anwalts zittert sein Handy, wieder die Klinik, die sich seit dem Zuckerschock um ihn kümmert. Almesheri ignoriert den Anruf. Er sagt, er wehre sich, das gefalle den Leuten vom NHZ scheinbar nicht. Den Anwalt hat ihm der Bekannte empfohlen.

Matthias Schröder ist Partner der Kanzlei, beste Lage, seine ruhige Art und sein hessischer Akzent verströmen etwas Väterliches. Almesheri ist nicht sein einziger Klient, der Probleme mit dem NHZ hat. Schröder hat gut ein Dutzend Handakten angelegt. Kinder, Frauen und Männer mit Schusswunden, Krebs, schlimmen Herzerkrankungen. Alles Libyer, die ohne Geld zu ihm kamen. Es hat sich offenbar schnell herumgesprochen, dass das Zentralkomitee in Zawia eine Rechtsschutzversicherung für sie ausgehandelt hat.

Auch Schröders Akten sind nur kleine Teilchen eines großen Puzzles, das die „Welt am Sonntag“ in wochenlangen Recherchen zusammengetragen hat.

Der Staatsanwalt ermittelt jetzt

Da sind frühere Mitarbeiter des NHZ, die arabische Patienten betreut haben und erzählen, Busch-Pusitsch habe sie angewiesen, den Patienten manche Dinge nicht zu übersetzen – zum Beispiel, wenn sie noch einmal zu einem Termin erscheinen und die Behandlung fortsetzen sollten und was die Behandlung kostete. Busch-Pusitsch habe ihnen außerdem gesagt, sie sollten keine privaten Gespräche mit den Libyern führen, sie würden sonst entlassen.

Da sind die Verträge, die das NHZ mit dem Zentralkomitee in Zawia geschlossen hat und die viele Fragen aufwerfen. Und da ist ein zweiter Vermittler, ein Geschäftspartner Busch-Pusitschs, der kräftig mitkassiert hat.

Da sind etliche Apotheken und Kliniken, denen das NHZ seit Monaten sehr viel Geld schuldet.

Da sind mehrere Krankenhäuser, die Geld vermissen. Darunter die Unikliniken in Frankfurt und Mainz. Die eine hat nach eigenen Angaben ihre Zusammenarbeit mit Busch-Pusitsch beendet, wegen anhaltender Probleme. Die andere würde NHZ-Patienten nur noch gegen Vorkasse behandeln. Viel mehr wollen sie dazu nicht öffentlich sagen.

Und da ist die Staatsanwaltschaft Mainz, die vor wenigen Tagen entschieden hat, gegen das NHZ zu ermitteln.* Zu den Hintergründen sagt sie nichts. Die Strafanzeige lautete auf Betrug und unterlassene Hilfeleistung.

Ein Mann mit Föhnfrisur

Das alles passt so gar nicht zu dem Bild, das Busch-Pusitsch von sich und seiner Firma entwirft. Ein Mann mit Föhnfrisur, dessen Gesichtsausdruck Ernst und Selbstbewusstsein verrät, Chef eines modernen Dienstleistungsunternehmens. Er sagt, er sei als Arzt promoviert, in Belgrad. Er ist im heutigen Slowenien geboren. Eine Approbation in Deutschland hat er nicht, er hat als Naturheilpraktiker gearbeitet.

Wenn man sich im Internet Bilder von ihm ansieht, kann man sich vorstellen, warum frühere Mitarbeiter über diesen Mann sagen, er sei ein guter Redner, charmant, einer, der Menschen spielend einfängt.

Busch-Pusitsch sagt, die Libyer seien mit der Zusammenarbeit sehr zufrieden. Sie schickten alle drei Monate eine Delegation, um alles zu prüfen. Es gebe keine offenen Rechnungen, keine fälligen jedenfalls. Und es sei auch falsch, dass seine Leute den Patienten nicht alles übersetzen sollen. Von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wisse er nichts.

Die Tatsachen aber lassen einen Mann vermuten, der wenig Skrupel kennt.

Von der Hausfrau bis zur GmbH ist alles dabei

Jens Juszczak, der Hochschullehrer, hat auf seinem Rechner eine umfangreiche Datenbank, die den Klinik-Tourismus und die Arbeit der Vermittler etwas durchschaubarer machen soll, das Ergebnis vieler Jahre Arbeit. Demnach gibt es in Deutschland etwa 1500 Vermittler, von der russischen Hausfrau, die das Geschäft alleine betreibt, bis hin zu hochprofessionell betriebenen GmbHs, die mit eigenen Ärzten und eigenen Controllern arbeiten. Das ist möglich, weil man im Grunde nichts weiter als ein Handy braucht, um ein Vermittler zu werden. Es gibt niemanden, der ihre Arbeit überprüft oder gar bewertet.

Trotzdem arbeiten vier von fünf Kliniken, die ausländische Patienten betreuen, mit ihnen zusammen. Meistens gleich mit mehreren. „Eine Klinik“, sagt Juszczak, „hat im Schnitt zehn bis 15 Vermittler. Manche haben sogar deutlich mehr.“ Die Krankenhäuser sind offenbar auf sie angewiesen.

Etwa die Hälfte der deutschen Kliniken schreibt rote Zahlen, viele kämpfen ums Überleben. Auch für die anderen ist das Geschäft mit ausländischen Patienten eine Hoffnung. Die großen renommierten Häuser leisten sich eigene Abteilungen, die für die Patienten aus dem Ausland zuständig sind. Die, die das nicht können, tun sich mit Vermittlern zusammen.

„Das ist grundsätzlich erst einmal in Ordnung“, sagt Juszczak. „Es gibt professionelle und seriöse Anbieter, mit gut ausgebildeten Mitarbeitern, die innerhalb weniger Stunden helfen können, Leben zu retten.“ Aber das seien nur sehr wenige.

Das erklärt, warum die Klinikchefs oft schon nach kurzer Zeit einsehen müssen, dass die Vermittlungsagenturen ihnen nicht das goldene Zeitalter bringen. Die vermittelten Patienten erscheinen zu spät zu Terminen. Oder gar nicht. Oder mit einer anderen Diagnose als der, die im Kostenvoranschlag steht. Oder es kommen sogar andere Patienten. Das kann bedeuten, dass die Behandlung viel teurer ist als in den Verträgen vereinbart. So kommt es, dass Kliniken auf offenen Rechnungen sitzen bleiben.

Wehrlose Patienten

Die Patienten, die Probleme haben, wehren sich in der Regel nicht. Weil sie die Sprache nicht sprechen. Weil sie nicht wissen, welche Rechte sie haben. Nur wenige können sich einen Anwalt leisten. Nouri Almesheri, der libysche Patient, wäre niemals auf die Idee gekommen, einen Anwalt aufzusuchen, hätte er nicht zufällig von der Rechtsschutzversicherung erfahren.

Doch auch ein Anwalt ist keine Garantie, dass alles gut läuft. Manche Vermittler gehen mit großer krimineller Energie vor. „Das Photoshop-Getrickse beispielsweise hat zugenommen“, sagt Juszczak. Rechnungen werden manipuliert, Kosten nachträglich hochgerechnet, sodass die Vermittler mehr Geld verlangen können.

„Die alles entscheidende Frage“, sagt Juszczak, „ist immer: Gibt es eine Leistung, die hinter den Rechnungen steht, und sind die Kosten gerechtfertigt?“

Nouri Almesheri und Matthias Schröder, sein Anwalt, haben große Zweifel, ob das bei dem Mann der Fall ist, mit dem sie es zu tun haben. Sie haben versucht, Almesheris Krankenakte zu bekommen. Sie wollten genauer wissen, was gemacht wurde und was das gekostet haben soll. „Wir haben“, sagt Schröder „bis heute keine einzige Akte gesehen.“ Die Klinik habe auf die Verträge mit dem NHZ verwiesen. „Schon deshalb“, sagt Schröder, „könnte man sich fragen, ob es sich um einen seriösen Anbieter handelt.“

Die Frage nach den Behandlungskosten

Busch-Pusitsch betreibt in Deutschland zwei Unternehmen unter den Namen Naturheilzentrum Worms beziehungsweise NHZ Worms. Sie sind in einem modernen Flachbau mit großen gelben und grünen Sonnenschutzläden untergebracht, in der Wormser Innenstadt. Wer, wie die meisten Patienten, im Internet nach dem NHZ sucht, stieß bis vor Kurzem noch auf eine professionell anmutende Seite namens www.nhz-germany.com. Im Moment ist sie nicht abrufbar. Es gab dort auch ein Foto, auf dem sich vier Männer in weißen Kitteln mit Kümmerermiene um das Krankenbett eines Jungen postiert haben, einer davon ist Busch-Pusitsch.

Busch-Pusitsch sagt, er verweigere keinem Patienten Zugang zu den Krankenakten. Und in keinem Fall wolle das NHZ verhindern, dass Patienten sich einen Überblick über die tatsächlichen Kosten ihrer Behandlung verschafften.

Weder er noch die Klinik beantworten allerdings die Frage, was die Behandlung Almesheris gekostet hat. Die „Welt am Sonntag“ hat drei Abrechnungsfachleute von Kliniken und Krankenkassen gebeten, wichtige Behandlungsunterlagen zu prüfen. Sie alle kommen zu dem Schluss, dass die zwei Wochen, die Almesheri in der Klinik verbracht hat, allerhöchstens 25.000 Euro gekostet haben, samt Rückenoperation. Und selbst das sei schon sehr, sehr großzügig kalkuliert.

Das wäre bestenfalls ein Viertel der 100.000 Euro, die das Zentralkomitee in Zawia an das NHZ überwiesen hat. Was mit dem restlichen Geld passiert ist? Diese Frage beantwortet Busch-Pusitsch nicht. Das gehört zur anderen Seite des Doktors. Sie kommt zum Vorschein, wenn man vertrauliche Dokumente einsieht und sich mit Menschen unterhält, die enger mit Busch-Pusitsch zu tun hatten. Es beginnt schon mit den Verträgen, die das NHZ mit dem Zentralkomitee in Zawia geschlossen hat.

Ein Vertrag mit großem Gestaltungsspielraum

Am 13. September 2012 sitzen Busch-Pusitsch und zwei Abgesandte des Komitees im Büro eines Frankfurter Notars. Sie unterschreiben einen Vertrag, der den Rahmen für ihr Geschäft vorgibt, „eine langfristig angelegte Kooperation zur Behandlung libyscher Patienten“. Das NHZ verspricht demnach, für die Patienten alles von der Anreise bis zur Abreise zu erledigen. Das Zentralkomitee verpflichtet sich, die geschätzten Behandlungskosten zu bezahlen, bevor der Patient nach Deutschland kommt.

Dieser Vertrag, gerade einmal acht Seiten Papier, sichert dem NHZ einen pauschalen Vorschuss von mindestens drei Millionen Euro zu, für die Behandlung von etwa 50 Patienten.

Er ist gleich in mehrfacher Hinsicht merkwürdig. Er gibt keine Auskunft darüber, welchen Umsatz, welchen Profit Busch-Pusitsch oder das NHZ mit diesem Geschäft machen. Als Vergütung sieht der Vertrag nur vor, dass das NHZ nach Tagespauschalen abrechnen darf, wenn ein Patient im Krankenhaus stationär behandelt wird. Das kann Ahnungslosigkeit sein. Oder Absicht.

In Deutschland werden Krankenhäuser seit zehn Jahren nicht mehr nach der Dauer bezahlt, die die Patienten auf ihren Stationen verbringen. Statt der Tagespauschalen gibt es festgelegte Vergütungen für bestimmte Leistungen, beispielsweise 1.500 Euro für eine natürliche Geburt, die ohne Komplikationen verläuft. Das soll verhindern, dass die Kliniken ihre Patienten länger im Haus behalten und damit alles teurer wird als nötig.

Außerdem darf das NHZ alle Leistungen in der Onkologie und Kardiologie bei der Behandlung von Kindern doppelt abrechnen, unabhängig davon, ob es sich um eine simple Behandlung wie die Entfernung eines oberflächlichen Hauttumors handelt oder eine komplizierte.

Warum spielen die Libyer da mit?

Besonders fragwürdig ist allerdings eine Vereinbarung, die es dem NHZ erlaubt, die Kostenvoranschläge für die Behandlung aller Patienten selbst zu erstellen. „Dr. Busch prüft dieses und unterschreibt es persönlich.“ Das heißt, dass nicht die Fachärzte der Klinik, die den Patienten behandeln, die notwendige Behandlung und die wahrscheinlichen Kosten angeben müssen, wie es logisch und üblich wäre. Sondern derjenige, der an der Behandlung mitverdient.

Dass Busch-Pusitsch mit so viel Gestaltungsfreiheit zufrieden sein kann, leuchtet ein. Warum sich aber das Zentralkomitee in Libyen auf solch einen Deal einlässt, darüber kann man nur spekulieren. Geht es einer Clique womöglich darum, möglichst viel Geld auf die Reise nach Deutschland zu schicken und selbst etwas abzuzweigen?

Der Chef des Komitees hat die Fragen der „Welt am Sonntag“ nicht beantwortet. Busch-Pusitsch sagt nichts zu den heiklen Punkten des Deals. Er sagt, das NHZ habe etwa 250 libysche Patienten nach Deutschland geholt, seit der Vertrag geschlossen wurde.

Man habe auch davor schon zusammengearbeitet. Wie viele Millionen das Zentralkomitee in Zawia an ihn und seine Firma überwiesen haben, wie viel Geld an das NHZ fließt, wie viel an andere, ist unklar. Nur das Komitee und Busch-Pusitsch könnten das sagen. Aber das tun sie nicht.

Aus diversen Verträgen und vertraulichen Mails lässt sich zumindest rekonstruieren, dass Busch-Pusitsch allein für libysche Patienten in den vergangenen Monaten zehn Millionen Euro vom Zentralkomitee bekommen haben soll. Dazu kommen die Vorschüsse für etliche Patienten, die in Deutschland waren oder sind, Beträge zwischen 50.000 und 110.000 Euro, deren Zahlung durch Dokumente belegt ist. Und die Libyer sind ja nicht die einzigen Patienten des NHZ. Auch aus Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten kommen welche.

Die Firma hat Hunderte Patienten vermittelt

Die Geschichten vieler Patienten ähneln der von Nouri Almesheri. Nur dass keiner fast sein Leben in einem Hotelzimmer gelassen hätte wie er. Sie kamen mit dem Flugzeug nach Frankfurt, wurden abgeholt, in einem Hotel abgesetzt.

Dann bekamen sie Probleme, die meist mit Geld zu tun hatten. Manche wurden von ihrer Klinik mit dem Hinweis fortgeschickt, das NHZ solle erst einmal seine Schulden begleichen. Auch in Fällen, in denen das NHZ das Geld aus Libyen längst bekommen hatte.

Mohammed Ramadan zum Beispiel hat so etwas erlebt, ein Wirtschaftswissenschaftler aus Zawia, Vater zweier Söhne im Alter von zwei und vier Jahren. Sie beide sind mit einer stark verformten Wirbelsäule auf die Welt gekommen.

Der jüngere hat zudem eine schwere angeborene Herzerkrankung, die Fallot’sche Tetralogie. Die Familie saß wochenlang in einer Klinik im Saarland und hoffte, dass das NHZ endlich die offenen Rechnungen begleicht, damit der ältere Sohn wieder behandelt würde.

Etliche Kliniken beklagen Außenstände

Ihre Klinik, so stand es in Mahnungen, wartete noch auf Tausende Euro.

Das Krankenhaus Nordwest, Frankfurt am Main, nimmt keine Patienten des NHZ mehr an, bevor nicht alle Rechnungen beglichen sind. Eine Chefärztin sagt, es gehe um mehr als 200.000 Euro. Sie habe Patienten wegschicken müssen, die schwer krebskrank gewesen seien und verzweifelt versucht hätten, die vielen Zehntausend Euro für notwendige Medikamente irgendwie selbst aufzutreiben. „Das hat mir das Herz gebrochen.“

Die Werner-Wicker-Klinik Bad Wildungen und eine andere Klinik der Wicker-Gruppe warten auf insgesamt rund viereinhalb Millionen Euro für Behandlungen, die zum Teil schon vor zwei Jahren durchgeführt wurden.

Dazu kommen einige Apotheker in Frankfurt, die sagen, das NHZ schulde ihnen Zigtausende Euro für Medikamente oder Prothesen.

Stimmt so nicht, sagt Busch-Pusitsch. Die Rechnung des Nordwestkrankenhauses sei falsch. Und die beiden Wicker-Kliniken hätten „keine fälligen“ Forderungen gegen ihn.

Ein Patient, eine hohe Überweisung, keine Behandlung

Die Frage bleibt, wo das viele Geld geblieben ist, das das Zentralkomitee an Busch-Pusitschs Firma überwiesen hat. Zumal es auch Patienten gibt, deren Aufenthalt und Therapie nachweislich bezahlt waren; die aber bei allem, was ihnen heilig ist, schwören, dass sie seit Monaten keine Behandlung bekommen. Oder vom NHZ erst gar nicht nach Deutschland geholt wurden. Einer, der das behauptet, ist Tarek Soliman T. Ali, geboren 1977.

Ali sitzt, sein Gesicht tief in den Kragen seines Anoraks gegraben, in einem Bahnhofscafé. Er muss in ein paar Tagen wieder in die Klinik, seine dritte Operation steht an. Auf Röntgenbildern seines Kiefers ist viel Metall zu sehen, Platten, Schrauben. Seine linke und seine rechte Schulter sind überzogen von Narben. Ali war als Rebell in den Krieg gezogen, gegen Gaddafi.

Am 17. Ramadan, im August 2011, lagen sie morgens in den Bergen, 1.500 Männer, Rebellen, und blickten auf Zawia, die Geisterstadt, in der sich niemand mehr außer Haus traute. Sie warteten auf den Moment, in dem sie die Stadt stürmen würden. Am Nachmittag lag er auf einer der staubigen Straßen, und sein Blut sammelte sich unter ihm. Vier Kugeln hatten ihn erwischt. Er spürte seine Beine nicht mehr, die Geschosse hatten seine Nervenbahnen zerfetzt.

Das Zentralkomitee hat 91.000 Euro an das NHZ Worms überwiesen, damit deutsche Ärzte ihn behandeln können. Busch-Pusitschs Firma hatte sein Visum beantragt. Das ist durch Dokumente belegt. Nach der Zahlung, sagt Ali, habe er nichts mehr aus Deutschland gehört. Er habe versucht, Busch-Pusitsch anzurufen, vergeblich. Dass er trotzdem in Deutschland operiert wurde, in der Berliner Charité, und es ihm inzwischen besser geht, verdanke er seinen Rebellenfreunden, sagt er.

Sie seien in Tripoli vor das Gesundheitsministerium gezogen und hätten demonstriert. Der Staat habe ein zweites Mal für ihn gezahlt, dieses Mal eine andere Behörde: 2500 Euro im Monat für Unterbringung, Essen und Trinken, dazu die Kosten für die Behandlung. So erzählt es Tarek Ali.

„Mit ausdrücklicher Genehmigung“

Busch-Pusitsch hätte demnach den Vorschuss von 91.000 Euro nach Libyen zurücküberweisen müssen. Denn in einem der Verträge steht, dass das NHZ eine Abschlussrechnung vorlegen muss und alles Geld, das nicht für die Patienten ausgegeben wurde, zurückzuzahlen ist.

Es gibt ähnliche Fälle. Nach Recherchen der „Welt am Sonntag“ soll es sogar mindestens einen Patienten gegeben haben, dem gar nichts fehlte. Er soll nach Frankfurt gekommen sein, um seinen Anteil an rund 90.000 Euro abzuholen, die das Zentralkomitee in Libyen überwiesen hatte, für seine Therapie. So besagen es Dokumente.

Busch-Pusitsch sagt, zum Fall Mohammed Ramadans könne er sich nur mit dessen Zustimmung äußern. Ramadan sei aber mit der Behandlung seiner Söhne sehr zufrieden. Was Tarek Soliman T. Ali angehe: Die Zahlungen für ihn seien mit anderen, offenen Rechnungen des NHZ verrechnet worden. Und zwar „mit ausdrücklicher Genehmigung des Zentralkomitees“. Und den Mann, dem nichts fehlte, den kenne er nicht.

„Korruption auf beiden Seiten“

Senussi A.Y. Kwideer atmet schwer, wenn man ihn auf das Thema anspricht. Er ist Libyens Botschafter in Deutschland. Das NHZ sagt ihm nichts. Trotzdem, er ist erst seit August im Amt und kennt sich mit dem Medizintourismus längst besser aus, als ihm lieb ist. Er sagt: „Es gibt Korruption auf beiden Seiten, der deutschen und der libyschen.“ Er kann stundenlang von Kliniken erzählen, die viel zu hohe Rechnungen stellen, weil sie glaubten, die Ausländer merkten es nicht.

Von halbseidenen Vermittlern, die auf Kosten der Patienten Kasse machen. Und von Libyern, Angestellten der Botschaft, die all das mitbekämen und entweder die Augen verschlössen oder selber kassierten. Es heißt zum Beispiel, es seien Mitarbeiter des Gesundheitsbüros versetzt worden, weil große Summen Geld verschwunden seien. Kwideer will das nicht kommentieren.

Auf jeden Fall forderten deutsche Kliniken, die libysche Patienten behandelt haben, bis vor Kurzem 44 Millionen Euro vom libyschen Staat. Es geht um unbezahlte Rechnungen, die zu mittleren diplomatischen Verwicklungen geführt haben. Ein Großteil sei inzwischen bezahlt, sagt Kwideer. Die Deutschen bestätigen das. Der Botschafter hat trotzdem eine große Firma beauftragt zu prüfen, welche der Kliniken korrekt abgerechnet haben und welche nicht.

Eigentlich ist es ganz einfach. Deutsche Kliniken dürfen für die Behandlung ausländischer Patienten nur die festgelegten Sätze verlangen, die sie auch für deutsche Patienten verlangen. So sieht es das Bundesgesundheitsministerium.

Das Ministerium hat kein Interesse

Der Forscher Juszczak sagt, dass manche Kliniken den Vermittlern Provisionen zahlen. Das Landgericht Kiel hat solche Verträge vor zwei Jahren als sittenwidrig bezeichnet. Eine solche Kommerzialisierung sei anstößig, denn es bestehe ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Es gebe längst Ideen, wie man das Problem in den Griff kriegen könnte, auch das sagt Juszczak, wenigstens die schlimmsten Auswüchse. Doch in den zuständigen Ministerien in Berlin habe man offenbar kein großes Interesse an dem Thema.

Das Gesundheitsministerium beantwortet Fragen dazu mit einer knappen E-Mail. Sie lässt sich mit einem Satz zusammenfassen: Medizin-Tourismus sei grundsätzlich gut, der Rest sei eine Sache zwischen „den Krankenhäusern und den zuständigen Stellen in den Partnerstaaten“, und darüber wisse die Bundesregierung nichts.

„Ist das wirklich Deutschland?“, fragt Almesheri. Er klingt eher traurig als entsetzt. Ohne seinen Anwalt hätte die Klinik wohl den Knoten nicht aus seinem Arm herausoperiert. Er wäre, so glaubt er, abgeschoben worden. Sein Anwalt glaubt das auch. „Mein Eindruck ist, dass Herr Busch-Pusitsch und seine Firma genau wissen, welche Brandherde sie schnell austreten müssen, damit die nicht gefährlich werden.“ Vor ein paar Wochen allerdings habe das NHZ versprochen, noch am selben Tag einen Fahrer loszuschicken, nach Frankfurt in Almesheris Hotel, um Geld zu bringen. „Was er brachte, war ein Ticket für den Rückflug nach Tripoli“, sagt der Anwalt.

Almesheri ist kürzlich in die Heimat zurückgeflogen. Es ging ihm ja inzwischen schon besser. Vor allem aber hatte sein Sohn angerufen. Was er für einen Ärger mache in Deutschland? Eine Handvoll Männer sei zu ihnen nach Hause gekommen. Sie hätten gesagt, sie kämen im Auftrag des Zentralkomitees.

Almesheri hatte verstanden. Dieses Mal nahm er das Flugticket, er hatte ja seinen Pass zurück. Seinen Anwalt rief er nicht mehr an.

* Nachtrag: Die Staatsanwaltschaft Mainz hat inzwischen mitgeteilt, dass sie das Ermittlungsverfahren gemäß §170 Absatz 2 der Strafprozessordnung wegen fehlenden Tatverdachts eingestellt hat.

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