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Die Nachberechnung abgerechneter und bezahlter Krankenhausbehandlungen

Wann kann im Hinblick auf eine bereits abgerechnete und bezahlte Krankenhausbehandlung durch das Krankenhaus eine Nachberechnung vorgenommen werden?

Mit Urteil vom 22. November 2012 hat das Bundessozialgericht bestätigt, dass eine Nachberechnung einer Krankenhausabrechnung innerhalb des auf die erste Abrechnung folgenden Kalenderjahres nicht gegen Treu und Glauben verstößt soweit diese im Rahmen der „Bagatellgrenze" liegt und nicht um eine systemische Rechnungsoptimierung handelt. (BSG Urteil vom 22.11.2012, AZ: B 3 KR 1/12 R)

Der Sachverhalt in Kürze

Das klagende Krankenhaus erstellte am 20. Februar 2007 eine Schlussrechnung, ohne einen Vorbehalt zu erklären.

Die beklagte Krankenkasse zahlte diese am 15. August 2006. Das Krankenhaus stellte fest, dass relevante Nebendiagnosen nicht kodiert wurden und teilte dies der Krankenkasse am 20. Februar 2007. Zeitgleich stornierte sie die Schlussrechnung vom 31. Juli 2006 und übersandte eine neue Rechnung, die um EUR 1.007,10 höher ausfiel, als die Ursprungsrechnung.

Die Krankenkasse verweigerte die Zahlung, da eine Nachberechnung nach Zahlung einer Schlussrechnung nicht vereinbart sei.

Ergebnis

Das BSG entschied, dass zwar grundsätzlich eine Nachforderung des Krankenhauses durch Korrektur einer bereits bezahlten Rechnung unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben steht, da die dauerhaften, professionellen Vertragsbeziehen zwischen Krankenkasse und Krankenhaus von einem Beschleunigungsgebot geprägt sind und beide zu gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichten. Eine Nachforderung einer über der Bagatellgrenze liegenden

Nachberechnung innerhalb des auf das Jahr der Rechnungslegung liegenden Kalenderjahres ist jedoch zulässig.

Gründe

In den Entscheidungsgründen führt der erkennende Senat die bisher ergangenen Entscheidungen zur Frage, wann eine Nachberechnung einer bereits bezahlen Schlussrechnung für ein Krankenhaus möglich ist, zusammen:

1.      innerhalb von sechs Wochen nach Rechnungslegung ohne Beschränkung

2.      im Hinblick auf offensichtliche Schreib- und Rechenfehler ohne Beschränkung

3.      innerhalb des Prüfverfahrens durch den MDK ohne Beschränkung, die korrigierte Rechnung wird Gegenstand des weiteren Prüfverfahrens

4.      nach Ablauf der 6-Wochen-Frist und außerhalb des laufenden Prüfverfahrens gem. § 275 SGB V und ohne Vorliegen offensichtlicher Schreib- oder Rechenfehler nur, wenn die Nachforderung EUR 100,00 (ab 25. März 2009 EUR 300,00) übersteigt und mindestens fünf Prozent des Ausgangswertes erreicht.

Die vorliegend zu entscheidende Frage war nun, inwieweit es bei Fallvariante (4) eine zeitliche Einschränkung gibt.

Hier gab es bislang eine Entscheidung des I. Senates vom 8. September 2009, AZ B 1 KR 11/09), der zunächst die Auffassung vertreten hatte, dass bei einer in der ersten Jahreshälfte gelegten Rechnung eine Korrektur zumindest bis zum Ende des laufenden Haushaltsjahres erfolgen kann. Am 13. November 2012 entschied der I. Senat, AZ.: B 1 KR 6/12 R, dass jedenfalls innerhalb eines vollständigen Geschäftsjahres von den Krankenhäusern erwartet werden kann, dass diese im Rahmen einer Binnenkontrolle prüfen, ob die Schlussrechnungen vollständig sind.

In der nun ergangenen Entscheidung des III. Senates wird diesen Grundsätzen im Hinblick auf den zeitlichen Rahmen für zulässige Nachberechnungen zugestimmt.

Bei der Fallvariante (4) ist der Anspruch der Krankenhäuser mit dem Ende des Kalenderjahres, welches auf das Jahr der Rechnungslegung folgt, verwirkt. Krankenhäuser haben mithin, je nach dem Zeitpunkt der Rechnungslegung im laufenden Jahr mindestens 365 Tage, maximal 729 Zeit, um die Rechnung auf Vollständigkeit zu überprüfen. Allerdings darf auch dann die Nachberechnung nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, bspw. im Fall einer regelmäßigen, systemischen Rechnungsoptimierung (z.B. mehr als zehn Prozent des Erlösbudgets).

Folgen für die Praxis

Hausinterne Prüfungen von Schlussrechnungen sollten im Krankenhaus bis spätestens zum Ende des auf die Rechnungslegung folgenden Kalenderjahres erfolgen. Später geltend gemachten Nachforderungen können die Krankenkassen, soweit es sich nicht um einen offensichtlich Schreib- oder Rechenfehler oder um einen Fall innerhalb eines laufenden MDK-Prüfverfahrens handelt,  den Einwand der Verwirkung entgegen halten.