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Sanierungskonzept vorgestellt Zukunft des Klinikums liegt in Fusion

Delmenhorst. Der Sanierungsplan für das Klinikum Delmenhorst liegt nun vor. Die Wirtschaftsprüfer von BDO sagen, dass das städtische Krankenhaus auf jeden Fall eine Zukunft hat. Die wichtigste Nachricht ist: Das Haus soll fusionieren.
16.10.2013, 00:10 Uhr
Lesedauer: 4 Min
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Von Andreas D. Becker

Der Sanierungsplan für das Klinikum Delmenhorst liegt nun vor. Die Wirtschaftsprüfer von BDO sagen, dass das städtische Krankenhaus auf jeden Fall eine Zukunft hat. Dafür muss es aber seine eigenen Kosten reduzieren und unbedingt mehr Geld mit seinen eigenen Leistungen verdienen. Die wichtigste Nachricht ist: Das Haus soll fusionieren.

Gerd Prahm, der stellvertretende Vorsitzende des Klinikum-Betriebsrates mit dem Bart im Range eines Kunstwerks, stützte sich auf einen Rollator. Auf einem Pappschild am Gestänge steht „30000 Überstunden für nix?“. In einem Krankenbett liegt ein Skelett, am Fußende ein Tannenbaum, lediglich mit der Frage „Fällt Weihnachten aus?“ geschmückt. Die Mitarbeiter des städtischen Krankenhauses machten gestern bei einem kleinen Demonstrationsmarsch vom Klinikum zur Divarena, in der ihnen das Sanierungskonzept für ihr Haus vorgestellt wurde, darauf aufmerksam, dass sie nicht so ohne Weiteres auf Geld verzichten wollen, dass es erstmal Lösungen ohne Gehaltsverzicht und Weihnachtsgeldstreichungen geben sollte.

Und solche Lösungen gibt es anscheinend auch. Jedenfalls war von Kürzungen bei der Vorstellung des Sanierungsplans durch Carsten Schäfer und Alexander Morton von der BDO in einem Pressegespräch keine Rede. Die beiden machten aber auch deutlich: Wenn die Gesellschafterin, also die Stadt, die größte Not nicht durch Geldgaben lindert, brauche man auch kein Konzept mehr. Das bedeutet, dass in diesem Jahr, wie berichtet, noch drei Millionen Euro fließen müssen. Darüber wird der Rat voraussichtlich in einer Sondersitzung am 24. Oktober entscheiden. Und bis Ende 2016 wird die Stadt noch zusätzliches Geld zuschießen müssen, die Experten empfehlen, bis zu drei Millionen Euro für diese Zwecke einzuplanen. „Dann haben wir 2015 und 2016 die berechtigte Hoffnung auf eine schwarze Null“, erklärte Schäfer.

Wenn das Haus aber mittelfristig wieder in die Spur kommen will, benötige es einen Partner, „einen leistungsfähigen Dritten“. Gesucht wird ein finanzstarkes, in der Region verwurzeltes Haus, das über eine höhere Versorgungsstufe verfügt und mit dem Synergien erreicht werden können. Gesucht wird ein Partner, der das Leistungsspektrum in Delmenhorst um geldbringende Abteilungen erweitern kann, eine Kardiologie zum Beispiel, um einen Linkskatheter-Messplatz. Auch wenn es davon schon einige in der Region gibt.

Da das Diktum der Politik steht, dass kein privater Investor ins Boot geholt werden soll, bleibt in der näheren Umgebung da schon nicht mehr viel Auswahl. In einem interfraktionellen Gespräch am Montagabend, an dem neben der Politik der Aufsichtsrat des Klinikums teilnahm, wurde offen über die beiden Optionen gesprochen: Das Klinikum Oldenburg, zu dem wegen des früheren gemeinsamen Geschäftsführers Rudolf Mintrop enge Beziehungen bestehen, oder das Bremer Klinikum Links der Weser, zu dem der Delmenhorster Geschäftsführer Peter Stremmel aus seiner Zeit in Bremen noch gute Kontakte pflegt.

Alle Annäherungsgespräche stehen aber erst am Anfang, noch ist keine Entscheidung gefallen. Auch muss sich zeigen, wer einen Partner will. Die BDO sieht Delmenhorst aber medizinisch so gut aufgestellt, dass es kein Problem werden sollte, einen zu finden. Allerdings rede man dann auch nicht über eine Kooperation, die sei nicht nachhaltig, sondern über eine Fusion der Häuser. Delmenhorst würde also von einem anderen kommunalen Krankenhaus geschluckt. So sieht der Plan zurzeit aus.

Bis es so weit ist, müssen aber auch hausintern noch einige Hausaufgaben erledigt werden. Einige Abteilungen sollen in den nächsten Wochen noch einmal durchleuchtet werden. Von Arbeit auslagern ist die Rede. „Wir wollen in den Bereichen der Speiseversorgung und beim Labor Angebote von Externen einholen“, erklärte Schäfer. Parallel solle geprüft werden, ob es nicht gelingt, auch in diesen Abteilungen „wettbewerbsfähig zu arbeiten“, noch ist alles offen, noch ist es definitiv zu früh, von Schließungen oder Entlassungen zu reden.

Zudem haben die Prüfer einen Personalüberhang ausgemacht. Wenn auch nur einen minimalen von wahrscheinlich zehn bis 20 Stellen. Dass es diesen Überhang gibt, sei der Struktur des Hauses geschuldet, die als eines der Hauptprobleme ausgemacht wurde, neben der Krankenhaus-Finanzierung natürlich.

Interne Strukturschwäche

Was an der Klinikum-Struktur schlecht ist, lässt sich am besten verstehen, wenn man sich ein bundesrepublikanisches Durchschnittskrankenhaus anguckt. Das verfügt über 245 Betten verteilt auf 4,1 Fachabteilungen à 60 Betten. Diese Größe erlaubt genügend Behandlungen, um zumindest kostendeckend zu arbeiten. Das Klinikum Delmenhorst verfügt über 247 Betten verteilt auf acht Fachabteilungen à 41 Betten. Und mit dieser Kleinteiligkeit werde es schwierig, auch die Fixkosten mitzufinanzieren. Nur: Diese Struktur zu ändern, also Abteilungen zu schließen, gehe auch nicht, sagt BDO. So gesehen muss aus Sicht der Fachleute auch als Fehler gewertet werden, dass die Frauenklinik geschlossen wurde.

Wichtig wird nun auch sein, mehr Geld zu verdienen. Die medizinische Qualität dafür ist vorhanden, finden die BDO-Leute, das Adipositaszentrum sei gut, die Unfallchirurgie oder auch der Umgang mit Bauchspeicheldrüsen- und Leberpatienten. Da in einigen Fachgebieten Ärzte fehlen, hake es teilweise aber bei der Abrechnung mit den Krankenkassen. So müssten dringend ein Geriater, also ein Facharzt für Alterserkrankungen, und ein Pulmologe, also ein Lungenspezialist, eingestellt werden, um jetzt schon in Teilbereichen höhere Erlöse zu erzielen. „Wir sind auch auf der Suche nach diesen Ärzten, aber es gibt nur wenige – und die sind schwer zu kriegen“, erklärte Klinikum-Sprecherin Mandy Lange gestern. Und die, die es gibt, können sich ihre Stellen aussuchen. Da ist Delmenhorst aber eben oft nicht die erste Wahl. Trotz der nun prognostizierten Zukunft.

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