Inselspital Bern, Palliativstation, Tür 504, Büro Stationsarzt. Auf wenigen Quadratmetern sitzt man sich zu sechst gegenüber auf Stühlen mit Lehne und solchen ohne. Der leitende Arzt nimmt sich den Stuhl, der übrig bleibt, für den, der zuletzt kommt. Die Palliativmedizin ist kein guter Ort für hierarchisches Gehabe. Nicht hier am Berner Inselspital und auch nicht dort in Arlesheim, im Hospiz im Park. Doch dahin später.

Hierarchien, so hört man, würden flach in dieser Welt, wo die Hoffnung auf Genesung gestorben ist, der Körper aber noch lebt und der Geist sich mit den letzten Dingen befasst: Wer schaut zu meinem Mann, meinem Kind, meiner Katze, wenn ich nicht mehr bin? Wie komme ich noch mal ans Meer, und wie schließe ich Frieden mit meinem unehelichen Sohn? Der Tagesablauf richtet sich nach dem Rhythmus der Patienten, morgendliche Fragerituale im Stil von "Hatten Sie Wind, Schlaf, Stuhl, Urin?" kommen nur zur Anwendung, wenn sie für die Behandlung relevant sind. Das Ziel: die "Reduktion des medizinischen Lärms". So sagt es Steffen Eychmüller, leitender Arzt der Palliativabteilung, die im Februar 2012 eröffnet wurde. Später, beim Mittagessen, wird er erzählen, dass er in diesem leisen Gebiet der Medizin jene Humanmedizin gefunden hat, nach der er zuvor während seiner Jahre in der Transplantationsmedizin, in der Chirurgie und in der Notfallmedizin gesucht hatte.