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Kleinkrieg der Klinik-Kontrolleure

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Hep Monatzeder
Chef des Aufsichtsrats ms
Hep Monatzeder Chef des Aufsichtsrats ms © -

München - Unbemerkt von der Öffentlichkeit tobte Kleinkrieg im Kontrollgremium der städtischen Kliniken. Im Zentrum des Zwists steht eine Beratungsagentur aus Berlin. Was mit einem Hilferuf begann, endete mit Misstrauen und Selbstzerstörung.

Die Sache flog auf, als sich jemand verplapperte. Doch was in der geheimen Sitzung des Aufsichtsrats am 19. Februar eskalierte, hatte sich seit Monaten abgezeichnet. Die Geschichte beginnt ein Jahr zuvor.

Die Sanierung eines pleitebedrohten Krankenhauses, geschwächt durch Missmanagement und einen gewaltigen Sanierungsstau, ist eine lange und komplizierte Aufgabe. So kompliziert, dass die Aufsichtsräte nach professioneller Hilfe riefen. Schließlich haften sie persönlich für ihre Entscheidungen.

Das Gremium, besetzt mit Politikern und Gewerkschaftlern, suchte per Ausschreibung einen eigenen, von der Klinik-Leitung unabhängigen Berater. Er sollte nur für sie da sein, ein Gegengewicht bilden zu McKinsey, das der Geschäftsführung zuarbeitet. Den Zuschlag bekam am 22. März 2012 das Berliner Büro Peritinos. Für rund 200 000 Euro Honorar sollte es die Aufsichtsräte 100 Tage lang unterstützen - mit Option auf Verlängerung.

Schon bald aber taten sich Gräben auf, die tiefer und tiefer wurden. OB Christian Ude und Aufsichtsratschef Hep Monatzeder werfen Peritinos heute vor, einzelne Aufsichtsräte gezielt mit Informationen versorgt zu haben, während andere im Dunkeln blieben. Peritinos habe Hintergrundgespräche geführt, die nichts mit der Sanierung zu tun hatten - ohne den Chef des Aufsichtsrats in Kenntnis zu setzen. Auch von einem Kleinkrieg zwischen Peritinos und McKinsey ist die Rede.

Monatzeder sagt, er habe den Eindruck, die Berliner wollten eine Art Neben-Geschäftsführung installieren. Manche äußern den Verdacht, sie hätten die Klinik-Leitung absichtlich madig gemacht, um den Konzern selbst übernehmen zu können. Andere halten das für Humbug. Der schwelende Konflikt eskalierte schließlich am 19. Februar.

In jener Sitzung debattiert der Aufsichtsrat über die Verlängerung des Vertrags mit Peritinos. Dafür sei eine erneute Ausschreibung nötig, verkündet Monatzeder. Zur Absicherung hat er Juristen der Stadt im Schlepptau, die seine Version stützen. Doch die Peritinos-Freunde im Aufsichtsrat wollen sie nicht anhören. Sie glauben, eine Ausschreibung brauche es nicht. Dann verplappert sich jemand. Ein Aufsichtsrat verweist auf ein Rechtsgutachten - erstellt von Peritinos - das belege: eine Verlängerung ist kein Problem.

Das Papier ist ein kleiner Skandal. Nicht nur, dass die Berater ein Gutachten über die eigene Weiterbeschäftigung erstellten - das Schreiben ist vielen im Rat auch völlig unbekannt, inklusive Monatzeder, dem Chef des Gremiums. Jetzt ist nicht mehr zu verheimlichen, dass die Agentur gezielt nur jene informierte, die ihnen gewogen waren. Es gibt Streit, die Sitzung wird zwei Mal unterbrochen, am Ende spricht man sich gegenseitig das Misstrauen aus.

Monatzeder hegt den Verdacht, dass der Putsch gegen ihn von langer Hand geplant war. „Der Misstrauens-Antrag schlummerte seit Monaten beim Antragsteller“, sagt er. „Vielleicht seit September.“ Wie er auf September kommt, will er nicht sagen.

Nach Recherchen unserer Zeitung landete just im September ein Schreiben der Klinik-Leitung bei den Aufsichtsräten. In dem nicht-öffentlichen Papier wird ihnen indirekt empfohlen, sich von Peritinos zu trennen. Zur Erinnerung: Die Agentur wurde beauftragt als ein von der Klinik-Leitung unabhängiger Berater, als Kontrolleur. Die Einmischung empfinden manche daher als, gelinde gesagt, unangemessen. Der Verdacht: Peritinos legte den Finger in die Wunde, stellte unangenehme, nervende Fragen. Deswegen wollte die Geschäftsführung die Berliner loswerden, schimpfen einige. Das Misstrauen sitzt tief. Auf beiden Seiten.

Zumindest Peritinos wird nun keine Rolle mehr spielen. Ude stellte gestern öffentlich klar: Das „selbstherrliche“ Büro „kommt als Berater nicht mehr infrage“. Die Sitzungen des Aufsichtsrats gehen vorerst unverändert weiter. Das Defizit der Kliniken für 2012 liegt bei knapp 125 Millionen Euro. Es gibt viel zu tun.

Von Thomas Schmidt

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