Fallzusammenführung wg. Komplikation / OGVD

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag,


    Die Abdeckung des Morbiditätsrisikos als eine Kernaufgabe der Krankenversicherung wird zunehmend auf die Leistungserbringer verlagert.


    Wieso fällt das Risiko für unvermeidbare (!) Nebenwirkungen (Indikation nach den Regeln der ärztlichen Kunst, korrekte Dosierung, Abklärung von bekannten Allergien etc.) in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses?


    Verantwortungsbereich - juristisch: bei Fehlern für die Folgen einstehen
    Handlungsverantwortung: Rechenschaftspflicht hinsichtlich der Art der Aufgabendurchführung


    Das Vorenthalten eines Antibiotikums (siehe Fallschilderung „Sectio“) fällt m. E. in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses!


    Siehe auch noch einmal:

    „Das Akzeptieren einer Fallzusammenführung wegen einer Komplikation könnte somit auch als Anerkennung eines schuldhaften Verhaltens gedeutet werden und sogar weitergehende Regressforderungen auslösen. Es ist daher dringend zu fordern, dass die Selbstverwaltungspartner umgehend eine Klarstellung zu dieser wohl gutgemeinten, aber in der Praxis höchst problematischen Passage der FPV 2008 veröffentlichen “

    http://www.bdc.de/Bdc/index_leve…ExpandSection=2


    Gruß

    Eberhard Rembs


    PS

    Zum Vergleich:
    Fleischmann/Meyer-Scharenberg, Der Betrieb 2006, S. 353:

    „Es gab einmal eine Zeit, da wurden Gesetze
    gründlich vorbereitet,
    verständlich formuliert und
    – wenn sie (steuer-) verschärfend waren –
    mit einer Übergangsregelung versehen, um das
    Vertrauen in die bisherige Rechtslage und
    entsprechende Dispositionen zu schützen.
    Diese „Märchenzeit“ ist längst vorbei.“

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Eberhardt,

    dann gäbe es wirklich nur noch Fallzusammenlegungen bei ärztlichen Kunstfehlern. Es ist doch aber uns allen wohl klar, dass dies nicht im Sinne der FPV ist.

    Und noch mal der Hinweis auf die FPV bezüglich der Komplikationen bei Chemo-/Strahlentherapie: Gerade weil diese Ausnahmen beschrieben sind, ist doch klar, dass Komplikationen bei anderen Medikamentengaben (auch die Nebenwirkungen die zur erneuten Aufnahme führen) nicht hiermit gemeint sind.

    Und zu:
    „Das Akzeptieren einer Fallzusammenführung wegen einer Komplikation könnte somit auch als Anerkennung eines schuldhaften Verhaltens gedeutet werden und sogar weitergehende Regressforderungen auslösen.\"

    Das hat überhaupt nichts mit der Kernfrage zu tun, ob im obigen Beispiel eine Komplikation im Sinne der FPV vorliegt. Angst vor Regressforderungen ist eine andere Baustelle. Die Diskussion und die möglicherweise hieraus resultierenden Konsequenzen erinnert mich so ein bisschen an 1999, wo der weltweite Computergau an Neujahr befürchtet wurde. Soweit ich mich erinnere, sind keine Flugzeuge vom Himmel gefallen und Atomkraftwerke geschmolzen.

    Gibt es denn einen im Forum, der schon mit einer Klage oder Regressforderung konfrontiert wurde, nur weil er 2 Fälle zusammengelegt hat? Keiner der von mir betreuten Kassen haben mir gesagt, dass dies bei Ihnen so läuft oder geplant sei.

  • Guten Tag,

    Ich verstehe, ehrlich gesagt, die harte Auslegung des Komplikationsbegriffes nicht.
    Was wir auf KH-Seite doch wollten, war zu vermeiden, dass z.B. jede Behanldung nach Chemotherapie wegen sekundärer Symptome zu einer Fallzusammenlegung vorgeschlagen wird.
    Dies ist durch die Regelung m.E. auch teilweise gelungen.

    Die \"Schuld\"frage war m.E. damit bisher nicht verknüpft. Melde sich doch mal jemand, der hier schon von den KTR wegen Schuldaspekten belastet wurde. Ist mir in diesem Zusammenhang nicht bekannt.

    Die ursrpüngliche Formulierung erlaubte den KTR allzu frei mit dem Begriff der Komplikation umzugehen.

    Die KH sind nach meine Meinung nicht gut damit beraten, jetzt ebenso frei mit der Ablehnung umzugehen. Dies führt doch nur dazu, dass in der Zukunft Änderungen unterbleiben.

    Das mit jeder neuen Formulierung Interpretationen offen bleiben, haben iwr oft genug gesehen. Das sollte aber die KH-Seit nicht zum \"Mauern\" verführen.

    Gruß

    merguet

  • Hallo zusammen,
    man kann eine Antibiotikatherapie auch als \"Chemotherapie\" bezeichnen - insofern: rote Flecken nach Antibiotika könnte man nun wieder rausschmeissen ;)

    Allerdings ist mir in diesem genannten Fall eines nicht klar: Das Antibiotikum zur Sectio (Ampicillin) soll noch nach der Entlassung rote Flecken machen? Siehe dazu die Fachinfo des genannten Medikamentes: \"....Die Halbwertszeit sowohl für Sulbactam als auch für Ampicillin beträgt ca. 1 Stunde bei jungen Erwachsenen...\".

    Da würde ich meine Kollegen fragen, die das im Brief schreiben, ob das schon sein kann und ob man auch andere Ursachen eruiert hat - Kügelchen von der Hebamme oder sonst was, was mit dem Krankenhaus nix zu tun hat. Das würde ich primär nicht zusammenführen.

    Insgesamt glaube ich auch, dass dies nur eine \"politische\" Regelung ist. In meinem eingangs geschilderten Fall kommt es durch das Herunterschrauben der Verweildauern bei \"kleiner\" Chirurgie sicher grad so oft zu Wiederaufnahmen wg. Komplikation NACH der OGVD wie zu Wiederaufnahme mit FZ. Und als ob man Komplikationen \"gerne\" produzieren würde, um die armen Kassen zu schädigen.

    Und was ist mit dem ambulanten Bereich?
    Wie viele Pat. nehmen die Krankenhäuser auf, die billig ambulant behandelt wurden, aber Komplikationen im Zusammenhang mit einer Leistung erleiden? Wer streicht dem Ambulatorium dann was vom Erlös?? Beispiel gefällig:
    Pat will sich vom \"Spezialist\" Hämorrhoiden operieren zu lassen, fährt an 2 -3 Krankenhäusern vorbei, um nach 4 Tagen mit Hb von ungefähr minus 5 auf der INT zu landen. Nebenbei: HD Anämie oder Hämorrhoide? Das dürfen wir dann richten (solange es uns noch gibt).

    Ach ja, jeder S-Code führt doch dazu, dass die Kasse an den Pat. einen Schrieb schickt zur Klärung der Frage, wer dem Pat. eine reingehauen hat. Was machen sie mit T-Codes???

    Schönes Wochenende
    P. Dietz

  • guten abend allerseits!
    wenn im kh ein medikament verordnet wurde und später ein exanthem auftritt (HÄUFIG)und kein sonstiger grund (SELTEN)das exanthem erklären kann,dann muß es eine komplikation sein. häufig ist häufig, selten ist selten.
    eine ganz andere frage wäre gewesen, ob denn überhaupt eine stat. th erforderlich war? :d_zwinker:

    Grüße im Kampf gegen das Böse
    Dr.Wacket

  • Hallo zusammen,
    nun möchte ich die Diskussion mit einer neuen Variante \"bereichern\":

    Pat. mit Tuboovarialabzeß wird von den Gyns hysterektomiert und adnektomiert.

    Kommt wieder mit Retroperitonealemabszeß und muß erneut operiert werden.

    Nun hat ja der Infekt schon VOR der ersten OP bestanden, also muß der 2. Abszeß ja nicht unbedingt als Folge der OP sehen, sondern als weitere Manifestation der Grunderkrankung....Komplikation im Zusammenhang mit einer Leistung??

    Aber hier wie bei meinem ersten Fall: Glück gehabt, grad am ersten Tag mit Zuschlag erfolgte die Wiederaufnahme....

    Viele Grüße
    P. Dietz

  • Guten Tag,

    Zitat

    Pat will sich vom \"Spezialist\" Hämorrhoiden operieren zu lassen, fährt an 2 -3 Krankenhäusern vorbei, um nach 4 Tagen mit Hb von ungefähr minus 5 auf der INT zu landen. Nebenbei: HD Anämie oder Hämorrhoide? Das dürfen wir dann richten (solange es uns noch gibt).

    P. Dietz


    mal ehrlich: Wie oft kommt das vor? Und dann bekommen Sie Geld dafür. (Mag im Einzelfall nicht ausreichen, nun ja, pauschalierendes System usw...)


    Zitat

    Ach ja, jeder S-Code führt doch dazu, dass die Kasse an den Pat. einen Schrieb schickt zur Klärung der Frage, wer dem Pat. eine reingehauen hat. Was machen sie mit T-Codes???

    Im Moment machen sie das mit S-Codes. Ich habe das im Zusammenhang mit T-Codes noch nie gehört. Gegenbeispiele wären mir willkommen, da ich das ganze im Prinzip auch skeptisch sehe. Aber das Misstrauen sollte nicht übertrieben werden

    Gruß

    merguet

  • Hallo Herr Selter,

    Zitat


    Original von Selter:
    ...
    1. Würde ich das gleiche Gutachten so erstellen und eine Fallzusammenlegung von Ihnen fordern.

    2. Würde ich bei uns schon ohne MDK-Gutachten die Fälle zusammenlegen.

    3. Sollte mal eine Fallzusammenlegung übersehen worden sein und es gäbe so ein Gutachten, würde ich entsprechend die Fälle im nachhinein zusammenzulegen.


    Bleibt Ihnen alles unbenommen!

    Aber für mich stellt sich hier nur die Frage: Warum päpstlicher sein als der Papst?
    Wenn der MDK ein Problem mit der z. Zt. gültigen Formulierung „... im Verantwortungsbereich des Krankenhauses...“ hat, kann ich das problemlos akzeptieren und werde mich nicht in voraus eilendem Gehorsam üben.
    Aber Sie werden das Thema sicherlich ohnehin bei Ihrer nächsten MDK-Inhouse-Prüfung ansprechen und uns dann berichten...


    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

  • Hallo Dirk,

    Zitat


    Original von Selter:
    Wir sollten hier doch die Einzelfälle betrachten und nicht das Gleiche machen, was wir dem MDK gerne vorwerfen: Nur auf das geschriebenen Wort achten und jegliche Logik außen vor lassen.

    das ehrt dich sehr, aber ist es nicht das, was wir alle am liebsten tun und was diesem Forum fast schon die Daseinsberechtigung gibt, zumindest aber für die lebhaften Diskussionen sorgt?

    Wenn mir eine Regelung einen Vorteil verschafft, nehme ich sie unkritisch und ausschließlich genau so wortwörtlich, wie sie mir nützt. Gereicht sie mir zum Nachteil, versuche ich mein Gegenüber (\"die Gegenseite\" klingt so hässlich) davon zu überzeugen, dass die Regelung unlogisch ist und/oder anders gemeint war und ich sie deshalb umgehe/ignoriere.

    Im Fall der 100,- Euro beispielsweise hat der Gesetzgeber ganz sicher nicht Fehlkodierungen des Krankenhauses mit 100,- Euro belohnen wollen (wenn nur dadurch eine Prüfung ausgelöst wurde). Durch den eindeutigen Gesetzes-Wortlaut KANN man das aber tatsächlich so interpretieren. Und in diesem Thema hast du selbst die Diskussion für überflüssig erachtet, weil der Gesetzestext eindeutig ist (EDIT hat deinen Beitrag gefunden: \"warum bei klarer Formulierung der Vorgabe und (eigentlich obsoleter) Klarstellung durch das BMGS dann immer noch gestritten werden soll, bleibt mir völlig unverständlich! Man muss/ kann aber auch nicht alles verstehen.......\").

    Manche Diskussionen über gesetzliche Regelung und/oder Formulierungen hätten wir uns sparen können, wenn die Selbstverwaltung logischer und mit dem wirklichen Ziel, GEMEINSAM zu gestalten, an manche Sachen heran gehen würde.

    Bis dahin ehrt mal dich, mal andere das Kämpfen gegen Windmühlen...

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo ToDo,

    danke für die Ehre, aber ich such mir hier nicht eine Regel aus und bewerte sie nach persönlichem Vorteil.

    Zu der 100 € Geschichte: Die Regelung ist für mich klar, deswegen verstehe ich die Diskussion nicht.

    Die Komplikationsregel ist in dem hier diskutierten Fall ebenso klar für mich und daher verstehe ich auch nicht, warum man DIESEN Fall anders sehen kann (\"will\" schon eher).

    Deswegen habe ich auch explizit gefragt, ob Herr Balling in dem von mir gegeben Beispiel klagen würde. Warum man dies machen würde, verstehe ich ebenfalls nicht.

    Und zusammenfassend, dann:

    Zitat


    Original von Selter:
    Selbstverständlich ist jeder Fall einzeln zu betrachten, selbstverständlich ist nicht jede Infektion im Verantwortungsbereich des KH und genauso selbstverständlich ist es, dass Komplikationen im Verantwortungsbereich des KH entstehen.