F10.2 chronischer Alkoholabusus

  • Patient wurde nach Sturz (Fraktur des 2. Halswirbels, HD S12.1) unter akuter Alkoholintoxikation (ND F10.0) stationär aufgenommen. Aufgrund des chronischen Alkoholabusus (von früheren Aufenthalten bereits bekannt und im Entlassbrief dokumentiert) wurde der Patient mit Aponal behandelt und der Arzt führte ein Aufklärungsgespräch (Inhalt leider nicht dokumentiert) durch.

    Wir hatten als Nebendiagnose die F10.2 kodiert.

    Jetzt ist der MDK der Meinung, der chronische Alkoholabusus hätte gar nicht vorgelegen, da keine \"entsprechende psycho-pathologischen Befunde\" wie es im ICD gefordert würde, dokumentiert seien!

    Und nun???? Kann die F10.2 als ND kodiert werden oder nicht???? :augenroll:

  • Hallo,

    welche

    Zitat


    \"entsprechende psycho-pathologischen Befunde\" wie es im ICD gefordert würde,

    sollen denn da gemeint sein?

    In meinem ICD steht da nix drin, zumindest nicht mit dieser Terminologie.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Schönen guten Tag Herr Horndasch

    Zitat


    Original von E_Horndasch:
    In meinem ICD steht da nix drin, zumindest nicht mit dieser Terminologie.


    Dann lesen Sie mal die Hinweise zu F10 - F19. Dort steht ein ausführlicher Text, unter anderem:


    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Herr Schaffert,
    bedeutet das für uns, dass wir F10.2 nicht kodieren können, da wir gleich mit Aponal behandelt haben und nicht abgewartet haben, bis wir diese \"psycho-pathologischen Befunde\" dokumentieren konnten oder reicht es aus, wenn der behandelnde Arzt die Diagnose \"chronischer Alkoholabusus\" stellt und auch behandelt?

    Gruß aus dem etwas verregneten Schwabenland!!!!

  • Moin Ricco,

    Der Abusus ist doch hier ziemlich eindeutig. Das Medikament war geeignet, die Ausprägung des Syndroms zu vermeiden. Dennoch kann man es nicht als Prohpylaxe werten. Im Grunde ist des doch ähnlich, wie die kontinuierliche Gabe von blutdrucksenkenden Mitteln beim Hypertoniker, der dann während des Aufenthaltes normotone Werte hat.
    Wenn der Abusus völlig eindeutig ist, dann muss er doch wenigstens dann kodiert werden könnnen, wenn Maßnahmen ergirffen wurden.
    Sonst käme er nur noch für spezifische Suchttherapie in Betracht. Schließlich wird ja auch die Sucht bei Patienten kodiert die Metahdon erhalten.
    Eine solche Ausnahmestellung können die F1* Diagnosen nicht haben.

    Gruß

    merguet

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    selbst wenn hier Zweifel an der Diagnose bestehen würden, würde zumindest der V. a. nach DKR D008b bestehen (weder sicher bestätigt, noch sicher ausgeschlossen) und es wurde entsprechend therapiert.
    Also Kodierung.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Zitat


    Original von R. Schaffert:

    Dann lesen Sie mal die Hinweise zu F10 - F19. Dort steht ein ausführlicher Text, unter anderem:


    Hallo Hr. Schaffert,
    den habe ich sehr wohl gelesen. Nur verstehe ich unter psychopathologischen Befunden etwas anderes. Vielleicht mit etwas mehr \"Substanz\". Oder was verstehen Sie unter einer Gruppe von Verhaltens-, kognitiven und körperlichen Phänomenen genau? da kann ich doch alles darunter subsummieren.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Schönen guten Tag allerseits,

    Ricco:
    Mein Hinweis bezog sich lediglich auf die Aussage von Herrn Horndasch, der keine \"Psychopathologischen\" Befunde im ICD erkennen konnte. Wenn Sie therapiert haben, damit diese Symptome nicht auftreten, ist der Code selbstverständlich zu verschlüsseln.

    @Herrn Horndasch:
    Hatten Sie schon einmal näher mit Psychiatern oder Psychotherapeuten zu tun? Psychopathologische Befunde sind eben sprachlich ausgedrückte Beobachtungen, die sich auf die Psyche oder das Verhalten des Menschen beziehen. Was erwarten Sie dann mehr an Substanz? Und in dem zitierten Text wird das Abhängigkeitsverhalten doch ziemlich gut beschrieben, wie ich finde.

    Wie gesagt: es handelt sich um Beobachtungen. Das kann man nicht mit Laborwerten oder Röntgenbildern vergleichen (obwohl manche radiologischen Befunde dem sehr nahe kommen)

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Guten Morgen,

    vielen Dank für Ihre Antworten. Dann werde ich mich jetzt an den 2. Widerspruch wagen ...

    Ich wünsche ein schönes (kodierfreies) Wochenende!!

  • Hallo zusammen,

    ich habe da mal eine Frage. Wer darf wann eigentlich einen Abusus diagnostizieren?
    Gibt es dafür Richtlinien/Definitionen oder kann/darf man anhand von Gewohnheitsangaben (besonders Alkohol und Tabak) eine Diagnose stellen?

    Grüße

    N. Pollack

  • Guten Morgen Frau Pollack,
    guten Morgen Forum,

    die Unterscheidung zwischen \"Abusus\" und \"Usus\" gleicht manchmal dem Ritt auf der Rasierklinge....
    In Nordeutschland sagt man: \"Wat dem einen sin Uhl - is dem annern sin Nachtigal!\"

    Wenn nicht wirklich eine Relevanz vorliegt, welche die stationäre Behandlung erfordert, wäre ich sehr zurückhaltend mit der Diagnose \"Abusus\". Diese ist auf Dauer und mit allen Konsequenzen in das (nur medizinische ?? ) Stammblatt gebrannt.

    Mit freundlichen Grüßen

    Lunge - Internist / Pneumologe