Voriconazol laut MDK nicht indiziert

  • Hallo Forum
    Folgende Situation:
    Ein 55-jähriger Patient verbleibt postoperativ nach einer Magenperforation mit begleitender Peritonitis 3 Tage auf der Intensivstation. Hier Antibiose und Diflucan-Gabe, beides wird nach Verlegung auf die Normalstation dort weitergeführt.
    Am Folgetag der Verlegung (5 p.o.-Tag) wird der Patient mit dem Bild einer Sepsis wieder auf die Intensivstation aufgenommen. CRP 50 mg/dl, Lunge diffus verschattet, Intubationspflichtig, Kreislauf Katecholaminpflichtig. Sofortige Blutkulturen, Wund-, Bronchial- und Drainageabstriche blieben –auch im weitern Verlauf -negativ. Es gelingt insbes. auch kein Nachweis von Pilzen.
    Nach 2-tägiger Antibiose wird Voriconazol in das Therapieregime aufgenommen, die Gesamtdosis berechtigt zum Zusatzentgelt 46.07.

    wird vom MDK wie folgt beurteilt:
    „Dosierung ok. Keine invasive Mykose belegt. Prophylaktische Gabe bei ARDS -> anderes Antimykotikum möglich“

    Wenn wie im geschilderten Fall sicher die Indikationstellung begründet werden kann, stellt sich mir grundsätzlich die Frage, wie weit der MDK gehen darf. Hier greift der MDK in die Indikationsstellung ein. Demnächst heist es noch, dass der medikamentenbeschichtete Stent, die Sonderprothese oder die Komplexbehandlung nicht indiziert waren, da andere Therapien möglich gewesen wären.

    Da dies Vorgehen für mich neu ist, wollte ich mal fragen, ob bereits Erfahrungen mit diesem Prüfansatz existieren? Gibt es da Rechtsgrundlagen oder Urteile?
    Viele Dank vorab!

  • Moin,

    ich weiß nicht ob es korrekt ist, aber gibt es nicht so etwas wie eine Therapiefreiheit?

    Und heißt es nicht im SGB V § 275 Abs 5: \"Die Ärzte des Medizinischen Dienstes sind bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen. Sie sind nicht berechtigt, in die ärztliche Behandlung einzugreifen.\" ?

    Das heißt für mich, dass der behandelnde Arzt entscheidet, welches Medikament / welche Therapieform eingesetzt wird, und der MDK hat dazu nichts zu sagen, es sei denn, die gewählte Therapie wäre kontraindiziert. (aber das steht dann auf einem anderen Blatt, und wäre vom MDK entsprechend zu beweisen).

    Vielleicht hilft hier nur der Gang zum SG?

    Viele Grüße

    Gruß
    papiertiger

    Sport: eine Methode, Krankheiten durch Unfälle zu ersetzen.

  • Moin,

    auch wir haben dieses Phänomen (zunehmend) bobachtet. Insbesondere Medikationen werden als nicht indiziert angezweifelt, inzwischen nicht nur, wenn Sie ZE auslösen, sondern auch dann, wenn Sie die Kodierung einer ND begründen. Jüngster Fall: Das vom Internisten angeordnete Antidepressivum sei nicht indiziert gewesen, da keine Fachärztliche Differenzialdiagnostik vorgenommen worden sei.

    Spezialfall ist die Indikation zum Angio-Seal-Verschluss.

    Bei allen diesen Maßnahmen ist aber nach DKR u.E. unstrittig, dass sie, da sie gemacht wurden, auch zwingend zu kodieren sind, d.h. es ist nicht nur unser Recht, sondern streng genommen auch unsere Pflicht.

    Wir lehnen diese GA mit dem Hinweis auf die Indikationsstellung durch den beh. Arzt und die Pflicht zur Kodierung ab.

    Bisher hören wir von den Fällen noch nicht wieder, ich rechne aber damit, dass sie bald wieder auf den Tisch kommen.

    Gruß

    merguet

  • guten tag allerseits!

    noch(!) entscheidet der behandelnde arzt, was er wann gibt- und nicht der mdk.
    in diesem falle hilft nur die zitierte pflicht zur codierung(s.o.) und darüberhinaus nur die klageandrohung, wenn die kasse nicht bezahlen will.
    ich glaube kaum,dass eine kasse vor gericht klären lassen will, ob ein kh-dr. ein medikament xy geben kann oder nicht, nur weil ein ze daranhängt :d_zwinker:

    Grüße im Kampf gegen das Böse
    Dr.Wacket

  • Guten Tag,
    allerdings wird das SG einen Gutachter mit der Fragestellung beauftragen, ob Diagnose und Therapie dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechen.

    Nur so als Ergänzung und Randbemerkung zum Thema Therapiefreiheit.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Zitat


    Original von Flocke:
    Hier greift der MDK in die Indikationsstellung ein. Demnächst heist es noch, dass der medikamentenbeschichtete Stent, die Sonderprothese oder die Komplexbehandlung nicht indiziert waren, da andere Therapien möglich gewesen wären.


    Hallo,
    das ist bei uns alles schon vorgekommen. Zur Frage medikamentenbeschichteter Stents liegen mir mehrere negative MDK-GA mit abgelehnter Indikation vor, fast alle von einer einzigen KK in Auftrag gegeben. Nachdem wir uns heftig zur Wehr gesetzt haben, ruhen die Verfahren derzeit. Die Fälle sind bezahlt und auf den letzten Widerspruch mit Andeutung unserer Klagebereitschaft haben wir auch nach Monaten keine Antwort bekommen.

    Zu Komplexbehandlungen bzw. zur multimodalen Schmerztherapie laufen ähnliche Anfragen. Mal schauen, ob der MDK hier die Vorlage aus der Fragestellung der KK aufgreift und tatsächlich die Indikation ablehnt.

    Viele Grüße,
    A. Bongartz

  • Hallo Allerseits,
    Herr Horndasch hat recht. Ein Gutachtenauftrag in der Form könnte mit der Fragestellung ergehen und dann, so denke ich, wird der Gutachter in diesem Fall dazu kommen, dass die Behandlung dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprach? Wenn nicht, muss er das beweisen. Er wird also Alternativen benennen. Nur die Tatsache, dass es Alternativen gibt, heißt nicht, dass die Behandlung, so,wie sie in diesem Fall war, nicht dem medizinischen Stand usw. entsprach. Der Große Senat hat ja zum Glück nicht gesagt, dass man unter allen Behandlungsmöglichkeiten, die gerade für eine bestimmte Diagnose oder Krankheit dem medizinischen Standard entsprechen, die Kostengünstigste auswählen muss. Natürlich muss dann das klagende KH auch die entsprechenden Argumente haben, um die Therapie in diesem Einzelfall zu begründen, aber das wird nicht das Problem sein.
    Nur ganz grundsätzlich hat die Krankenkasse immer noch nur das Recht die Krankenhausleistung nach Art, Umfang und nach ordnungsgemäßer Abrechnung zu überprüfen, für inhaltliche Fragestellungen gibt es keinen Raum. Aber ich leide auch darunter, dass die Praxis anders aussieht.
    Schönen Abend !
    Uta Seiffert-Schuldt

  • Guten Morgen liebe Gemeinde,

    ich habe diesen Thread nocheinmal aufgenommen da mir eine Anfrage einer KK zum Einsatz von Docetaxel parenteral vorliegt.
    Dies wurde bei einem Patienten mit bösart. Neubild. Larynx eingesetzt und löst natürlich ein ZE aus.
    (Sonst wäre der KK das wahrscheinlich völlig schnuppe)

    Hier wird behauptet das das Medikament nicht für diese Erkrankung zugelassen wäre.

    Kann mir jemand sagen ob das mit der Zulassung so stimmt?

    Mit freundlichem Gruß

    Skorpion

  • Hallo Frau Ptaschinski,

    Docetaxel ist u. a. zugelassen für die Induktionstherapie von inoperablen lokal fortgeschrittenen Plattenepithelkarzinomen im Kopf-Hals-Bereich. Der Larynx gehört zum Hals. Also müssen Sie noch prüfen, ob ein Plattenepithelkarzinom vorlag.


    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld