• Offizieller Beitrag

    Hallo,

    ich stelle hier eine interessante Frage (und meinen unmaßgeblichen Kommentar) betreff HD-Zuordnung aus dem Diskussionsforum der Uni-Münster ein.

    Ich bin mir sicher, dass sich auch Mitarbeiter des MDK hier im Forum informieren und fände es wirklich sehr interessant, auch deren Meinung zu solchen Fragen zu erfahren. Sie sind hiermit herzlich eingeladen!

    Autor / Author: Sonja Fenske
    Datum / Date: 25.11.02 09:16

    Hallo Forum,
    ein Patient mit bekannter Virushepatitis C, Alkoholabhängigkeitssyndrom, Leberzirrhose, Niereninsuffizienz und Gerinnungsfaktormangel durch Leberkrankheit wird nach häuslichem Sturz stationär aufgenommen. Bei der Aufnahmeuntersuchung wird ein beginnendes Kompartmentsyndrom des Unterarms und eine Prellung des Knies festgestellt. Es wurde eine Hämotomentlastung durchgeführt. Postoperativ mussten Gerinngungsfakoren und Ery-Konzentrate transfundiert werden. Sowohl die dekompenstierte Leberzirrhose wie auch die Niereninsuffizienz wurden therapiert.
    Was ist die Hauptdiagnose?
    Kompartmentsyndrom oder Gerinnungsfaktormangel durch Leberkrankheit?

    Vielen Dank,
    S. Fenske

    Meine Meinung:

    Autor / Author: D. D. Selter
    Datum / Date: 27.11.02 10:14

    Guten Tag Frau Fenske,

    die HD-Zuordnung im beschriebenen Fall ist wahrscheinlich ein typisches Beispiel für zukünftige Auseinandersetzungen mit dem MDK, da hier deutliche Unterschiede bei der Fallvergütung resultieren (falls ein Mitarbeiter des MDK diese Frage liest, eine Interpretation Ihrerseits wäre sehr interessant).

    Die HD-Definition ist bekannt:

    HD = Ursache der Aufnahme ... nach Analyse.

    Bei gleichberechtigten Erkrankungen/Verletzungen im Sinne der HD-Definition: Nach Ressourcenverbrauch.

    Krankenhausseitige Argumentation:

    Patient wird primär wegen der internistischen Krankheitskombination aufgenommen. Das Kompartmentsyndrom entsteht aus der Kombination Trauma und Gerinnungsfaktormangel, ohne den es (höchstwahrscheinlich) nicht dazu gekommen wäre. Entsprechende Behandlungen werden, wie erwähnt, durchgeführt.

    HD: Erworbener GF-Mangel D68.4
    ND: s.o.
    Proz.: z.B. Faszienspaltung, Transfusionen

    DRG: Q02A Andere OPs bei Krankheiten des Blutes ... mit äußerst schweren ...CC
    RG: 1,664 bei 11,5 Tagen durchschnittlicher VWD

    (angenommene) MDK Interpretation:

    Das Kompartmentsyndrom entsteht primär wegen des Traumas bei vorbestehenden internistischen Erkrankungen. Würde kein Kompartmentsyndrom vorliegen, wäre eine stationäre Aufnahme nicht nötig, da erwähnte internistischen Erkrankungen nicht akut aufgetreten sind, sondern chron. vorbestehend.

    HD: Traumatisches Kompartmentsyndrom: T79.6
    ND: s.o.
    proz.: z.B. Faszienspaltung, Transfusionen

    DRG: I27Z Eingriffe am Weichteilgewebe
    RG: 0,972 bei 5,9 Tagen durchschnittlicher VWD

    Bei einem Basisfallpreis von 2.900 € macht das einen Unterschied von 3.000 € (ohne Unter-/Überschreitung der Grenzverweildauern).

    Anhand der angegebenen durchschnittlichen VWD der DRGs können Sie sehen, was eher Ihrem Fall entspricht, wohl eher die Q02A.

    Fazit:

    Auf alle Fälle HD D68.4.

    Ich stelle Ihre Frage auch in das Kodierfragenforum von mydrg (https://www.mydrg.de), vielleicht schaut da ja ein Mitarbeiter vom MDK rein oder andere Meinungen werden gepostet. Schauen Sie einfach mal dort vorbei.

    Gruß

    D. D. Selter

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Frau Fenske
    Hallo Herr Selter,

    zunächst freue ich mich über den
    sehr interessanten Beitrag.
    Wie auch Herr Selter komme ich auf
    die HD D68.4
    Die Kodierregeln lassen bei der
    Findung der HD eine retrospektive
    Betrachtung des Aufnahmegrund´s
    zu.
    Im vorliegenden Fall ist diese
    sicher der erworbene GF-Mangel
    und nicht das traumatische
    Kompartmentsyndrom.
    Dieser Meinung kann sich der MDK
    eigentlich nur anschließen.
    Auch ich wünsche mir zu diesem Fall
    ein Statement eines MDK-Vertreters.
    Es würde sicher ein wenig Licht ins
    Dunkle der HD-Findung bringen.

    --
    MFG
    aus Stuttgart
    Peter Hackmann

    MFG
    aus Stuttgart
    Peter Hackmann

  • Hallo Herr Selter
    Hallo Herr Hackmann

    Zitat

    Das Kompartmentsyndrom entsteht primär wegen des Traumas bei vorbestehenden internistischen Erkrankungen. Würde kein Kompartmentsyndrom vorliegen, wäre eine stationäre Aufnahme nicht nötig, da erwähnte internistischen Erkrankungen nicht akut aufgetreten sind, sondern chron. vorbestehend.

    Ich kann dieser Argumentation besser folgen. Zwar wäre der Sturz nicht gewesen, wäre der Pat. aufgrund der vorbestehenden chronischen Erkrankungen irgendwann mal eingewiesen worden. Aber das Kompartmentsyndrom infolge eines Traumas stellt in diesem Falle die Hauptindikation für die Aufnahme dar. Die Tatsache, dass das Kompartmentsyndrom auch bei nicht vorbestehenden internistischen Erkrankungen auftreten kann, spielt hier eine nicht unbedeutende Rolle.

    Übrigens :

    Die HD T79.6 führt mich (mit 3M-Grouper) in die

    I76C Andere Erkrankungen des Bindegewebes, Alter <70 Jahre ohne CC
    mit RG von 0,671 und einer MVD von 3,1 Tagen

    Die HD D68.4 führt mich in die
    Q62B Gerinungsstörung, Alter<70
    mit RG von 0,760 und einer MVD von 4,5 Tagen

    Beide von der M-Partition.

    oder mache ich da etwas falsch ?.


    mit freundlichen GRüßen aus dem sonnigen Bochum

    :bombe:

    mit freundlichen Grüßen

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von Rembs:


    Hallo,
    es fehlt die operative Prozedur: 5-850.03

    Und entsprechende Nebendiagnosen: B18.2, F10.2, K70.3, N18.8 und wahlweise die T79.6 oder D68.4.

    Gruß


    --
    D. D. Selter

  • Hallo Forum,
    Hallo Herr Selter,
    Hallo Herr/Frau Alaa-Eddine,

    ich bin (mal wider) zu langsam
    in der Beantwortung meiner Post, es
    wurde auf die fehlende Procedur und
    die fehlenden Nebendiagnosen hingewiesen.
    Der Grouper von ID-Berlin kommt auf das gleich
    Ergebnis wie der von Herrn Selter,
    ich weiss nicht welchen Herr Selter benutzt hat.

    Es ist sicherlich richtig wenn Alaa-Eddine sagt
    der Behandlungsgrung war das Kompartmentsyndrom
    aber da ist die retrospektive Betrachtung,
    die ausdrücklich in den Kodierrichlinien
    genannt wird.

    Ein Patient, der zu einer elektiven Tonsillektomie
    einbestellt wird und bei dem bei der präoperativen
    Untersuchung ein Magen Ca diagnostiziert wird
    das Operativ versorgt wird, ist hier
    ein gutes Beispiel.
    Welche HD würde Alaa-Eddine hier festlegen wollen?

    --
    MFG
    aus Stuttgart
    Peter Hackmann

    MFG
    aus Stuttgart
    Peter Hackmann

  • Hallo
    Vielen Dank für die schnellen Antworten.

    Die HD T79.9 + NDs (B18.2+F10.2+K70.3+N18.8) zusammen mit dem ICPM-Schlüssel 5-850.03 führen mich aber zur DRG
    X06A Andere Eingriffe bei anderen Verletzungen mit äußerst schweren oder schweren CC
    mit einem RG von 1,579 und einer MVD von 11,7

    Die andere Konstellation
    HD D68.4 + NDs (B18.2+F10.2+K70.3+N18.8) zusammen mit dem ICPM-Schlüssel 5-850.03 führt aber zur DRG
    Q02A Andere OR­Prozeduren bei Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe mit äußerst schweren oder schweren CC
    mit einem RG von 1,644 und einer MVD von 11,5. Also keine gravierenden Verluste in der Gegenüberstellung.

    Nun zur der Frage von Herrn Hackmann :

    []
    Ein Patient, der zu einer elektiven Tonsillektomie
    einbestellt wird und bei dem bei der präoperativen
    Untersuchung ein Magen Ca diagnostiziert wird
    das Operativ versorgt wird, ist hier

    [/]
    Abgesehen davon dass man bei einer präoperativen Untersuchung für eine Tonsillektomie nur sehr schwer ein Magen-Ca diagnostizieren kann, würde ich die Diagnose mit dem intensiverem Ressourcenverbrauch als Hauptdiagnose nehmen.

    Gruß
    Alaa Eddine

    mit freundlichen Grüßen

  • :bounce:
    Hallo zusammen und liebe grüße aus bochum.

    Ich finde die verschiedenen Groupingergebnisse
    zu diesem Fall zwar sehr spannend, denke aber , daß
    hier bzgl der Aufnahme ins KH der erlittene Sturz und das Kompartementsyndrom mit der i.d.R. Notfallindikation zur Kompartementspaltung die Definition der HD am ehesten erfüllen.

    Ohne den Sturz und ohne die( sicher ohne relev. zeitliche Verzögerung durchgeführte OP würde ich mich der internistischen Betonugn sicher anschliessen.

    Mit dem Wissen, daß hier Meinung Nr. 99 vom 20.sten Teilnehmer
    wahrscheinlich auch nur eine Meinung bleiben wird.

    Besonders liebe Grüße nach Murnau

    c.Möcklinghoff

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen Herr Eddine,

    Zitat

    Original von Alaa-Eddine:
    Die HD T79.9 + NDs (B18.2+F10.2+K70.3+N18.8) zusammen mit dem ICPM-Schlüssel 5-850.03 führen mich aber zur DRG
    X06A Andere Eingriffe bei anderen Verletzungen mit äußerst schweren oder schweren CC
    mit einem RG von 1,579 und einer MVD von 11,7

    Warum .9? Sie kodieren damit die n.n.b. Frühkomplikation eines Traumas, das Kompartmentsyndrom ist aber mit .6 zu kodieren. Dann kommen Sie auch in die angesprochene DRG.

    Neue Erkenntnis: Mittlerweile habe ich erkannt, dass ich in meinem letzten Post einen 180° Zahlendreher hatte, .6 --> .9. Deswegen mein Fehler! Ist oben korrigiert.

    Zitat

    Original von Alaa-Eddine:
    Die andere Konstellation
    HD D68.4 + NDs (B18.2+F10.2+K70.3+N18.8) zusammen mit dem ICPM-Schlüssel 5-850.03 führt aber zur DRG
    Q02A Andere OR­Prozeduren bei Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe mit äußerst schweren oder schweren CC
    mit einem RG von 1,644 und einer MVD von 11,5.

    Wieso "aber"?
    So wurde es doch von Anfang an dargestellt.

    Gruß


    --
    D. D. Selter

  • Zitat

    Wieso "aber"?
    So wurde es doch von Anfang an dargestellt.

    Selter


    Guten Tag
    Entschuldigung,
    Ich habe den Text vom vorigen Absatz nur kopiert.!!, daher rutschute das Wort "aber" mit in den Text.


    mit freundlichen Grüßen aus Bochum
    Alaa Eddine

    mit freundlichen Grüßen