perforierte Appendizitis

  • Hallo zusammen, MDK-Prüfverfahren sind bei der Abrechnung der SE 12.15 und 12.16 hierzulande fast Standard. Zur Diagnose K35.0 (perforierte Appendizitis) führt unstrittig die Maximalvariante mit diffuser Peritonitis. Streitfrage ist oft der Grenzfall einer (gedeckt) perforierten Appendizitis. Bis auf einige Minuten OP-Zeit ergibt sich hier bei der standardmäßig durchgeführten laparoskopischen Operation kein wesentlicher operativer Mehraufwand im Vergleich zur App. non perforata. Allerdings ist mit einer Erregerdissemination und höherer Rate an Komplikationen mit längeren KH-Verweildauern zu rechnen. Ich denke, daß das SE im kalkulatorischen Ansatz eben diesem Umstand Rechnung trägt. Der MDK sieht das in Einzelfällen anders. Welche Erfahrungen gibts denn woanders? Grüße aus Halle!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    bei diesen Anfragen muß man hart bleiben..
    im Fallpauschalenkatalog steht eindeutig, Appendicitis non perforata,
    eine gedeckte Perforation (K35.1) entspricht dieser Definition nicht, hier gibt es überhaupt keinen Diskussionsspielraum.
    Meist reicht die Übersendung des Histologiebefundes, obwohl die DKR 1101a beschreibt: "es ist nicht zwingend erforderlich, daß ein histopathologischer Befund diese Diagnose sichert."


    Hinweis:

    BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 13.12.2001, B 3 KR 1/01 R

    Leitsätze
    1. Bei der Vergütung von Krankenhausleistungen sind Fallpauschalen- und Sonderentgeltkataloge streng nach ihrem Wortlaut anzuwenden.


    Gruß

    E. Rembs
    Bochum

  • Hallo McHenze,

    wir haben bei Codierung mit K35.0 oder K35.1 noch nie ein Problem mit dem MDK gehabt. Die SE 12.16 und 12.17 (nicht 12.15) waren stets ohne Prüfung abzurechnen. Wenn die Krankenkasse zweifelte, habe ich jeweils erklärt, daß es nicht darauf ankommt, wie heftig die Peritonitis ist, sondern daß der Operateur die Appendix als perforiert sieht und codiert. Das histologische Ergebnis kann abweichen. Wir haben auch welche, die der Operateur nicht als perforiert sieht, aber das Labor. Wir richten uns stets nach der OP-Codierung, die natürlich auch gegebenfalls im OP-Bericht überprüft wird.

    --
    Einen freundlichen Gruß vom MDA aus Schorndorf

    [size=12]Freundlichen Gruß vom Schorndorfer MDA.

  • Hallo und herzlichen Dank. Pardon, gemeint waren natürlich SE 12.16 und .17 (war heute um 07:54 wohl noch nicht ganz wach...). Die geschilderte Sachlage bezog sich bereits auf Aussagen von MDK-"Gutachten" im Einspruchsverfahren, die OP-Berichte lagen also vor. Leider kein Einzelfall von qualitativ inakzeptablen MDK-Schriftsätzen.
    Schön, daß auch Sie hier eine eindeutige Position vertreten, werde mich mit frischem Elan nochmals den Fällen widmen. Gruß aus Halle!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    in diesem Zusammenhang interessant (Quelle: Niedersächsische Krankenhausgesellschaft e.V,dort auch weiter Urteile):


    Wenn Ausprägung und operativer Behandlungsaufwand in einem speziellen Fall nur von geringem Ausmaß sind, muss man von einer entsprechenden Diagnose ausgehen.

    LSG Nordrhein-Westfalen vom 21. September 1999 - L 5 KR 20/99

    Das Landessozialgericht hat mit o. a. Urteil die Klage eines Krankenhauses auf Abrechnung des Sonderentgeltes 12.16 zuzüglich tagesgleicher Pflegesätze anstelle der Fallpauschale 12.05 abgewiesen. Mit diesem (rechtskräftigen) Urteil wird auf den ersten Blick den Krankenkassen in ihrer Argumentation Recht gegeben, dass zu "entsprechenden" Diagnosen ein weites Spektrum gehören könne. Vor Ort wird unter Bezug auf dieses Urteil bereits von Seiten der Krankenkassen entsprechend argumentiert.


    Allerdings übersehen die Krankenkassen hierbei den speziellen Charakter dieser Entscheidung. Maßgebend war auch für das Landessozialgericht die Art und der Aufwand der im Entgeltkatalog definierten Leistungen. Einzig die Tatsache, dass die mit der (ansonsten als medizinisch eher dramatisch zu wertenden) Diagnose des peritonealen bzw. perityphlitischen Abszesses im vorliegenden speziellen Fall zu keinem besonderen Aufwand - im Vergleich mit der ursprünglichen Kalkulation der Fallpauschale 12.05 - geführt hat, veranlasste das Gericht dazu, der Auffassung der Krankenkassen stattzugeben. Da das LSG nur deshalb eine "entsprechende Diagnose" bejaht hat, weil Ausprägung und operativer Behandlungsaufwand im vorliegenden Fall so geringen Ausmaßes waren, kann nicht davon ausgegangen werden, dass das LSG eine verallgemeinerungsfähige weite Auslegung des Begriffs der "entsprechenden Diagnose" bezweckt hat. Durch die Bezugnahme auf den geringen operativen Behandlungsaufwand ist vielmehr davon auszugehen, dass das LSG dann eine "entsprechende Diagnose" verneint, sobald Art und Aufwand der Behandlung den der Kalkulation der Fallpauschale zugrunde liegenden Aufwand übersteigt. In diesem Fall gilt gemäß Abrechnungsbestimmung Nr. 2 die Fallpauschalendefinition nicht.


    --
    D. D. Selter

  • Guten Morgen, Forum,
    ich habe folgende Frage.
    Eine akute gedeckt perforierte phlegmonöse Appendizitis ( Histo)mit folgender OP wurde als \"mit diffuser\" Peritonitis hier verschlüsselt.

    Allgemeinanaesthesie, Rückenlagerung, sterile Abdeckung des gesamten Bauches. Hautinzision ca. 1 cm unterhalb des Nabels. Darstellen der Aponeurose. Einbringen einer Verres-Nadel. Pneumoperitoneum bis 40 mmHg. Einbringen eines Sicherheitstrokars. Laparoskopie.
    Es findet sich ein geschwollener Coecumbereich mit Fibrinbelag und trüber Flüssigkeit im Bereich des Douglas. Die Appendix befindet sich retrocoecal, sie ist stark geschwollen und teilweise gangrenös verändert. Bei der Freipräparation der Appendix fanden wir eine Eiterentleerung aus der Appendixbasis, die nah am Coecum lag. Es wurde die eitrige Flüssigkeit abgesaugt. Mit dem Eiter entleerten sich ebenfalls einige Kotsteine. Darminhalt entleerte sich nicht. Anschließend wurde eine Ligatur am Mesenterium der Appendix angelegt und angeknotet. Abtragen der Appendix vom Mesenterium bis zur Appendixbasis. Die Appendix wurde vom Coecum mit einem GIA-Gerät abgetragen und in einen Bergebeutel verbracht....


    1.) Liegt hier eine Peritonitis vor?
    2.) Wenn ja, lokal oder diffus?
    3.) Bedeutet \"trübe Flüssigkeit im Douglasraum \" = Peritonitis?

    Gruß,
    B.Schrader

  • Hallo Herr Schrader,
    wir hatten vor kurzem einen ähnlichen Fall. Die (gedeckte) Perforation war in der Histologie eindeutig beschrieben. Letztlich dürfte die Frage ob gedeckt oder nicht gedeckt bei Nachweis einer Perforation aber nicht entscheidend sein, denn in den Inklusive der K35.0 heisst es: Appenditis (akut) mit Perforation oder mit Peritonitis nach Perforation oder Ruptur oder mit Ruptur. Wir haben dies so interpretiert, dass bei Vorliegen einer Perforation immer die K35.0 kodiert werden muss. Im übrigen dürfte die trübe Flüssigkeit aber auch für eine diffuse Peritonitis sprechen. Vielleicht gibt es auch noch einen Erregernachweis, der zusätzlich kodiert werden kann (häufig CCL- und DRG-relevant!) ?

    Viele Grüße,
    Andreas Bongartz

  • Zitat


    Original von Bongartz:
    Hallo Im übrigen dürfte die trübe Flüssigkeit aber auch für eine diffuse Peritonitis sprechen. Vielleicht gibt es auch noch einen Erregernachweis, der zusätzlich kodiert werden kann (häufig CCL- und DRG-relevant!) ?

    Viele Grüße,
    Andreas Bongartz

    Hallo,Herr Bongartz,
    es gibt einen Erreger.
    Nun noch meine Frage, die trübe Flüssigkeitsansammlung befand sich im Douglasraum, warum diffus und nicht lokal?

    Gruß,
    B. Schrader

  • Hallo Herr Schrader,
    als \"lokal\" würde ich bei den Appendizis-Kodes nur die unmittelbare Nähe der Appendix ansehen (also z.B. Coecalpol beim perityhphlitischen Abszess). Hier wäre dann die K35.1 zu kodieren (mit Abszess) oder die K35.9 (nur lokale Peritonitis an der Appendix ohne Abszess). In Ihrem Fall bedingt aber die Perforation die Kodierung mit K35.0.

    Wenn Sie den Erregernachweis als Sekundärcode kodieren, müssten Sie die DRG G07Z erreichen. Dieses Vorgehen bei der Kodierung wird von einigen Kassen / MDK-Mitarbeitern als nicht korrekt angesehen. Hintergrund ist folgender: Bei vielen Infektionskrankheiten ist im ICD-Katalog der Hinweis angegeben \"Soll der Infektionserreger angegeben werden, ist eine zusätzliche Schlüsselnummer (B95-B97) anzugeben.\" (so z.B. bei Harnwegsinfekt N39.0). Bei der Appendizitis fehlt dieser Hinweis. Daher argumentiert der MDK, dass in diesen Fällen der Sekundärcode nicht angegeben werden darf. Wie ist denn die Meinung des Forums zu diesen Fällen?

    Viele Grüße,
    Andreas Bongartz

  • Hallo, Herr Bongartz,
    vielen Dank.
    Nach den DKR D012e Tabelle 2 sind die Ausrufungszeichenkodes - bei bestimmten Diagnosen - obligat anzugeben. Darüber hinaus können diese Kodes bei anderen Situationen angebgeben werden, wenn dies aus klinischer Sicht sinnvoll ist.

    Ein Ausschluss bestimmter Diagnosen ist hier nicht aufgeführt.
    Ich meine, dass auch in diesem Fall der Erregercode angegeben werden darf.

    Was bedeutet aber \" bestimmte Diagnosen\" ?
    Gruß,
    B. Schrader

  • Hallo Herr Schrader, hallo Herr Bongartz,

    sowohl bei der Erregerkodierung als auch bei der Aussage, dass bei Perforation (auch wenn nur histologisch nachgewiesen) die K35.0 kodiert wird bin ich mit Ihnen einer Meinung.

    Dass aber trübes Sekret im Bauch/Douglas ausreicht, eine diffuse Peritonitis zu diagnostizieren, dem möchte ich dann doch wiedersprechen. Generell ist die diffuse Peritonitis bei Appendicitis ohne Perforation doch \'eher selten\' :augenroll:

    Ich persönlich hatte dieses Problem zumindest in der Kodierung noch nie und bei o.g. Fall hat die Histo auch sicher die Perforation bestätigt, oder ?

    Viele Grüße aus Melle
    Dr. Th. Wagner 8)
    Facharzt für Chirurgie
    Leiter Medizincontrolling
    christl. Klinikum Melle