Akute respiratorische Insuffizienz?

  • Guten Morgen liebe Forumteilnehmer,

    ich benötige Ihre Unterstützung:

    wir haben bei einem Patienten zwei BGA durchgeführt:

    1. BGA pCo2-Wert 34,00 mmHg und PO2-Wert von 71,7 mmHg bei O2-Gabe

    2. BGA ohne O2-Gabe PCO2-Wert bei 30,0 mmHg und pO2 bei 73,8 mmHg, es wurde mit Sauerstoff-Gabe therapiert.

    Wir verschlüsselten eine akute respiratorische Insuffizienz. Jetzt möchte der MDK daraus eine respiratorische Insuffizienz machen.

    Wir sind nach unserer Analyse der Auffassung, dass es sich hier um eine akute respiratorische handelt.

    Der MDK argumentiert:

    \"J96.0 wurde nicht belegt. Blutgasanalysen mit kurzfristigen Kontrollen wurden nicht vorgelegt, der Versicherte wurde nicht auf der ITS beobachtet. Die vorliegende BGA zeigt einen pO2 von 71,7 (Normalbereich 70 bis 104) und einen pCO2 von 34 (NB 33 bis 45\",somit wurde vom MDK die J96.9 respiratorische Insuffizienz verschlüsselt.


    Frage: Wie wird ein Nachweis für eine akute respiratorische Insuffizienz geführt bei welchen Werten und wie oft muss man eine BGA durchführen und wieso wird der Ressourcenaufwand der Sauerstoffgabe nicht beachtet?

    Lieben Dank für Ihre Bemühungen im Voraus, ich freue mich schon auf ein Feedback.

    Lieben Gruß aus Berlin

  • Hallo heidiberlin

    Der Resourcenaufwand der Sauerstoffgabe wird nicht beachtet, weil es eine \"schweregradsteigernde\" Diagnose ist.

    Auch wir haben immer wieder Probleme mit dieser Diagnose. Bei uns ist es so, wenn der pO2-Wert unter 60 mmHg und Sauerstoff wurde verabreicht, dann erfolgt auch eine Kodierung.
    Für die Begründung der J96.0 benutzen wir dann die \"eigenen\" Kodierrichtlinien des MDK.
    Der MDK beschreibt in seiner Kodierempfehlung Nr. 37 des MDK (SEG 4):

    Respiratorische Insuffizienz liegt vor, wenn pathologische Blutgasveränderungen im Sinne einer respiratorischen Partial- oder Globalinsuffizienz nachweisbar sind. Eine Dyspnoe ohne BGA- Veränderung ist keine respiratorische Insuffizienz. J96.- Respiratorische Insuffizienz, anderorts nicht klassifiziert, kann bei Aufwand (z.B. Sauerstoff-Gabe) zusätzlich zur Grundkrankheit verschlüsselt werden.

    Also laut MDK OK - dann machen wir es auch so.

    Gruß Attila

  • Hallo lieber Attila, danke für die Antwort, die respiratorische Insuffizienz ist an sich schon klar gewesen, aber die Problematik liegt darin, dass es unterschiedliche Sichtweisen zur Codierung der \"akuten\"respiratorischen Insuffizienz gibt. So sagt man, dass der Referenzbereich bei pO2 71,0 bis 104,0 mmHg ab 18 Jahre wäre und es gibt dann noch eine Formel: pO2 = 102-0,33xLebensjahre zu Berechnung, aber eine amtliche Aussage dazu finde ich leider nicht, außer die Behauptung des MDK. Ich sträube mich dem MDK RECHT zu geben, wenn klinikseits von einer Akutsituation mit diesen Werten ausgegangen wird und auch mit Sauerstoff therapiert wurde und wer bitte legt fest, wieviel BGA zu dieser Akutsituation durchgeführt werden müssen, ob dann nicht zwei reichen und dazu die Pulsoxymetrie? und natürlich die Gabe von Sauerstoff oder ist für die Akutsitatuion noch ein Monitoring erforderlich? Fragen, die mich zu dieser Diagnose bewegen, aber ich danke Dir Attila für die Unterstützung. Vielleicht gibt es ja ein Forummitglied der diese ICD noch einmal erläutert mit dem dazugehörigen entsprechenden Ressourcenaufwand, d.h. BGA, Pulyoxymetrie, Sauerstoffgabe und Monitoring????? Würde mich jedenfalls freuen.

    Vielen lieben Dank und liebe Grüße aus Berlin

  • Moin

    Diese Kodierempfehlung ist für mich nicht akzeptabel. Eine akute resp. Insuff ist auch eine klinische Diagnose.

    Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die parallele Diskussion im anderen Board Interner link zur Frage: MDK-Prüfung, Eingreifen...

    Gerade im obigen Beispiel zeigt sich doch, dass die Sauerstoffgabe die in der BGA messbaren Variablen \"beruhigt\".

    Entscheidend an Ihrem Fallbeispiel ist doch die Tatsache, dass der Pat. mit dem pCO2 absinkt, wenn man ihm den Sauerstoff entzieht.

    Bei fehlendem Sauerstoff wird der Gasasutausch insuffizient, der Patient hyperventiliert. Wenn Sie lange genug warten, steigt der pCO2 wieder an, messen sie dann, zeigt er gar Normalwerte, kurz bevor der Pat. endgültig dekompensiert und hyperkapnisch wird.

    Der sinkende pCO2 ist ein Alarmsignal und beweisend für die resp. Insuff. Wie akut diese ist, ergibt sich aus der Klinik und der Anamnese, da hier aber offensichtlich Sauerstoff benötigt wird und der Patient nicht chronsich daran hängt, ist es natürlich akut

    (Wikipedia: akut (von lateinisch acutus, „scharf, spitz“) kennzeichnet schnell zum Ausbruch kommende Erkrankungen vergleichsweise kurzer Dauer (3 bis 14 Tage)

    Irgenwelche Forderungen wie Intensivtherapie oder mehrfache BGA sind hierbei völlig inakzeptabel, da sie nichts mit den Vorgaben zu tun haben.

    Dieses Gezerre muß doch mal aufhören.
    Mich ärgert dabei v.a., dass auch solch eindeutige Fälle wie der oben geschilderte Gegenstand langer Auseinandersetzungen ist.

    Gruß

    merguet

  • Hallo Merguet,

    vielen Dank. Hilft mir weiter. Unterstützt unsere Diskussionen die wir hier führen.

    Sonnige Grüße aus Berlin

    Sonnige Grüße aus Berlin

  • hallo forum,

    der streit zwischen Ihnen (ausnahme Attila: 60 mmHg) und uns entsteht, weil diese werte von pO2 noch nahe am oder sogar im referenzbereich (der gesunden!) sind.
    Ganz zu beginn dieses threads wird nach den werten (pO2, pCO2) bei einer Acuten Respiratorischen Insuff gefragt. Diese werte sind zwar nirgends verbindlich festgelegt, doch kann schon den empfehlungen der gängigen lehrbücher folgen.
    Im Van Aken (Intensivmedizin) wird bei ARI/COPD eine O2-gabe erst bei pO2 unter 60 mmHg empfohlen; über 60 kein O2!. Eine rolle spielt allerdings auch noch der pH; im post zu beginn leider nicht erwähnt. BGAs werden 20 min und 3h nach beginn der O2-gabe empfohlen; zu beginn nur 0,5l/min O2!.

    Das die praxis im RTW und in der Notaufnahne anders ist, weiß jeder. Da gehts nach \"viel hilft viel\". Nicht nur bei uns, auch down under. Frei zugänglich und abschreckend: Med J Aust 2007; 186:235-8: the use of high-flow oxygen may contribute to an increased length of stay, more frequent admission to HDU and greater use of NIV in patients who achieve a higher paO2.
    Woher kam das drg-system? Viel bringt viel?

    mfg ETgkv

  • Hallo, v.a. ETGKV,

    aha. Man muß also pathologische Werte haben, um das zu kodieren - Sie zitieren Lehrbücher. Gleichzeitig erfolgt der Verweis auf den Rettungsdienst.
    Konstruieren wir einen Fall:
    Pat. hat draussen eine SaO2 von <50 %, ich postuliere, dass >90 % der Rettungsdienste KEIN POI-BGA haben, wir wissen also weder pH noch pCO2. Der Pat. wird, da er klinisch sich erschöpft, intubiert und auf die Intensiv verbracht.
    Unter Beatmung hat er ein paO2 von z.B. 150 mmHg, pCO2 von 40 mmHg, pH ist z.B. 7.2, BE -5. Ursache von mir aus eine Pneumonie, zusätzlich ein entgleister Diabetes.
    Nun darf ich - ist ja alles schön normal - als Klinik keine J96.0 kodieren - nur weil der MDK sagt, ist doch alles gut und der pH käme vom Diabetes. Wird einfach behauptet - denn das ist die Masche der Damen und Herren Gutachter.
    Dass Diagnosen eben auch klinisch gestellt werden - können - wird ganz bewußt beiseite gelassen, nur die Werte zählen. Wenn der Tubus und der FiO2 schneller waren als die BGA, wie das im Notfall manchmal so ist, dann soll ich J96.0 nicht kodieren dürfen??
    Na dann: Gute Nacht!

    Ich vergaß: Ich darf es nur dann nicht kodieren, wenn es CC-relevant ist, also der Pat. nicht lange genug beatmet wurde.

    P. Dietz

  • Liebe Forummitglieder, ich habe den MDK einen Widerspruch zu diesem Fall gesendet, ich werde Sie informieren, wie es ausgegangen ist. Vielen Dank und ein erholsames Wochenende.

    Mit bestem Gruß

    aus Berlin

  • Moin Forum,

    Ich gebe noch einmal zu bedenken, dass die Fokussierung auf den pO2 in die Irre führt. Das Warnsignal im obigen Fall ist die Hyperventilation, die sich im erniedrigten pCO2 ausdrückt!

    Grß

    merguet

  • hallo P_Dietz,

    Ich habe nie einen fall wie den von Ihnen geschilderten wegen der codierung von J96.- beanstandet. Die klinisch notwendige intubation und der pH von 7,2 sind eindeutig (angenommem COPD-patient mit akuter exacerbation).
    Im besagten lehrbuch liegt übrigens die grenze beim pH für O2 bei \"kleiner 7,35\"

    Der missbrauch von J96.0 - Sie brauchen dazu nur einige alte threads zu lesen - geht so: stabiler pat kommt mit O2-nasensonde aus rtw. O2 -therapie wird fortgesetzt. BGAs ergeben werte, die für PaO2 knapp unterhalb des physiologischen referenzbereichs liegen (ohne O2). Nasensonde und bgas sollen vergütet werden.

    Wenn dem so ist, dann werden alle Khs die pat wie den Ihrigen behandeln bzw ARIs behandeln wirtschaftlich draufzahlen.

    mfg ETgkv